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Putins wirrer Plan für Fifa-Boss BlatterHerz für abgetakelte Persönlichkeiten

Putin schlägt Sepp Blatter für den Friedensnobelpreis vor. Eine Farce. Aber vielleicht findet sich ja in Russland noch ein Pöstchen für den Schweizer.

Herrlich, diese Männerfreundschaft. Foto: ap

Das war’s dann wohl. Sepp Blatter, der nimmeramtsmüde Fifa-Präsident, wird den Friedensnobelpreis wohl nicht bekommen. Wer von Wladimir Putin für die Auszeichnung vorgeschlagen wird, wie eben geschehen, der dürfte keine Chance haben, da mag es der russische Präsident noch so gut gemeint haben.

Läuft nicht für den Sepp. Erst werden ihm seine besten Funktionäre vor der Haustür in Zürich wegverhaftet, nur weil sie ein bisschen von dem üppig fließenden Fußballgeld in das private Portemonnaie umsortiert haben, und nun das!

Man weiß nicht, ob und wenn ja, wie gut der Fifa-Boss und der Kreml-Chef befreundet sind. Fest steht, dass keiner von beiden gegen den jeweils anderen wirklich etwas hat. Aber dass Putin als Oberschurke der Weltpolitik derzeit keinen allzu guten Ruf hat, das wird dem Fußballboss schon nicht entgangen sein. Kurzum, das mit dem Nobelpreis kann Blatter vergessen.

Dabei hat der Fifa-Boss über viele Jahre hinweg mehr als nur von dem Preis geträumt. Die EU hat die Auszeichnung schließlich auch bekommen, mag er sich gedacht haben. Und vielleicht wird er sich gefragt haben, ob die paar auf WM-Baustellen verreckten Arbeiter wirklich ins Gewicht fallen können im Vergleich zu all den toten Flüchtlingen, die auf dem Weg nach Europa aus dem Mittelmeer gezogen werden.

Geht‘s noch nobelpreiswürdiger?

Dann ist da ja noch diese Sache mit Afrika. Blatter hat jahrelang darauf hingewiesen, dass er es gewesen ist, der den Kontinent entdeckt habe. Er hat Afrika die WM 2010 geschenkt. Wer auf der eigentlichen Welt wüsste ohne ihn, den großen Vorsitzenden des Fußballs, dass es diesen Kontinent überhaupt gibt. Geht‚s noch nobelpreiswürdiger?

Am Ende der WM in Südafrika hat er den schwer kranken Nelson Mandela in einem Golfwägelchen durchs Stadion fahren lassen, um der Welt zu zeigen: Seht her, ich bin eins mit diesem großen Mann. Zum Höhepunkt eines jeden Fifakongresses gehören seitdem die Imagefilme, in denen der verstorbene südafrikanische Held eine Hauptrolle spielt und den versammelten Fußballgesandten den WM-Pokal entgegenstreckt. Wie schade, dass Mandela nicht mehr lebt, mag sich Blatter in diesen aufgeregten Wochen, oft gesagt haben. Wenn er ihn vorgeschlagen hätte, dann, ja dann …

Altlichtgestalt Franz Beckenbauer

Doch nun ist es gekommen, wie es eben gekommen ist. Mit Putin brechen wird Blatter schon nicht, auch wenn der ihm den Traum vom Superweltfriedenspreis erst mal gründlich vermiest hat. Vielleicht ist der alte Mann aus dem Kanton Wallis, 79, ja noch einmal angewiesen auf die Hilfe des russischen Präsidenten. Der hat schon manch abgetakelter Persönlichkeit eine zweite Chance gegeben.

Altbundestrainer Gerhard Schröder hat er ebenso einen Posten in der russischen Gaswirtschaft zugeschanzt wie Altlichtgestalt Franz Beckenbauer. Altschauspieler Gérard Depardieu trinkt sich seinen täglichen Vollrausch längst im russischen Exil an und Italiens Alt-Cavalliere Silvio Berlusconi berauscht sich an der Vorstellung, als russischer Finanzminister noch einmal richtig ernst genommen zu werden.

