Proteste in Glasgow: Klimabewegung im Gipfelstress

In Glasgow kommen Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen aus aller Welt zusammen. Neben Protest geht es darum, sich persönlich zu treffen – oft zum ersten Mal.

Luisa Neubauer (ganz rechts) mit vielen anderen Aktivist*innen bei einer Aktion in Glasgow

In Glasgow für Lützerath: Luisa Neubauer (ganz rechts) in Aktion auf der Klimakohlekonferenz Foto: Malte Kreutzfeldt

GLASGOW taz | Anstrengend sind Klimakonferenzen für viele Teilnehmende – aber bei Luisa Neubauer gilt das ganz besonders. Das deutsche Gesicht der Fridays-for-Future-Bewegung eilt in Glasgow von Termin zu Termin, trifft Prince William und UN-Funktio­näre ebenso wie Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen aus aller Welt, gibt Interviews, posiert für Selfies und organisiert Aktionen. Am Donnerstag Vormittag etwa geht es im „Action Hub“ auf dem Konferenzgelände in Glasgow um das vom Braunkohletagebau bedrohte Dorf Lützerath in Nordrhein-Westfalen.

Gut 20 junge Ak­ti­vis­t*in­nen, teils aus Deutschland, teils aus anderen Ländern, haben sich dafür mit gelben Kreuzen beklebt und bemalt, dem Symbol für den Kampf um Lützerath. „Alle Dörfer bleiben“ schallt es durch die große Halle, in deren Mitte ein riesiger Globus schwebt. Neubauer versorgt nicht nur die Beteiligten mit gelbem Klebeband und erklärt ausländischen Journalisten den Hintergrund der Aktion, sondern verhandelt nebenbei noch mit UN-Vertretern, damit es keinen Ärger gibt, obwohl die Protestaktion nicht offiziell angemeldet war.

Mit dabei ist auch Steff McDermott von den Cayman Islands, einem karibischen Inselstaat, der besonders vom Klimawandel bedroht ist. „Wie kann es sein, dass in Deutschland weiterhin Kohle verbrannt werden soll?“, fragt sie. „Auch meine Heimat wird durch diesen Tagebau bedroht.“ Das vorgezogene Ausstiegsdatum 2030, das in Berlin derzeit diskutiert wird, hält sie für „einen Witz“.

Auch mit ihrer Präsenz auf der Klimakonferenz sind die Ak­ti­vis­t*in­nen nicht wirklich zufrieden – so sei es kaum möglich, Räume für eigene Veranstaltungen zu bekommen, und der Zugang zu wichtigen Treffen sei stark beschränkt. Aber sichtbar ist die Bewegung in Glasgow durchaus: Kleine offizielle Aktionen sind immer wieder an verschiedenen Orten zu sehen; bei der Eröffnungsveranstaltung kamen Indigene und Jugendliche zu Wort, und viele Forderungen der Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen haben Eingang in offizielle Reden gefunden.

„Leere Worte, leere Versprechungen“

Steff McDermott von den Cayman Islands ist trotzdem enttäuscht. „Das sind leere Worte, leere Versprechen“, sagt sie am Donnerstag in Glasgow. Auch Luisa Neubauer bleibt skeptisch. „Wir sehen, dass zwar alle Staaten gern hierherkommen und sich feiern lassen für ihre Ziele“, sagte sie der taz. „Aber dann gehen sie nach Hause und erweitern weiter Kohleminen, bauen weiter Gaspipelines und stecken weiter Investitionen in fossile Energien.“

Dafür, dass den Worten endlich Taten folgen, wird auch außerhalb des Konferenzgeländes immer wieder protestiert. Am Eröffnungstag, als die Staats- und Regierungschefs zum Dinner in einem nahen Museum fuhren, gab es am Rande der Strecke eine kleine Demonstration. Zwei Kinder aus Deutschland seilten sich von einer Brücke vor dem Konferenzgelände ab. „Die Menschheit versagt dabei, die Realität der Klimakrise anzuerkennen“, sagte die zehnjährige Zozo zur Begründung. Am Mittwoch protestierte Extinction Rebellion gegen „Greenwashing“ im Finanzsektor, lokale Aktivisten entrollten vor einem Treffen der Finanzminister ein überdimensionales Banner.

Großdemonstration am Wochenende

Die großen Proteste kommen aber erst noch: Am Freitag geht Fridays for Future in Glasgow auf die Straße, angeführt von der schwedischen Initiatorin Greta Thunberg und unterstützt von der Gewerkschaft der Müllwerker, die derzeit streikt. Am Samstag gibt es dann eine Großdemonstration unter dem Motto „Die Ära der Ungerechtigkeit ist vorbei“, an der unter anderem Gewerkschaften, indigene Gruppen und Landwirte teilnehmen.

Neben den politischen Botschaften nach außen haben die Proteste und Treffen aber auch eine wichtige interne Funktion für die Bewegung. „In den letzten zwei Jahren haben wir uns vor allem digital getroffen“, sagt Luisa Neubauer. „Und neben allen Problemen hier ist es auch wunderschön, ganz viele Menschen das erste Mal persönlich zu sehen, sich in die Augen zu sehen und sich auch zu vergewissern: Wir sind nicht allein in dieser großen Sache.“

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