Protestformen für den Dannenröder Wald: Autobahnen sind tabu
Abseilen von Autobahnbrücken ist gefährlich und trifft die Falschen. Ganz anders ist das bei der Besetzung eines Grünen-Büros.
G ezielte Regelverletzungen können die Welt voranbringen, das ist eine der wichtigsten Gewissheiten des zivilen Ungehorsams. Dass der Staat vor allem bei Protesten von links gewaltig überreagiert, ändert daran nichts. Das war einst bei den Blockaden von Mutlangen gegen Atomraketen genauso wie jetzt bei den Verhaftungen der Leute aus dem Dannenröder Wald, die sich von Autobahnbrücken abgeseilt haben, um gegen den Bau der A49 zu demonstrieren.
Allerdings: Die Aktion der AktivistInnen aus dem Dannenröder Wald war falsch. Autobahnen sind Hochrisikogebiete. Sie sind gefährlich und im wahrsten Sinne des Wortes No-go-Area für die meisten VerkehrsteilnehmerInnen. Alles, was über das Anbringen eines Transparents an das Geländer einer Autobahnbrücke hinausgeht, muss ein Tabu für menschenfreundliche Proteste sein. Denn das ist keine sinnstiftende Regelverletzung, sondern einfach nur die Gefährdung anderer. Die AdressatInnen sind die falschen: FahrerInnen benutzen Autobahnen, aber sie entscheiden nicht, ob sie gebaut werden.
Dass die AktivistInnen mit anderen Protestformen richtig liegen, zeigt die Besetzung der Bundesgeschäftsstelle der Grünen am Mittwoch. Hier stimmt auch die Adresse. Die Grünen machen es sich in der Diskussion um den Dannenröder Wald zu einfach. Auf Bundesebene ein Moratorium für den Bau von Autobahnen fordern, aber auf Landesebene in Hessen einfach alles mitmachen – das ist eine fragwürdige Arbeitsteilung. Natürlich ist es für den kleinen Koalitionspartner einer Landesregierung schwer, ein beschlossenes Infrastrukturprojekt zu verhindern, erst recht, wenn der Bund dafür zuständig ist. Aber das ist keine Frage von formellen Zuständigkeiten und Verwaltungsparagrafen, sondern eine politische. Die Grünen in Hessen sind nicht einmal dazu bereit, die Verhinderung des Autobahnausbaus ernsthaft zu versuchen, und die ParteifreundInnen im Bund machen ihnen keinen Druck. Dass die AktivistInnen etwa von Fridays for Future den Grünen das nicht durchgehen lassen, spricht für sie.
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