Auch für Blatter wird sich ein Pöstchen in Russland finden. Als Sportminister wäre er nicht viel peinlicher als der Amtsinhaber Witali Mutko, der es nicht für problematisch hält, wenn ein halbes Fußballstadion einen schwarzen Kicker mit Affenlauten beleidigt.

Vielleicht könnte Blatter als Sportminister ja Altbeauty Brigitte Bardot als Staatssekretärin gewinnen, auf dass sich die verdiente Tierliebhaberin um all die süßen Straßenhunde kümmere, die bei jedem Sportgroßereignis in Russland für Schlagzeilen sorgen. Nicht auszuschließen, dass dann die Tierrechtsorganisation Peta auf die Idee kommt, Blatter für den Friedensnobelpreis zu nominieren.

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18 Kommentare

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  • Sollte je die Gefahr bestanden haben, dass Blatter irgendeinen wichtigen Friedenspreis bekommt, ist die wohl jetzt endgültig gebannt. Dafür unser Dank an den unerschütterlichen Korruptionsjäger im Kreml, der offenbar genau weiß, wie man seinen wohlverdienten Ruhm nutzt, um Gutes in der Welt zu vollbringen.

     

    Aber vielleicht kann unser sportbegeistertes Unschuldslamm (also das aus der Schweiz) ja in Notzeiten vor seinen Verfolgern zum großen Gönner nach Russland flüchten, neben Ed Snowden einziehen und sich von dem endlich mal erzählen lassen, was bei der FIFA eigentlich so alles im Geheimen vor sich ging...

    [/sATIRE]

  • Achherrje...immerhin bringt der "Sepp", wie ihn der Chefredakteur mit der retrospektiven tapferen Despektierlichkeit des Schneiderlein nennt, niemanden um. Schon mal eine normalerweise nicht zu unterschätzende Voraussetzung für einen Friedenspreis.



    Der "Barack" brachte tausende um, hunderte allein mit seinen Drohnenmorden. Herr Rüttenauer sollte sich mal (wieder) Chaplins "Monsieur Verdoux" ansehen, dann kriegt er das mit den Relationen menschlicher Taten und Untaten auch besser geklärt. Da immerhin sind sich die Honoratioren der Weltpolitik mit ihrem "Oberschurken" einig: sie halten den Friedensnobelpreis für etwas Aussagekräftiges.







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    Die Moderation

  • Dem Blatter hat Putin damit keinen Gefallen getan; Doch Blatters Nähe tut auch seinem Vetter nicht gut. Die zwoa passen scho zsamma.

  • Blatter könnte doch sich selbst den Fifanobelpreis verleihen.

  • Warum müssen wir diese Angelegenheit wieder so hoch spielen? Weil wir Putin damit eins auswischen können? Haben wir keine anderen Probleme? Ich habe vor einiger Zeit darüber nachgedacht, eine Petition zu starten, die Barack Obama den Friedensnobelpreis wieder abnimmt, weil das ja nun wirklich eine Farce ist.

    • @Brigitte Schultz:

      Nicht auswischen wollen, aber die Person Putin real beleuchten, der leider von vielen mittlerweile als Halbgott verehrt wird. Ich gehöre auch zu jenen, die Kapitalismus in jedweder Form ablehnen, inclusive Putin!

    • @Brigitte Schultz:

      Das Problem dabei ist nur, das - wenn ich mich recht entsinne - die Frist für die mögliche Anfechtung der Testamentsauslegung Alfred Nobels - des war laut dem Artikel, an den ich mich zu entsinnen suche, die einzige Möglichkeit nach norwegischem Recht dem Obama den Preis abzuerkennen - mit Ende des Jahres 2012 abgelaufen.

