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Proteste wegen „Umweltsau“-VideoRechtsextreme gegen WDR

Eine kleine Guppe Rechtsextremer demonstriert in Köln gegen die Öffentlich-Rechtlichen. Die Polizei drängt den Gegenprotest ab, auch mit Pfefferspray.

Links ein paar Rechte, rechts viele Linke: DemonstrantInnen am Samstag vor dem Kölner Dom Foto: dpa

Köln taz | Nach einer gemeinsamen Mobilisierung von AfD, NPD, Drittem Weg, Identitären, rechtsextremen Kameradschaften und Nazi-Hooligan-Gruppen, haben sich am Samstag etwa 30 bis 50 Menschen vor dem Gebäude des WDR in Köln eingefunden. An mehreren Gegenprotesten beteiligten sich derweil insgesamt etwa 1.000 Menschen, organisiert vom Bündnis Köln gegen Rechts, dem Rheinischen Aktionsbündnis gegen Antisemitismus (RABA) und den Grünen. Am Hauptgebäude des WDR trafen sie zusammen.

Aufhänger der Rechtsextremen war das sogenannte „Umweltsau“-Video. In der vom WDR veröffentlichten Satire singt der Kinderchor über eine Oma, die die Umwelt verschmutzt. „Meine Oma ist ne alte Umweltsau“, so der Refrain. Als die Empörung im Netz am 27. Dezember begann, löschte der WDR das Video. Doch die Aufregung war in der Welt. Dass das Lied mit dem Refrain, „Meine Oma ist doch keine Umweltsau“ endet, war über WDR-Kanäle nicht mehr nachzuhören.

Es fielen die Dominosteine: Ein freier Journalist, der für den WDR arbeitet, erhielt nach eigenen Angaben unzählige Morddrohungen. Nazis standen vor der Wohnstätte seiner Familie. Eine Redaktion des WDR machte öffentlich, der Autor sei nicht angestellt. WDR-2-Programmchef Jochen Rausch entschuldigte sich für die Satire. WDR-Intendant Tom Buhrow distanzierte sich und direkt den gesamten WDR. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) fand Zeit, die Satire öffentlich zu kritisieren und sie als generelle Respektlosigkeit gegenüber Älteren auszulegen, ebenso der Fraktionsvize der Union, Carsten Linnemann (CDU).

Von den Demonstrierenden in Köln wurde am Samstag besonders scharf WDR-Intendant Tom Buhrow kritisiert. Der sei „umgekippt“, klagt ein Redner des Gegenprotests. Das habe das Tor der Hetze erst so richtig geöffnet.

„Der rechte Backlash gegen den WDR ist Teil einer rechten Gegenbewegung“, sagt Jan Sperling vom Bündnis Köln gegen Rechts der taz. „Nazis differenzieren nicht zwischen der liberalen Presse und der Klimabewegung. Für die ist das alles ein Ding. Wenn sich einer von diesen Akteuren aus der Perspektive der Nazis regt, dann schlagen die da drauf – und dann treten wir auf den Plan, und stellen uns davor mit unserer Solidarität.“

Bereits am letzten Sonntag hatten etwa 100 bis 200 Nazis vor dem WDR in Köln demonstriert. Die Initiative Fridays for Future schilderte im Anschluss Angriffe auf Aktivist*innen und eine Flucht vor Nazis durch die Innenstadt. Mehrfach hätten die jungen Leute Beamt*innen informiert, und die Auskunft erhalten, die Polizei „würde und könne“ sie nicht schützen. Die Polizei war zwischenzeitlich mit nur vier Beamt*innen vor Ort gewesen. Die Polizei Köln selbst gibt an, an dem Tag habe es keine Zusammenstöße gegeben.

Polizei schafft Platz für unangemeldete Rechtsextreme

Für diesen Samstag allerdings sind Zusammenstöße dokumentiert. Es beginnt gleich auf der Domplatte, wo sich der Gegenprotest zur angemeldeten ersten Kundgebung versammelt. Die Rechtsextremen sollen sich laut Anmeldung einige Straßen weiter sammeln – dann steht plötzlich eine Gruppe aus etwa zehn Menschen mit dem Banner einer rechtsextremen Gruppe auf der Domplatte. „Alerta, Alerta, Antifaschista!“ Der Gegenprotest eilt herbei, ebenso die Polizei.

