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Prozess gegen XElon Musk und X stehen in Kenia unter Druck

Das Hohe Gericht soll klären, inwieweit X die Rechte Minderjähriger verletzt. Junge Nutzer kämen zunehmend mit pornografischen Inhalten in Kontakt.

Smartphone-Nutzer:innen in Nairobi, Kenia 25. Juni 2024: In Kenia heizt sich die Debatte um soziale Onlineplattformen weiter auf Foto: Boniface Muthoni/SOPA Images/imago

Kampala taz | In Kenia beginnt nun ein Prozess gegen die Onlineplattform X. In der Klageschrift wird die US-Firma X von Elon Musk beschuldigt, Hetze, Hassreden und Gewaltverherrlichung zuzulassen, sowie die Rechte von Minderjährigen zu verletzten. Junge Nutzer kämen zunehmend durch die sozialen Medien mit pornografischen Inhalten in Kontakt. Auch die Möglichkeit, Fake-Accounts anzulegen und damit Identitäten zu verschleiern oder die Identität einer anderen Person anzunehmen, wird als Risiko für die Jugend und die Gesellschaft betrachtet.

Damit werde Kenias Verfassung verletzt, so die Klageschrift. Das Hohe Gericht in Kenias Hauptstadt Nairobi hat vergangene Woche der Klage stattgegeben und sie als „dringend“ eingestuft. Vergangenen Freitag fand bereits die erste Vor­anhörung statt. Am 19. Februar soll der eigentliche Prozess losgehen. Beschuldigt wird ebenso Kenias Kommunikationsbehörde sowie andere Regierungsinstitutionen, den Inhalt auf sozialen Plattformen wie X nicht zu kontrollieren.

Weltweit befindet sich die Onlineplattform X und dessen Chef Elon Musk in der Kritik. Seit der Übernahme durch den Multimilliardär Musk im Jahr 2022 wurde die Plattform systematisch umgebaut. Denn im Rechtsverständnis von Musk ist unter dem Begriff „Meinungsfreiheit“ quasi alles erlaubt und nichts darf kontrolliert werden. In diesem Sinne hat er eine Vielzahl an Mitarbeitern entlassen – vor allem diejenigen, die für Moderation und die Entfernung extremer Inhalte zuständig waren und beispielsweise gegen Hass- und Gewaltaufrufe auf der Plattform vorgehen sollten. Im zweiten Schritt hat er US-Präsident Donald Trump wieder auf X zugelassen.

Twitter hatte vor Musks Übernahme eine lebenslange Accountsperre gegen Trump verhängt, nachdem dieser mit seinen Tweets den Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 angeheizt hatte. Auch zahlreiche Fake- und Propaganda­accounts wurden wiederhergestellt. Seitdem wird die Kritik über X weltweit immer lauter.

Tiktok gerät wegen Jugendschutz unter Druck

In Kenia heizt sich die Debatte um die sozialen Onlineplattformen seit Jahren weiter auf. Dabei geht es in der sehr konservativen Gesellschaft vor allem um die Frage, wie viel pornografisches Material auch für Minderjährige zugänglich ist. Bereits vor zwei Jahren geriet die chinesische Plattform Tiktok deswegen ins Fadenkreuz der Regierung.

Tiktok-Chef Shou Zi Chew flog nach Kenia, um sich mit Kenias Präsident William Ruto zu treffen. In Kenia, mit einer überwiegend jungen Bevölkerung, ist Tiktok extrem beliebt. Laut einer Umfrage von 2023 nutzen über 50 Prozent der Bevölkerung die Videoplattform.

Tiktok ist in Kenia weiter verfügbar, unklar ist, ob es dabei bleibt. Im vergangenen Jahr hat Kenias Innenminister Tiktok aufgefordert, den Inhalt auf Konformität mit Kenias Gesetzen zu prüfen – sonst werde die Plattform ausgeschaltet. Kithure Kindiki sagte, Tiktok sei von Kriminellen missbraucht worden, „um bösartige Propaganda zu verbreiten, durch Identitätsdiebstahl und Identitätsbetrug bekannte Accounts zu stehlen“ und „um Betrug zu begehen, indem sie Kenianer zu gefälschten Devisengeschäften und gefälschten Stellenausschreibungen verleiteten“.

Im vergangenen Juni kam es zu Massenprotesten gegen die Regierung, zu denen unter anderem auf X und Tiktok aufgerufen worden war. Das Problem der Fake-Accounts, der Hetze und der Propaganda ist demnach auch ein politisches. Sowohl bei den Wahlen 2007, die in extremer ethnischer Gewalt endeten, also auch 2017 und 2022 wurden im Netz zu Gewalt angestiftet.

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