Attacken auf den Dollar: China riskiert ein Eigentor

China kritisiert die USA für ihre Haushaltspolitik harsch. Dabei sagen Experten, dass es auch in China nicht so weitergeht wie bisher. Die Preise steigen stark.

Fast 15 Prozent wurden Nahrungsmittel im letzten Jahr teurer – am stärksten trifft das die Armen. Bild: reuters

PEKING taz | Die jüngsten amerikanischen Finanzturbulenzen versetzen zunehmend auch die Chinesen in Alarmstimmung. Offiziell halten sich Chinas Politiker zwar bedeckt; Ministerpräsident Wen Jiabao plädierte lediglich für eine internationale Zusammenarbeit. In der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua und in den amtlichen Zeitungen üben Ökonomen jedoch scharfe Kritik an Washington.

Dabei wiederholen sie eine Reihe von Vorwürfen und Forderungen, die chinesische Finanzexperten seit Wochen an die Adresse der USA richten: "Dies war ein Alarmzeichen", hieß es etwa bei Xinhua. "Es ist an der Zeit, dass die bösen Jungs an der Wall Street mit ihrer Blufferei aufhören, bevor sie noch mehr Schaden anrichten." Die Amerikaner sollten ihre Verantwortung als Besitzer der Welt-Reservewährung ernst nehmen und dafür sorgen, dass der Dollar stabil bleibt. Der Kommentator forderte die Amerikaner auf, den Gürtel enger zu schnallen, "um ihren Ruf zu reparieren und das Vertrauen der Welt zurückzugewinnen".

Über Schatzbriefe und Anleihen hat China rund 8 Prozent aller US-Schulden aufgekauft und ist damit der größte ausländische Gläubiger der Amerikaner. Anders gesagt: Rund 70 Prozent des auf 3,2 Billionen Dollar geschätzten Devisenberges, den die Chinesen in den vergangenen Jahren durch ihre Handelsüberschüsse und ihre restriktive Finanzpolitik angehäuft haben, sind in amerikanischen Wertpapieren angelegt. Wenn die US-Zentralbank, wie erwartet, demnächst wieder kräftig Dollarscheine druckt, damit die US-Regierung ihre Ausgaben decken kann, dürfte die damit einhergehende Inflation auch einen beträchtlichen Teil des chinesischen Dollarschatzes auffressen.

Die Amerikaner sind bislang die besten Kunden Chinas

Zugleich könnte die jüngste Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poors zur Folge haben, dass die USA nach Schätzung von Experten schon bald 100 Milliarden Dollar mehr an Zinsen für Kredite zahlen müssen. Geht es der amerikanischen Wirtschaft dadurch schlechter, würde das auch die chinesische Wirtschaft empfindlich treffen. Denn die Amerikaner sind bislang die besten Kunden Chinas: 2010 verkaufte die Volksrepublik Waren im Wert von 273 Milliarden Dollar mehr an die USA, als sie von dort bezog.

Die meisten chinesischen Kommentatoren nutzen die Gelegenheit nicht nur, um die US-Amerikaner zu kritisieren, sondern sie nehmen auch die Wirtschaftspolitik der eigenen Regierung ins Visier. In der Finanzzeitschrift Caixin fordert der Ökonom Xu Sitao, das chinesische Banksystem zu reformieren und die Sparzinsen zu erhöhen, die derzeit weit unter der Inflationsrate liegen.

Die Inflation ist in China im Juli unerwartet stark auf 6,5 Prozent gestiegen und damit auf den höchsten Stand seit drei Jahren. Im Vergleich zum Vorjahresmonat wurden Nahrungsmittel sogar 14,8 Prozent teurer. Schweinefleisch etwa kostet heute 57 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Regierung hat bereits eingeräumt, dass sie ihr eigentliches Inflationsziel von 4 Prozent für dieses Jahr nicht erreichen wird. Die neuen Zahlen widersprechen aber auch den jüngsten Vorhersagen, wonach im Juni bereits der Höhepunkt der Inflation erwartet wurde.

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