    • @Brigitte Schultz:

      Wegen der Annäherung zur Kuba hat er meiner Meinung nach schon damit den Nobelpreis verdient.

      • @Tenedor Alfonso:

        Und Sie glauben, dass er sich Kuba aus "edlen" Motiven annähert?

        • @Brigitte Schultz:

          Die Motive eher zweitrangig, Endergebnis zählt am ende...

        • @Brigitte Schultz:

          Ich weiß ja nicht, was sie andeuten wollen, aber sowas ähnliches wie Idealismus muss augenscheinlich eine Rolle gespielt haben.

           

          Für Obamas Vorgänger jedenfalls war eine Annäherung an Kuba immer derart tabu, dass es schon einer nationalen Gefährdung bedurft hätte (die Kuba seit der gleichnamigen Krise nicht mehr annähernd ausgestrahlt hat), um sie von ihrem harten Kurs abzubringen. Kuba auch nur mit ansatzweiser Milde zu sehen, war Gift für jeden Präsidenten. Umgekehrt ist nich zu ersehen, welchen gigantischen Vorteil jetzt das Zugehen haben sollte.

           

          Jedenfalls wäre es unfair und kontraproduktiv, wenn man Jemanden, der einfach die Zeit für reif hält, etwas Gutes zu tun, anzulasten, dass er das nur macht, um als "Gut" dazustehen.

          • @Normalo:

            "... aber sowas ähnliches wie Idealismus muss augenscheinlich eine Rolle gespielt haben."

             

            Damit hat es wohl am wenigsten zu tun. Die Lateinamerikaner hatten Ihm nur gesagt, dass sie in Zukunft nur noch mit den Gringos reden, wenn diese sich gegenüber Kuba etwas zivilisierter benehmen.

  • 8G
    889 (Profil gelöscht)

    "Dann ist da ja noch diese Sache mit Afrika. Blatter hat jahrelang darauf hingewiesen, dass er es gewesen ist, der den Kontinent entdeckt habe."

     

    Gebt ihm die Goldene Vuvuzela, und a Ruah is'. Mehr oder weniger.

  • Ich möchte den Zaren Vladimir vorschlagen, für den Frieden den er auf der Krim gestiftet hat...

  • Nur zu, Herr Blatter!

    In Putins Russland ist immer ein warmes Plätzchen für in Bedrängnis geratene Reiche. Schließlich wäre er dann in trauter Gemeinschaft mit diversen Oligarchen und anderen Leuten, die auf etwas unklare Weise zu ihren Millionen gekommen sind.

     

    Was würde wohl der Revolutionär W. I. Lenin sagen? Er wollte mit seiner Oktoberrevolution ein „Paradies der werktätigen Menschen“ in Russland schaffen und kein Paradies für Reiche.

    Er würde sich wohl in seinem Mausoleum vor Gram umdrehen!

  • So schlecht ist doch der Vorschlag gar nicht. Der Friedensnobelpreis ist schon länger zur Spaßauszeichnung verkommen. Blatter würde gut in die Reihe der "würdigen" Träger passen. :-)

  • Die Olympischen Spiele wurden vor rund 3000 urgestiftet als ein Kultus zunächst für die Erdgöttin Gaia, später auch für Zeus. Ihr ethischer Sinn ist, Trieb- und Kampfkraft vom kriegerischen Verhalten zu verwandeln in Wettkampf, der zu persönlichen Freundschaften und mehr Frieden führt. In diesem Sinne wirkt heutzutage auch der Fußball. Was immer einem Herrn Blatter fachlich vorgeworfen werden kann, es ist nichts im Vergleich zu den chronischen Verbrechen der Amtspolitik. Wenn hat Blatter getötet? Niemanden! Sein Wirken hat gewiss viele Menschenleben durch Herstellen von internationalem Kennenlernen gerettet, was vom Krieg abhält.