Proteste gegen Braunkohleförderung: Tausende in Lausitz erwartet
Am Samstag wollen Aktivist*innen das Braunkohlerevier blockieren. Für ihre Sicherheit kooperieren sie mit antifaschistischen Gruppen.

„Ein Kohleausstieg 2038 macht das Einhalten der 1,5-Grad-Grenze unmöglich“, sagte Nike Mahlhaus, die Teil des Presseteams des Bündnisses Ende Gelände ist, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Fridays for Future, Campact und weiteren Gruppen. Ziviler Ungehorsam sei deswegen dringend nötig, am Samstag sei „Ende Gelände“.
Zuvor wollen sich die Aktivist*innen von Ende Gelände am Freitag in den größeren Städten vor Ort wie Leipzig und Cottbus versammeln und die geplanten Aktionen absprechen, die am Samstag bei Tagesanbruch beginnen sollen. Konkrete Orte nannte Mahlhaus nicht, um die Aktionen nicht zu gefährden. Der Protest solle aber wie bei den Demonstrationen 2016 Schienen, Bagger und Kraftwerke treffen.
Über den ganzen Tag sollen Mahnwachen stattfinden. Auch Aktivist*innen der Gruppe Anti-Kohle-Kidz wollen direkt an den „Ort der Klimazerstörung“ fahren und Infrastruktur blockieren. Anhänger*innen von Fridays for Future wollen am Samstag vor dem Kraftwerk Jänschwalde im Osten Brandenburgs demonstrieren.
Auch Aktionen im Leipziger Braunkohlerevier
Laut Polizeiangaben sind bislang mehr als 20 Versammlungen angemeldet. Rund 1.000 Aktivist*innen werden mit Bussen anfahren, sagte Mahlhaus, die mit mehreren Tausend Teilnehmer*innen rechnet. Ende Gelände kündigt auch Aktionen im Leipziger Braunkohlerevier an. Man wolle Infrastruktur vor Ort nicht beschädigen, „wir lassen uns von baulichen Hindernissen aber auch nicht aufhalten“, sagte Mahlhaus.
Gewaltaufrufe und Stimmungsmache durch rechte Kreise gegen die geplanten Kohleproteste sorgen im Vorfeld für Unruhe. „Wann Ende im Gelände ist, bestimmt nicht ihr! Unsere Heimat – unsere Zukunft“ stand etwa auf einem Banner von Fans des Fußball-Regionalligisten Energie Cottbus – verbunden mit der Drohung „Ende Gelände zerschlagen“. Auf Twitter findet sich weitere Hetze. Für den eigenen Schutz vertraue Ende Gelände auf die Polizei, habe sich zusätzlich aber auch mit lokalen antifaschistischen Gruppen vor Ort vernetzt, die sich mit der Neonaziszene auskennen.
Aktivist*innen sollen sich aus Sicherheitsgründen nur in großen Gruppen bewegen. Deeskalationsteams sollen vermitteln und kritische Situationen entschärfen. Es soll diesmal kein Camp geben – anders als 2016, als es zu teils massiven Übergriffen von Nazis auf Aktivist*innen mit Flaschenwürfen und mindestens einem Böller kam.
„Ziviler Ungehorsam ist wichtig“
Um dem Vorurteil entgegenzuwirken, dass die Aktivist*innen alle aus der Stadt kommen und der armen Landbevölkerung ihre Jobs wegnehmen wollen, ist auch die Initiative „Alle Dörfer bleiben“ am Samstag dabei. „Wir fühlen uns wie Menschen zweiter Klasse, weil die Bundesregierung nichts gegen das Abbaggern der bedrohten Dörfer tut“, sagte der Sprecher der Gruppe, Jens Hausner, der vom Tagebau Betroffene aus Dörfern wie Mühlrose in der Lausitz vertritt. „Wir lassen uns die Kohlelobbypolitik nicht mehr gefallen“, so Hausner, „daher ist ziviler Ungehorsam wichtig, und deshalb unterstützen wir die Klimabewegung“.
Die Lausitz ist das zweitgrößte deutsche Braunkohlerevier, rund 24.000 Arbeitsplätze sind von der Kohle abhängig. Wegen des geplanten Kohleausstiegs bis 2038 hat das Bundeskabinett Milliardenhilfen für die deutschen Kohleregionen beschlossen. Die Lausitz soll rund 17 Milliarden Euro erhalten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
BSW scheitert, Schwarz-Rot hat eine Mehrheit
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?