Gelangt Gegenprotest auf eine angemeldete Naziroute, fordert die Polizei diesen unangemeldeten Gegenprotest in der Regel dazu auf, den Bereich der angemeldeten Nazi-Versammlung zu verlassen, und räumt bei Nichtbefolgung. Nun aber stehen unangemeldet Menschen mit dem Banner einer für Nazihooligans bekannten Gruppe im angemeldeten Gegenprotest.

Die Beamt*innen schreiten zwar auch hier ein – drängen aber den Gegenprotest zurück. Sie trennen die Gruppen erfolgreich. Dann lassen sie die Nazis, wo sie sind und schaffen im Bereich der angemeldeten Versammlung des Gegenprotests Platz für unangemeldeten rechten Protest.

Pfefferspray in einer Unterführung

Unübersichtlich ist es, eigentlich durchgehend, auch für die Polizeikräfte. Als sie später am WDR-Gebäude rechte Versammlungsteilnehmer durch den Gegenprotest schleusen wollen, schlägt einer der Rechten einen Polizeibeamten. Weitere Polizisten stürmen in die enge, vom Gegenprotest gut gefüllte Unterführung, um den Kolleg*innen zu helfen. Die Gegendemonstrant*innen mischen mit. Es eskaliert. Schließlich setzen Beamt*innen Pfefferspray und Schlagstöcke gegen den Gegenprotest ein. Danach ist die Unterführung leer.

Am Ende des Tages feiert der Gegenprotest, man habe erfolgreichen Widerstand gegen die Rechtsextremen geleistet. Die Polizei geleitet die Gruppe aus Nazis und denen, die mit ihnen laufen, zum Hauptbahnhof durch die Stadt. Ob sie, wie angekündigt, am morgigen Sonntag nochmals in Köln demonstrieren, oder es aufgrund der heutigen geringen Teilnehmer*innenzahl ausfällt, ist bei Redaktionsschluss nicht geklärt.

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13 Kommentare

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  • ist das hier Indymedia?

  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Halte jede Wette, dass sich - obschon Betroffene - in den Reihen dieses braunen Gesocks keine einzige Oma befand. Oder hat jemand bemerkt, dass die Polizei auch nur eine einzige körperliche Durchsuchung durch weibliche Beamtinnen vorgenommen hat? Ist doch landauf, landab seit Jahrzehnten allerorts besungen, dass Omas stets einen Revolver in ihrem Strumpfband mit sich führen.

  • Ja unsere Polizei steht sehr weit rechts ubd keinen sxheibt es zu stören. Vor einer solchen "Polizei" habe ich Angst!

  • Ach was waren das für Zeiten, als Alfred Tetzlaff im WDR einen nach dem anderen raus gehauen hat und die gesamte Bundesrepublik sich kaputt gelacht hat und der WDR souveräner mit Kritik umging.Wir waren in manchen Dingen schon mal weiter. Lächerlich wie der WDR vor ein paar selbsternannten Sittenwächtern einknickt und zuschaut wie der zuständige Redakteur bedroht wird und nebenbei werden noch ungehindert Teilnehmer von Fridays for Future durch die Stadt gejagt. Auf der anderen Seite werden Menschen für Papierflieger mit humanistischer Botschaft verknackt.

  • Beide Omas von mir hatten einen Hühnerstall. Keine der Omas ist je in diesem Hühnerstall Motorrad gefahren ("patent" waren sie aber beide, jede auf ihre Weise).



    In diese kleinen Hühnerställe hätte man Motorräder nur mit größter Mühe hinein bekommen, fahren hätte man nicht darin können. Aber selbst wenn man dort die Motorräder auch nur gestartet hätte, wären etliche Hühner (die ziemlich schreckhafte Fluchttiere sind) sicher tot von der Stange gefallen.



    Gut, dass meine Omas das gar nicht erst versucht haben.

    Ich habe nie davon gehört, dass jemals eine Oma wirklich in einem Hühnerstall Motorrad gefahren ist. Im wörtlichen Sinne des (alten) Liedes gab es infolgedessen wohl auch gar keine "patente" Omas, da das Motorradfahren im Hühnerstall gemäß dem Liedtext eigentlich eine Voraussetzung dafür sein müsste.

    Nicht nur gut, sondern besser, dass es vordem niemanden in den Sinn gekommen wäre, dieses Quatschlied wörtlich oder sogar ernst zu nehmen. Einfach ein Spaß, und dabei liebevoll gemeint.

