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Protest im Hambacher ForstAktivist untertunnelt Kohleprojekt

Die Räumung eines Waldstücks bei Köln für einen geplanten Braunkohletagebau verzögert sich um Tage: Ein Mann hat sich in einem Tunnel angekettet.

Der ganze Hambacher Forst ist geräumt. Der ganze? Nein: Ein unbeugsamer Aktivist harrt weiterhin aus. Bild: dpa

BOCHUM taz | Ein einziger Umweltaktivist blockiert seit Dienstagmorgen ganze Hundertschaften der Polizei: In sechs Metern Tiefe hat sich der Mann in einem Tunnelsystem angekettet – im Hambacher Forst bei Köln protestiert er so gegen die extrem klimaschädliche Förderung und Verstromung von Braunkohle durch den Essener RWE-Konzern.

Der Mann sei mit „Lebensmitteln für einen längeren Zeitraum“ ausgerüstet, versichern seine Unterstützer, und verfüge sogar über ein Radio. Allerdings werde er durch Versuche der Polizei, ihn auszugraben, akut gefährdet: „Nur wenn die Räumung sofort abgebrochen wird, besteht keine Lebensgefahr.“

Klimaschützer hatten das Waldstück bereits Mitte April besetzt, dort ein Camp mit vierstöckiger Küche und Baumhäusern errichtet. Die Aktivisten demonstrierten nicht nur gegen die Abholzung von knapp 4.000 Hektar des jahrhundertealten Forstes: Der Lebensraum vieler seltener Tiere und Pflanzen soll dem riesigen Braunkohletagebau Hambach zum Opfer fallen.

„Kohlendioxid ist der Klimakiller Nummer 1“, sagt Besetzer Hassan Bayer, der sich seit der Räumung des Camps in der Nähe des abgesperrten Geländes aufhält. „Hier unten ist es riskant und ungemütlich, aber RWE riskiert die Zukunft unseres Planeten“, lässt der Tunnelaktivist selbst ausrichten.

Hilflosigkeit und Bewunderung

Die Polizei steht der Aktion des Mannes, dessen Alter mit Mitte 20 angegeben wird, mit einer Mischung aus Hilflosigkeit und Bewunderung gegenüber. „Unglaublich“ sei der Tunnelbau, bei dem die Waldschützer nach taz-Informationen auf internationale Unterstützung zurückgreifen konnten, sagt Polizeisprecherin Bianca Bungert.

Zwar seien mittlerweile Spezialeinheiten wie das Technische Hilfswerk, die Grubenwehr des Essener Steinkohleförderers RAG sowie Baustatiker, Geologen und Forstwirte vor Ort. Trotzdem stelle sich die Polizei „auf längere Arbeiten ein“.

Unterstützt werden die Besetzer nicht nur von Umweltorganisationen wie dem BUND, Robin Wood und lokalen Initiativen. Am Dienstag demonstrierten Menschen in sieben Städten gegen die Räumung. „Es darf kein weiterer Tagebau entstehen“, fordert auch die grüne Landtagsabgeordnete Gudrun Zentis, die am Mittwoch vor Ort war – auch wenn im rheinischen Revier „Braunkohle für hunderte Jahre“ liege.

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19 Kommentare

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  • R
    rolf

    wir plündern immer noch die rohstoffe aus der mensch hat überhaupt nichts begriffen um was es überhaupt geht

     

     

    Den Film sollte sich jeder Mensch in Ruhe anschauen!

    Eine Dokumentation über unsere Erde, wie sie aufgebaut ist und was wir in den letztes Jahrzehnten durch unseren Konsum mit ihr gemacht haben.

     

     

    Wir leben in einer alles-entscheidenden Zeit. Wissenschaftler sagen uns, wir hätten nur 10 Jahre um unsere Lebensweise zu ändern, um das Aufzehren von Rohstoffen zu verhindern und um eine katastrophale Entwicklung des Weltklimas zu verhinde

    rn.

    Jeder Einzelne muss an dieser gemeinsamen Anstrengung teilnehmen ; und um so viele Leute wie möglich darauf aufmerksam zu machen, habe ich den Film HOME gedreht.

    Damit der Film die größt-mögliche Verbreitung erhält, muss er umsonst sein ; unser Sponsor, die PPR Gruppe hat dies ermöglicht. EuropaCorp, der den Vertrieb sicherstellt, hat sich bereiterklärt, keinen Gewinn aus HOME erwirtschaften zu wollen, weil der Film nicht auf wirtschaftlichen Erfolg angelegt ist.

    Ich hätte gerne, dass HOME auch Ihr Film wird. Verteilen Sie ihn weiter. Und handeln Sie.

    Yann Arthus-Bertrand.

     

     

    http://www.youtube.com/watch?v=gEU6mRp4VC8

  • M
    Martin

    Dank den Grünlingen, Ökos und Hippies und deren "Atomkraft ist böse"-Geschreie, dass der Fukushima-Zischenfall ihnen in die Hände spielte und in Folge dessen die schrittweise Abschaltung aller KKW´s, bleibt in Deutschland ja nicht mehr viel übrig um Energie zu erzeugen.

