Proteste gegen Kohlegesetz: Braunkohle-Bagger stehen still
Aus Protest gegen das geplante „Kohleausstiegsgesetz“ haben Aktivist*innen Tagebaue besetzt. Das Gesetz sei eher ein „Kohleverlängerungsgesetz“.
Um die 80 Personen seien reingegangen, sagt eine Sprecherin der Aktion, die sich Julia nennt. Sechs Bagger seien ihres Wissens aktuell besetzt. Vom Aussichtspunkt Garzweiler Nord ist nur ein Bagger zu sehen, der noch gräbt. Alle anderen scheinen zu stehen.
Es ist kurz nach sieben Uhr morgens am Freitag, den 26. Juni 2020. “Heute Nacht sind die Aktivist*innen im Dunkeln losgegangen. Circa um 4:40 Uhr standen die ersten Blockaden“, sagt eine Sprecherin, die sich Zade nennt.
Nicht nur in NRW: Zeitgleich wird auch im Tagebau Jänschwalde in Brandenburg ein Bagger besetzt. Fridays for Future solidarisiert sich mit den Aktionen. Ende Gelände solidarisiert sich. Und auch das Bündnis Alle Dörfer Bleiben: Betroffene Bürger*innen, die sich gegen den Plan wehren, Menschen zu enteignen und auch denkmalgeschützte Bauernhöfe abzureißen, um Tagebaue zu erweitern. Auch für den Tagebau Garzweiler sollen in diesem Jahrzehnt noch Menschen umgesiedelt werden.
Passend zur RWE-Hauptaktionärsversammlung
“Wir haben den Tag passend gewählt zur RWE-Hauptaktionärsversammlung heute“, sagt Zade. “Wir wollten ein Zeichen setzen, dass diese profitgierigen Menschen damit aufhören sollen, unsere Zukunft zu verfeuern.“ Im Vordergrund stehe aber der Protest gegen das geplante Gesetz der Bundesregierung, das Kohlestrom gesetzlich Systemrelevanz attestieren würde – bis 2038. Im Voraus.
“Durch dieses Gesetz wird denen der Kohleausstieg vergoldet“, sagt Zade. “Bis 2038 werden RWE Milliarden an Steuergeldern gegeben. Um in 18 Jahren einen Kohleausstieg zu machen.“ Das Gesetz schade mehr als es nütze, sagt Zade. “Wer braucht ein Gesetz, wo die Wissenschaft sich einig ist, dass es die Klimaziele nicht einhalten wird? Was ist das für ein Gesetz? Da kann man auch gleich keins machen.“
Auch ExpertInnen wie Scientists for Future äußern herbe Kritik am Kohleausstiegsgesetz. Die dort vorgesehenen Maßnahmen und Emissionsminderungen würden nicht ausreichen, „um die international verabredeten Treibhausgasreduktionen einzuhalten, heißt es in einer Erklärung.
Inbesondere die CO2-intensive Braunkohleverstromung sei der entscheidende Hebel, um die erforderlichen Minderungen doch noch zu erreichen, außerdem volkswirtschaftlich günstiger als die Reduzierung von Treibhausgasen in anderen Branchen wie der Stahlindustrie oder dem Verkehrssektor.
Kommende Woche im Bundestag
Die Aktivist*innen hoffen, dazu beizutragen, dass das Gesetz in der kommenden Woche nicht durch den Bundestag kommt. “Wir rufen auch dazu auf, nicht zu warten, bis die Bundesregierung den Klimawandel für uns löst“, sagt Julia.
Seit fast 50 Jahren sei das Problem der kommenden Klimakrise bekannt. “Aber sie handeln nicht. Wir müssen den Kohleausstieg selber machen. Wir müssen selbst dafür sorgen, dass wir einen lebenswerten Planeten haben, den wir erhalten können.“
Freitagmittag ist noch keiner der Bagger geräumt. Die Polizei ist vor Ort – aber die Braunkohlebagger in Garzweiler sind je nach Modell zwischen 50 und 100 Meter hoch. Diese Räumung wird dauern.
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