    Heute ist das anders. Da wird so etwas scheinbar Wort für Wort ernst genommen - todernst sogar! Was ein gravierendes Zeichen für den Verlust des Erwachsen-Seins und der Zunahme des Deppentums und der Mimosenhaftigkeit ist (Erwachsene und intelligente Personen würden den Text niemals wörtlich nehmen, sondern den Spaß dahinter nicht nur erkennen, sondern auch die kritische Spitze darin aufgrund ihrer Robustheit eines Erwachsenen mit Leichtigkeit aushalten. Und in einen konstruktiven Dialog darüber einsteigen. (Zu diesem Thema empfehle ich das Buch "Erawchsenensprache" von Robert Pfaller.)

    Aber noch viel schlimmer ist die Boshaftigkeit und die kriminelle Energie der "Kritiker" bis hin zu den Todesdrohungen.



    Liebe Staatsanwälte, bitte nehmt das wörtlich und locht diese kriminellen Typen ein!

    Und Herr Buhro, bitte stellen Sie das Lied wieder online.



    Das Lied ist harmlos, die rechten Hetzer nicht!

  • Falls die Empörung der Hirntoten abflacht, bitte "Männer sind Schweine" von "Die Ärzte" remastern! Steht der Titel auch schon auf dem Index, Herr Buhrow?

    www.youtube.com/watch?v=leaMb8fZrtU

    • @Drabiniok Dieter:

      "Männer sind Schweine" ist keine Schöpfung eines zur Neutralität verpflichteten ÖR. Das ist der Unterschied.

      • @Goodfella:

        Neutralität? Gegen eine fiktive Oma? Hm?

        Die Hirntoten wandeln schon lange unter uns. Erstmals tauchten sie auf, nachdem ein Anti AfD Aufkleber und ein Nazis raus Aufkleber in einem "Tatort" zu sehen war. Als gäbe es in unserer Gesellschaft keine Zuschauer und Polizisten, die inhaltlich hinter diesen Aufkleber stünden und gut fanden, sondern nur rechte Betroffenheits-Arschgeigen und Propaganda Experten.

        • @Drabiniok Dieter:

          Man kann über das Lied geteilter Meinung sein. Ich akzeptiere es wenn jemand sagt: "Reg dich nicht auf". Das tue ich auch nicht. Aber zu sagen eine kritische Meinung hinsichtlich der WDR Oma sei "hirntot", "Nazi" und "rechtsradikal" ist ebenso undifferenziert wie "linksversifft" und "Staatsfernsehen" Gegröhle von der anderen Seite. Man kann die Wutbürger Pfeiffe von verschiedenen Seiten spielen.

          • @Goodfella:

            Der aktuelle Protest gegen das Liedchen stammt /eindeutig/ im Kern von (wiederwärtigen) Neo-Nazis.



            Schon bei der ersten "Spontan-Demo" vor dem WDR-Gebäude sprachen die RednerInnen /alle/ typischen Themen der "neuen Rechten" an: "Impfzwang" "Ausländer" (in allen Facetten: Nehmen Arbeitsplätze weg, haben viele Kinder etc etc) "Ordner" war die Neonazi-"Bürgerwehr" "Kameradschaft Deutschland".

            • @Wagenbär:

              ... was einem aber nicht daran hindern solle die OMI, die sich mit ihrem Rolator mit dem Lied auch noch vors Schienbein getreten fühlte, ernst zu nehmen in ihrem eventuellem steifen Beleidigtsein .

  • Es wird Zeit, dass die Polizei im Heute ankommt. Hey, Leute -- die Gefahr kommt von rechts, habt Ihr es nicht gesehen?

    Und... das Verhalten des WDR kann ich auch nur als "feige" bezeichnen.

    • @tomás zerolo:

      Umso mehr erstaunte mich wg Überschrift - Rechtsextreme gegen WDR das Fotto!

      Huch! …dachte ich.



      Nix mehr. Hoch residiert der Tom!



      Hoch über der Nord-Südfahrt.???

      Oder soll Tom Buhros - Heiligsprechung



      Im Dom - noch zu Lebzeiten verhindert?



      Aber da sei doch olle Meisie …öh Wölki!



      Vor. Na - Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



      Da mähtste nix. Pferdmenges - …öh Pfefferspray gegen Oma Umweltsau?!

      Ah Nääh! Wenn das dess Peterle wüßt!



      Wir. Wir alle - Auhaue - Umweltsaue.