Protest gegen Monsanto: Straftatbestand „Ökomord“
Die NGO „Monsanto Tribunal“ will dem US-Konzern 2016 in Den Haag den Prozess machen. Noch ist das Gericht nur symbolisch – aber das soll sich ändern.
Paris taz | Im Oktober 2016 soll dem Agrochemiekonzern Monsanto in Den Haag der Prozess gemacht werden. Der Anklagepunkt lautet „Ökozid“, das heißt vorsätzlicher Mord an Ökosystemen. Dieser Straftatbestand existiert zwar noch nicht – und auch das Gericht, vor dem sich der US-amerikanische Konzern wegen Umweltverbrechen verantworten soll, gibt es nicht offiziell.
Dennoch soll in Den Haag eine Verhandlung mit echten Richtern und Anwälten stattfinden. Das verspricht die internationale NGO „Monsanto Tribunal“. Sie will mit dem symbolischen Prozess auf eine Rechtslücke in der internationalen Strafverfolgung hinweisen.
Es gehe darum, „die Verbrechen dieses amerikanischen Multis an der Umwelt und der Gesundheit zu verurteilen und so die Anerkennung des Ökozids im Völkerrecht zu erreichen“, erklärte die NGO am Donnerstag in Paris. Dafür sollten zahlreiche Fallbeispiele, Zeugenaussagen von Betroffenen und Gutachten von Experten herangezogen werden. Als erschwerender Umstand soll dabei dem Angeklagten angelastet werden, dass er wissentlich Agrochemieprodukte wie Pestizide verkaufe, deren Gefährlichkeit den Konzernverantwortlichen längst bekannt sei.
Die erste Verhandlung dieses Tribunals soll so zum Präzedenzfall werden, denn Monsanto steht in dieser Hinsicht nicht allein. Ob der Konzern aber an der Verhandlung teilnehmen wird oder sich von Pflichtverteidigern vertreten lässt, ist noch offen. Nach Angaben der französischen Tageszeitung Libération hat der Konzern die Anschuldigungen auf eine Anfrage der Zeitung hin als „absolut unzutreffend“ zurückgewiesen.
Die Monsanto-Gegner hatten erst kürzlich etwas zu feiern: Im September war Monsanto erstmals in Frankreich wegen der von einem Landwirt beim Umgang mit einem seiner Agroprodukte erlittenen Gesundheitsschäden für haftpflichtig erklärt worden.
Leser*innenkommentare
Velofisch
Internationale Justiz?
Der Gedanke der Schiedsgerichte um Investoren zu schützen kam ursprünglich daher, dass in einigen Staaten die Justiz nicht unabhängig ist und korrupte Staaten eigene Firmen bevorzugen und ausländische Investoren enteignen könnten.
Bei den Menschenrechten gibt es zumindest in Europa (inkl. Türkei und Russland!) eine internationale Justiz in der Form des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Er schützt die Menschenrechte gegenüber Staaten, die diesen nicht genug Wertschätzung entgegen bringen - auch z.B. gegen das Bundesverfassungsgericht, welches Kinder- und Väterrechte vernachlässigt.
Es gibt es internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, der unabhängig von den politisch abhängigen Staatsanwaltschaften anklagt.
Profitiert ein internationale Unternehmen davon, dass Umweltstraftaten in einem Land nicht geahndet werden, so sollte es sich auch vor einem internationalen Gerichtshof verantworten müssen.
Monsanto ist da allerdings ein schlechtes Beispiel. Internationale Justiz kann nicht dazu da sein, das Versagen der Justiz in vielen Ländern auszugleichen. Adressaten wären vielmehr z.B. Bergbauunternehmen, die in einzelnen Ländern Umweltschäden anrichten.
EndEcocide
Genau, um den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag geht es. Dort möchten wir, dass der Ökozid anerkannt wird - und interessanterweise war ein Umweltverbrechen bereits Teil des ursprünglichen Entwurfs in den 90ern, wurde dann aber entnommen.
Bergbauunternehmen sind genauso verantwortlich für Ökozid wie Monsanto. Es geht darum, das Vorsorgeprinzip in geltendes Recht zu übernehmen: was nicht sicher ist und das Potenzial hat, ein gesamtes Ökosystem insoweit zu schädigen, dass es sich selbst nicht regenerieren kann, muss verboten werden. Darum geht's im Kern und das ist für Monsanto sehr relevant, da Erbgut dauerhaft verändert wird und durch Pestizide Ökosysteme zerstört werden.
noevil
Wenn schon Globalisierung, dann auf keinen Fall auf halber Strecke stehen bleiben und das ausbremsen, was die Multis und Konzerne noch abhalten könnte, unseren Planeten mit allen das Leben erhaltenden Systemen und auch den Menschen vollends zu zerstören.
Bitte am Ball bleiben und fortlaufend berichten!
Reimar Menne
Eine Idee, die ich unterstützen möchte. Bitte regelmäßig über die Entwicklung informieren. Spendenkonto?
EndEcocide
@Reimar Menne Super, Reimar, vielen Dank! Unterstützen kann man uns hier: https://www.endecocide.org/donation/ Vielen Dank! :)
shoogagoogagunga
"Die erste Verhandlung dieses Tribunals soll so zum Präzedenzfall werden, denn Monsanto steht in dieser Hinsicht nicht allein. Ob der Konzern aber an der Verhandlung teilnehmen wird oder sich von Pflichtverteidigern vertreten lässt, ist noch offen. Nach Angaben der französischen Tageszeitung Libération hat der Konzern die Anschuldigungen auf eine Anfrage der Zeitung hin als „absolut unzutreffend“ zurückgewiesen."
-- spannend. Wie nennt man den diesen Straftatbestand?
Nötigung? Erpressung?
Aber es gibt bestimmt Medien (vielleicht auch die liebe TAZ?), die sich solchem Niveau von Lobbygruppen zur Bloßstellungen des leibhaftigen Bösen (der Iran hat USrael, den "großen und den kleinen Satan", die Ökolobby hat "Monsatan") gerne anschließen.
Generiert ja schließlich Klicks.
Argumente, warum man die Arbeit eines Chemiekonzerns kaum als "Mord an der Menschheit" bezeichnen können wird (selbst, wenn man ihnen die bößartigsten Absichten unterstellt, weil man selber bößartig ist) spar ich mir.
Nur soviel:
Vandana Shiva (Ökofeministin und Selbstdarstellerin, mit Hang zur Dramatik und Selbstbetrug), Monique Robin (amerikaphobe linke Französin), Doro Schreier (Netzfrauen.org) und Hans Herren ("Öko"-irgendwas, hat in den 80er Jahren eine südamerikansche Schlupfwespe als invasive Art in Afrika etabliert).
Es ist wichtig, die Agrardiskussion wieder zu versachlichen!
Dringend.
amigo
Leider haben weltweite Verbrecherkartelle wie Monsanto ihre Strohmänner -und Frauen längst an allen wichtigen Hebeln in Politik und Justiz installiert...
Trotzdem: Waidmannsheil!