Protest gegen Stellenabbau: Ordentlich Krawall machen
Das Siemens-Management hofft auf Kompromisse. Die Beschäftigten machen derweil ihrem Zorn Luft. Der IG-Metall-Chef kündigt eine harte Gangart an.

Laut und deutlich: Siemens-Beschäftigte demonstrieren am 23. November gegen den Stellenabbau Foto: dpa
BERLIN/MÜNCHEN dpa | Der Protest gegen den geplanten Abbau tausender Stellen bei Siemens hat am Donnerstagmorgen große Teile der Berliner Innenstadt erfasst. Beschäftigte des Elektrokonzerns demonstrierten mit einem Autokorso gegen die Stellenstreichungen.
Die Fahrzeugkette sei um 6.15 Uhr am Dynamowerk im Bezirk Spandau gestartet, sagte Klaus Abel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in der Hauptstadt. Rund 200 Autos – geschmückt mit Transparenten und Gewerkschaftsfahnen – folgten laut seinen Angaben hupend einem Motivwagen, der Siemens-Chef Joe Kaeser zeigen sollte. Die Verkehrsinformationszentrale Berlin sprach auf Twitter von 100 Fahrzeugen. Der Protestzug könnte für Behinderungen in mehreren Stadtteilen sorgen, sagte eine Polizeisprecherin im Rundfunk.
Insgesamt wollten etwa 2.500 Mitarbeiter demonstrieren. Erwartet wurde dazu auch SPD-Chef Martin Schulz. Zur Kundgebung am Tagungshotel der jährlichen Siemens-Betriebsräteversammlung in Neukölln wollten der IG Metall zufolge 2.000 Teilnehmer aus ganz Deutschland kommen.
Siemens hatte angekündigt, weltweit 6.900 Stellen abzubauen – davon etwa die Hälfte in Deutschland. Der Münchner Konzern reagiert damit nach eigener Begründung auf schlechter laufende Geschäfte in der Kraftwerks- und Antriebstechnik.
Die IG Metall will das so nicht hinnehmen. Gewerkschaftschef Jörg Hofmann sagte der Süddeutschen Zeitung, seine Organisation werde „nun ordentlich Krawall machen“. Siemens solle über Investitionen Jobs schaffen. „Wir werden die Beschäftigten ganz bestimmt nicht alleine ihrem Schicksal überlassen“, betonte er. Vage blieb Hofmann bei der Frage, ob es zu Ausständen bei dem Konzern kommt: „Streik bleibt immer das letzte Mittel.“
Mehrere Landes-Wirtschaftsminister sowie die Berliner Wirtschaftssenatorin luden den Siemens-Vorstand zu einem Gespräch über den geplanten Stellenabbau ein. Man erwarte Erläuterungen über die Standortschließungen, teilten Ramona Pop (Grüne) und die Minister Martin Dulig aus Sachsen, Wolfgang Tiefensee aus Thüringen und Albrecht Gerber aus Brandenburg (alle SPD) mit. Vor dem Hintergrund der hohen Gewinne von Siemens und Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Standorte könne man die Entscheidungen nicht nachvollziehen.
Leser*innenkommentare
cursed with a brain
Siemens hat ein paar Jahrzehnte zu lange das tote Pferd Atomkraft weiter zu reiten versucht.
Wer sich nicht am Markt orientiert, der wird vom Markt bestraft. Siemens hat immer auf einen Backlash der Politik gehofft, darauf dass die "guten, alten Zeiten" der milliardenschweren Subventionen für eine Technologie wiederkehren, in der nur eines sicher war: dass menschliche Fehler tödlich sind für ganze Regionen.
Günter Witte
Das mit Siemens ist nur der Anfang!
Durch dass bedingungslosen nachlaufen nach den CO2 Theorien , und überstürzten Umbau unserer Wirtschaft, werden noch viele Branchen folgen. Wenn dann die Wirtschaftszahlen sinken und die Arbeitslosenzahlen steigen kommt das Gejammer : Was jetzt?
81331 (Profil gelöscht)
Gast
@Günter Witte ...ja, zurück zum guten, alten Webstuhl.
Günter Witte
Da kommen wir wieder hin, wenn die
Grünen die Richtung vorgeben
Rudolf Fissner
Inwiefern ist die Politik verantwortlich? Laut Kaeser von Siemens Sei schwierige Energieerzeugungsgeschäft auf die "in der Sache richtige aber in Ausführung und Timing höchst unglücklich umgesetzte Energiewende" zurückzuführen. Er greift Schulz an: "Vielleicht sollten Sie sich dabei auch überlegen, wer wirklich verantwortungslos handelt: Diejenigen, die absehbare Strukturprobleme proaktiv angehen und nach langfristigen Lösungen suchen, oder diejenigen, die sich der Verantwortung und dem Dialog entziehen". (//http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/siemens-martin-schulz-nennt-vorgehen-asozial-a-1179934.html)