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RBB-Interview mit Andreas KalbitzLauschig nett

In seiner Sommerreihe „Politik am See“ hat der RBB den AfD-Landeschef Andreas Kalbitz interviewt – und dem Rechtextremisten eine Bühne gegeben.

Andreas Kalbitz während einer AfD-Bundesvorstandssitzung Ende Juni in Suhl Foto: Martin Schutt/dpa

Lauschig hatten sie es da, Brandenburgs AfD-Landesvorsitzender Andreas Kalbitz und die Journalistin Stephanie Teistler. Kalbitz war zum rbb-Sommerinterview geladen worden, „Politik am See“ heißt die Reihe und gesprochen wird da mit „Spitzenpolitikern aller Parteien im Brandenburger Landtag“, wie der rbb erklärt. Am vergangenen Sonntag wurde das Gespräch mit Kalbitz im Fernsehen ausgestrahlt. Bisher zu Gast war Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

Wer mit allen Parteien spricht, muss auch die AfD zu Wort kommen lassen, so argumentiert der rbb. Gut, kann man da sagen, mit AfD-Vertreter:innen reden, ja, wenn es denn sein muss. Es macht jedoch einen Unterschied, ob man einen AfD-Politiker in den „Tagesthemen“ knallhart interviewt, kritisch nachhakt, Aussagen nicht unkommentiert dastehen lässt. Oder aber ob man einem ausgewiesenen Rechtsextremisten wie Andreas Kalbitz eine Bühne bietet, um sich als zugänglicher Typ und Opfer des Verfassungsschutzes zu inszenieren.

Dass Kalbitz Rechtsextremist ist, sei bisher noch nicht bewiesen, schreiben die rbb-Kolleg:innen im Kommentarbereich unter dem Interview. Auf Anfrage des Bild-Chefreporters Michael Sauerbier bestätigt Brandenburgs Verfassungsschutzchef Jörg Müller jedoch: „Kalbitz ist ein erwiesener Rechtsextremist.“ Gut, wäre das auch geklärt.

Normalisierung eines Rechtsextremisten

Komisch ist das ja schon alles. Müsste nicht gerade der rbb so etwas wissen? Als öffentlich-rechtlicher Sender für Berlin und Brandenburg dürfte der rbb bestens über die Vergangenheit von AfD-Mann Kalbitz informiert sein. Jedenfalls hat der Sender in den vergangenen Wochen und Monaten ausführlich darüber berichtet.

Was der rbb mit seinem Sommerinterview erreicht hat, war, einem Rechtsextremisten die Legitimation zu geben, die er benötigt, um sich als falsch verstandener Politiker und als Opfer dieses Rechtsstaates darstellen zu können. Einen Rechtsextremisten wie Kalbitz im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auftreten zu lassen, heißt deshalb auch, seine Position zu normalisieren. Dessen muss sich der Sender bewusst sein.

40 Minuten seichtes Gespräch in geflochtenen Korbstühlen am See. Vollkommene Idylle, viel Lächeln, wenig Kritik. Das hat sich der rbb erlaubt. In den Unternehmensleitlinien des Senders heißt es übrigens, man stehe mit den Programmen unter anderem für Offenheit und Respekt, Toleranz und gegenseitiges Verstehen.

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11 Kommentare

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  • Das Problem ist für mich nicht Kalbitz, sondern die absolute Inkompetenz, sachliche Uninformiertheit und extrem geringe Aggressivität der Medien. Dass man das kann, hat man schon vielfach an der SPD bewiesen. In früheren Interviews mit Gabriel im DLF konnteman erleben,mit welcher unverschämten Frechheit man vorgehen kann. Gegenüber der AFD habe ich das noch nie erlebt. Ich kann mir nur Michel Friedmann vorstellen und Justus Bender von der FAZ. Bender hat für mich die einzigartige Fähigkeit, die hetzartigen Reden der AFD im Bundestag schriftlich wiederzugeben, obwohl das mit Ernst nur sehr schwer ist. Man muss die Truppen der AFD eigentlich immer im Original hören, um zu wissen, was da auf uns zukommt. Im übrigen funktioniert die knallharte Aggressivität in Interviews besonders gut gegen LINKS. Nahezu gleichzeitig mit der Stuttgarter Polizeigewalt lief im WDR5 das Feature von Magda Overath über die traumhafte Polizeitruppe in Dessau. Hat irgendjemand mal in den letzten Tagen Seehofer mit der Polizei in Dessau konfrontiert? Und ist das dort der einzige Skandal mit mutmaßlichen Polizeimorden?

  • Da macht der RBB wohl den Wagenknecht taz.de/Interview-m...nd-Petry/!5340887/



    "Sahra Wagenknecht und Frauke Petry haben der „FAS“ gemeinsam ein Interview gegeben. Bei vielen Themen klingen die Positionen sehr ähnlich."

