Protest in Israel gegen Justizreform: Mit Pferden gegen Demos
Am „Tag der Störung“ kommt es zu Massenprotesten. Rund 10.000 Personen blockieren den Flughafen von Tel Aviv. Dutzende werden festgenommen.
Schon zuvor waren in der israelischen Küstenmetropole Polizisten mit ihren Pferden bedrohlich nah an Demonstrierende herangeritten, die gegen die geplante Justizreform der Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu protestierten.
Achtung: Der folgende Tweet zeigt die Gewaltszene
Empfohlener externer Inhalt
Die Gegner*innen der Reform hatten den Dienstag zum landesweiten „Tag der Störung“ erklärt. Nachdem das Parlament in der Nacht in erster Lesung einen Teil der Reform gebilligt hatte, begann der Tag schon am Morgen mit Straßenblockaden und Demonstrationen. Videos zeigten brennende Autoreifen nahe der Stadt Herzliya. Auch in Jerusalem kam es zu Protesten. Bis zum Nachmittag wurden landesweit mehr als 70 Personen festgenommen, von denen mehr als die Hälfte später wieder freigelassen wurde. Wie viele Personen verletzt wurden, war zunächst unklar.
Im Zentrum von Tel Aviv ging die Polizei auch mit Wasserwerfern gegen Demonstrierende vor, um die Menge aufzulösen. Laut dem israelischen Nachrichtenportal Times of Israel war es das erste Mal seit mehreren Wochen, dass Wasserwerfer eingesetzt wurden – abgesehen von der Räumung von Straßen.
Kritik an der Justizreform
Am Nachmittag versammelten sich nach Schätzungen israelischer Medien rund 10.000 Demonstrierende am internationalen Flughafen von Tel Aviv. Die Blockade sollte ein Höhepunkt des Aktionstags werden.
Empfohlener externer Inhalt
Die Protestierenden sehen in der Justizreform eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat in Israel. Die Regierung möchte mit der Reform die Befugnisse der Justiz einschränken und im Gegenzug das Parlament und die Regierung stärken.
Kritiker*innen sehen darin eine übermäßige Schwächung der Justiz und argumentieren, die Gewaltenteilung werde so abgeschafft. Doch die Regierungskoalition treibt das Gesetzgebungsverfahren – es geht um ein Bündel von Gesetzen – aktuell noch vor der Sommerpause des Parlaments voran. Diese beginnt Ende des Monats.
Zu einem Test für den israelischen Rechtsstaat wird indes auch der Umgang mit den Protestierenden. Oppositionspolitiker Benny Gantz forderte die Polizei am Dienstag zu Zurückhaltung auf und betonte, die Protestierenden seien keine Feinde. „Man wendet diese Gewalt nicht gegen Bürger*innen an“, sagte er auf einer Kundgebung in Tel Aviv.
Insbesondere über die Frage, wie die Blockaden von Straßen und des Flughafens vermieden werden können, zeichnet sich ein Streit ab. Verkehrsministerin Miri Regev von Netanjahus Likud-Partei sprach sich am Dienstag für ein härteres Vorgehen gegen Blockierer*innen aus. „Der Ben-Gurion-Flughafen ist kein Einkaufszentrum oder öffentlicher Platz. Er ist ein strategischer Ort“, erklärte sie.
Damit stellt sie sich gegen Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara, die die Demonstration am Flughafen genehmigt hatte. Diese ließ über ihren Stellvertreter am Dienstag erklären, der Flughafen sei ein öffentlicher Ort, jeder Mensch dort habe das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Baharav-Miara musste sich schon am Sonntag auf einer Kabinettssitzung kritischen Fragen stellen. Regev hatte sogar ihre Entlassung gefordert. Sie erwarte von der Generalstaatsanwältin, dass sie Gesetzesbrecher*innen nicht die Hand reiche, erklärte Regev nun. Unterstützt wird sie vom Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir. Der sagte in Richtung der Generalstaatsanwältin: „Hören Sie auf, Randalierer*innen zu unterstützen! Setzen Sie das Gesetz durch!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen