Prozess gegen chinesische Aktivistin: Angeklagt wegen"Verkehrsbehinderung"

Die Menschenrechtsaktivistin Wang Lihong steht in China vor Gericht, ihr drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Westliche Diplomaten sind unerwünscht.

Menschenrechtsaktivistin Wang Lihong (l.) vor ihrer Festnahme. Bild: dapd

BERLIN taz | Mit Protesten vor dem Gerichtsgebäude hat am Freitag in Peking der Prozess gegen die Menschenrechtsaktivistin Wang Lihong begonnen. Die 56-jährige Geschäftsfrau war am 21. März in Peking festgenommen worden. Zu dieser Zeit wurden zahlreiche Aktivisten in Gewahrsam genommen, von denen die Behörden befürchteten, dass sie sich an Protesten nach arabischem Vorbild beteiligen.

Wang wurde jetzt wegen eines Protests im April 2010 angeklagt. Damals standen in Fuzhou (Provinz Fujian) drei Blogger wegen Verleumdung vor Gericht, die über den Tod einer jungen Frau in Polizeigewahrsam berichtet hatten. Wang, die in den letzten Jahren immer wieder Solidarität mit Regimekritikern wie Opfern staatlicher Willkür gezeigt hatte, protestierte damals vor dem Gericht. Der Vorwurf gegen sie lautet "Versammlung einer Menge, um den Verkehr zu blockieren oder die Verkehrsregeln zu brechen". Ihr drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Der zweieinhalbstündigen Verhandlung am Freitag wollten neun Diplomaten beiwohnen, darunter ein Deutscher. Sie durften aber nicht in den Gerichtssaal. Wangs Anwalt Han Yicun sagte zu Nachrichtenagenturen, er rechne mit einer Verurteilung zum Monatsende. Er klagte, ihm sei keine Möglichkeit gegeben worden, die Verteidigung angemessen vorzubereiten. Zudem seien er und Wang bei ihren Plädoyers immer wieder unterbrochen wurden.

Die etwa 30 Demonstranten vor dem Gericht forderten in Sprechchören "Wang, komm nach Hause" und "Wang ist unschuldig". Unter ihnen befand sich auch der Zhao Lianhai. Er hatte 2008 mehrfach gegen den Umgang der Behörden mit dem zunächst vertuschten Skandal um mit Melamin verseuchtes Milchpulver protestiert, an dem seine Tochter erkrankt war. "Nachdem ich festgenommen wurde, kümmerte sich Schwester Wang um mich und besuchte meine Frau und Tochter. Ohne Wang wäre ich heute nicht frei", sagte er westlichen Korrespondenten. Polizisten versuchten ihn wegzuschleppen, doch ließen sie von ihm ab, als andere ihm zu Hilfe eilten.

Ai Weiwei ruft zu Solidarität auf

Auf Wangs Fall wies auch der bekannte regimekritische Künstler Ai Weiwei hin, als er sich am Dienstag über das gegen ihn verhängte Twitter-Verbot hinwegsetzte. Ai war Anfang April von den Behörden für 81 Tage verschleppt worden und muss sich jetzt wegen angeblicher Steuerhinterziehung verantworten.

Nachdem er nach seiner Freilassung zunächst wie verlangt verstummt war, begann er diese Woche sich wieder zu äußern. Am Dienstag twitterte er: "Wer sich nicht für Wang Lihong und Ruan Yunfei (einen anderen Verhafteten) einsetzt, ist nicht nur eine Person, die sich nicht für Gerechtigkeit und Fairness einsetzt, sondern auch eine ohne Selbstachtung."

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