  • Ich erinnere mich an letztes Jahr, als RBB24 in der Rigaer Str, direkt vor den besetzten Häusern den CDU Politiker Dregger interviewen wollte, und sich dann wunderte angegriffen zu werden. Reine Provokation! Da gibts einige beim RBB die nach rechts ...sagen wir mal..ziemlich tolerant sind.

    • @katzenfrosch:

      Aus eigener Erfahrung weiß ich dass es beim rbb Social Media Redakteure gibt, die offensichtlich nicht (mehr?) auf dem Boden der FDGO stehen.



      Nazipropaganda wird entgegen der "Nettiquette" veröffentlicht, Kritik daran zensiert und sogar Beiträge nachträglich gelöscht (ca. 24 h später).



      Wird die Kritik zu massiv, wird einfach die Kommentarfunktion deaktiviert.



      Bezeichnenderweise aber nicht wenn sich Nazis die Bälle gegenseitig zu spielen.



      Das Interview ist also KEIN Einzelfall, sondern Normalität beim rbb.

      Da ich nicht weiß ob hier entsprechende links erlaubt sind werde links vorerst weglassen.

  • Tjo, (politische) Naivität, Dummheit sind durchaus Eigenschaften, die auch in der gesellschaftlichen "Mitte" anzutreffen sind. Davor schützt auch ein Studium nicht. Falschverstandene Toleranz und Meinungsfreiheit wird sicher auch aus dem Grund gewährt, da die "Mitte" sich weniger als Betroffene von rechtem Hass und Gewalt wähnt. Andere wiederum denken sich womöglich, ob mensch da nicht sogar von profitieren könnte ... warum also nicht mal mit einem Nazi vor laufender Kamera/Mikrofon plaudern?

  • Stramme Leistung vom RBB, dem kleinen Himmler so eine Vorlage zu geben! Sollte man da eigentlich besser können...

  • Kein Problem. Hier nochmal:

    Hinzu kommt, die RBB-Leserbrief-Redaktion veröffentlicht Kommentare unter ihrem Text nicht, die einen Satz enthalten, den die Bundestagsfraktion der AfD wohlweislich nicht mehr gerichtlich bekämpft - auf anraten ihres Anwaltsbüros Maaßen /Lückert /Köln

    "Die AfD ist der politische Arm des Rechtsterrorismus"

    Die sind keine Dorfdeppen.



    Der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus AfD weiss sehr wohl, das die Aussage in einem Gerichtsverfahren in der Beweisaufnahme mit zahlreichen Belegen unterlegt werden kann.

    Erst dieser Tage unterlegter Sachstand im Landesparlament von Sachsen Anhalt



    www.rnd.de/politik...75IAMRWO2O46Q.html

    Auch diesen Verweis möchte die RBB-Redaktion weder hören noch veröffentlichen.

    Möchte auch nicht gefragt werden, ob vorauseilender Gehorsam zu einem solch misslungen-kuscheligen Interview führte.



    Man möchte da keine bewusste, sozusagen AfD-freundliche Absprache vermuten.



    Zu rechnen ist schlicht damit, dass die mit dem Interview befasste Redaktion wohl überfordert war. Auf einem etwas mechanistischen Begriff von "zu Wort kommen" hängen geblieben ist.

    Der Verweis auf ein Video der Landtagsfraktion Brandenburg der AfD, in dem Kalbitz dem RBB vorhält der Haus- und Hoffunk der Landesregierung zu sein, wird als Kommentar und Kontext auch weder veröffentlicht, noch zur Kenntnis genommen:



    youtu.be/y9zAgPkBnVg

    All das wäre nicht dramatisch, stellte sich der RBB der Diskussion. Interviews können auch einmal schiefgehen. Aber er weigert sich. Bockt. Lässt Kommentare verschwinden die eine Diskussion fordern. Das ist viel schlimmer, als erst nachher zu realisieren: Kalbitz, ganz im Modus des Heiratsschwindlers und Schwiegermutterlieblings, der Omas über die Strasse hilft.

    Und der RBB? - schliesst die Kommentarfunktion!



    www.rbb24.de/polit...w-kalbitz-afd.html

  • Ich sach's mal so: „Andere Länder, andere Sitten.“

  • Ich hoffe mal ich lese hier meinen Kommentar.



    Offenbar gehts ein bisschen zur Sache im RBB.



    Nach kurzeitiger Schliessung der Kommentarfunktion, ist diese nun wieder offen.



    Am sonstigen Sachverhalt ändert sich aber nichts.

  • Alexander Diehl , Autor , Redakteur taz nord

    Vielleicht weniger problematisch, aber dennoch nicht uninteressant: Auch das "Interview der Woche" des Deutschlandfunks stand vor nicht schrecklich langer Zeit, Ende Mai nämlich, dem AfD-Granden Chrupalla offen - der dann auch für ganz schön Zweifelhaftes erfrischend wenig Widerspruch erdulden musste:

    ondemand-mp3.dradi..._1105_fceb6424.mp3

  • Um es in AfD-deutsch zu sagen: Und dafür Zahl ich GEZ?!?!