     

    Und die sogenannten Erneuerbaren Energien sind noch lange nicht so ausgereift und effizient wie man uns weismachen möchte.

     

    Ich hoffe nur das der junge Mann seine "Befreiung" aus eigener Tasche bezahlen muss.

     

    Kein Verständnis für sowas.

  • MT
    Melko tooste

    Das ist extrem beeindruckend, jemand der wirklich kämpft für das was er glaubt. Immer schön wenn das zu erreichende Ziel selbstlos ist und frei von religiösem oder nationalistischem Mist.

    Hoffentlich baut da keiner der Verantwortlichen Mist, so sehr mich sein Verhalten beeindruckt, so wenig beneide ich die Leute die jetzt von oben den Befehl bekommen ihn so schnell wie möglich rauszuholen.

     

    Trotzdem, Respekt!

  • K
    Karl

    Hoffentlich ist der Tunnel gut bewettert, denn die Braunkohle gast auch im "jungfräulichen" Zustand CO, CO2 und Methan aus!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • J
    Joey

    Klimakiller? Welch propagandistisches gesülze.

     

    Bin dann mal weg, muss noch 3 Klima töten 4 Energie erneuern.

  • UM
    Uwe Mannke

    Die taz soll mal der Frage nachgehen, warum hier Umweltaktivisten sich überhaupt der polizeilichen Räumung widersetzen müssen, wenn doch die Umweltschädlichkeit des Projektes nachgewiesen ist. Läuft hier nicht was vollkommen schief? Aber was nützen so tolle Berichte, wenn nicht genau analysiert wird, warum DER STAAT MIT SEINER POLIZEI mal wieder auf der falschen Seite steht? Das gleiche Problem haben wir schließlich in Stuttgart. siehe: http://www.kopfbahnhof-21.de/fileadmin/Flugblaetter_usw/S_C_H_W_A_R_Z_E__L_I_S_T_E_01-11.pdf

  • L
    lue
  • D
    dobermann

    ein mutiger, junger mann !

  • R
    reblek

    "'Es darf kein weiterer Tagebau entstehen', fordert auch die grüne Landtagsabgeordnete Gudrun Zentis, die am Mittwoch vor Ort war – auch wenn im rheinischen Revier 'Braunkohle für hunderte Jahre' liege." - Lustig, lustig, tralalala, oder wie? Wie jung ist Frau Zentis, dass sie sich nicht daran erinnert, wer mit Rau, Clement und Konsorten den Braunkohletagebau in NRW "vorangetrieben" hat: Es war ihr Verein mit Höhn, Vesper und Konsorten.

  • H
    Hans

    Mein höchste Wertschätzung für die AktivistInnen, vor allem für den tapferen Tunnelhüter.

  • M
    meype

    Sehr gute Aktion im Forst. Bei der Räumung am Dienstag wurde mit schwerem Gerät durch die Polizei angerückt. Die Information von Menschen im Untergrund hielt sie nicht ab mit LKWs aufs besetzte Gelände zu fahren.

    Hoffentlich kommt der Junge Mann im Erdloch nicht zu Schaden.

    Der Imageschaden für RWE wird sich dennoch in Grenzen halten.

  • EZ
    Ein Zeichen

    Zeit für ein neues Hambacher Fest...

  • B
    Bravo!

    Bravissimo!

  • W
    Wolfgang

    Lieder ist es so das auch die taz nur einseitig berichtet.Ist es den noch niemanden aufgefallen,das die Bäume die jetzt geschlagen werden schon wieder stehen wenn ihr die Augen mal auf gemacht hätte wäre euch der walt auf dem großen berg vor dem tagbau aufgefallen aber sowas seht ihr nicht,auch die bäume die an der B477 stehen sind da nicht von alleine hin gekommen.Und wenn es zum Ende des Tagebau kommt werden nur ein bar 1000 Tonnen Braunkohle fehlen und sonst nichts.....also

    kann ich der Taz nur entfallen Neutral zu berichten.

  • E
    energyturnaround

    Mein Gott, wenn der bei der überflüssigen Rettungsaktion zu Schaden kommt, weiß jeder warum. Es hat ihn ja keiner gezwungen sich dort anzuketten. Hoffentlich gehen die Kosten der Aktion auf sein Konto.

     

    Es ist ja gut, dass wir nicht in China sind, aber da lacht sich doch jeder kaputt.

  • N
    Name

    Geil!

  • Q
    Qwertz
  • K
    Kompromiss

    Kann man nicht einfach um den Mann herum die Braunkohle abbauen? Scheint mir die billigste Variante zu sein. Nach der Renaturierung kann man den Mann ja als Touristenattraktion einsetzen. Die syrischen Säulenheiligen der Spätantike haben auch Scharen von Menschen angezogen - warum nicht mal ein Tunnelheiliger?