Belastung von Obst: Zu den Vitaminen gibt‘s Pestizde
Obst aus ökologischer Landwirtschaft ist kaum mit Giften belastet. Nur in einer Frucht finden sich laut einer Studie häufiger Pestizide als erlaubt.
Berlin taz | Konventionelles Obst ist 350 mal höher belastet als Bio-Obst. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion erstellt wurde und die der taz vorliegt. Vor allem Äpfel, Rucola und Erdbeeren sind belastet. Unbedenklicher sind hingegen Kiwis, Spinat und Zwiebeln. Für die Studie hat der Autor und unabhängige Pestizidexperte Lars Neumeister 57.900 staatlich ermittelte Proben ausgewertet, die zwischen 2011 und 2013 von den Bundesländern erhoben worden sind.
Besonders beunruhigend: Häufig finden sich auf konventionell erzeugtem Obst verschiedene Pflanzengifte. „In Einzelfällen wurden 30 verschiedene Pestizide und sogar noch mehr in einem Lebensmittel nachgewiesen“, warnt der Verbraucherzentrale Bundesverband. Grund dafür seien „Mehrfachrückstände,“ für die es keine gesetzlichen Regeln gebe. Ungewissheiten gibt es auch an anderer Stelle. Zwar wisse man, wie einzelne Wirkstoffe in Pestiziden wirken. Aber wie die verschiedenen Wirkstoffe interagieren, ist kaum abzuschätzen.
Auch Bioware ist belastet, allerdings deutlich geringer. Fast alle untersuchten Früchte oder Gemüse blieben unter dem Grenzwert: „Etwa 95 Prozent aller Bio-Proben enthielten weniger als 0,01 Milligramm pro Kilogramm“, sagt Neumeister. Das ist die Menge an Pestiziden, die in einem einzigen Nahrungsmittel enthalten sein dürfen. Besonders wenig belastet waren auch hier Kiwis, einen Ausreißer nach unten boten die Himbeeren: Hier überschritten mehrere Proben die zugelassenen Grenzwerte.
Die gefundenen Gifte stammen laut der Studie dabei zu über 90 Prozent aus der konventionellen Landwirtschaft. Sie werden zum Beispiel von benachbarten Obstplantagen oder Feldern hinübergeweht. Auch Altlasten wie das krebserregende und inzwischen in Europa verbotene DDT im Boden spielen eine große Rolle. Im Biolandbau selbst ist der Einsatz von Ackergiften sehr streng geregelt.
„Ökobauern setzen vorwiegend auf Nützlinge, um Schädlinge zurückdrängen“, sagt Kurt Hülsbergen, Pflanzenschutzexperte vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan. Eine größere Fruchtvielfalt habe eine ähnliche Wirkung. Wer ganz sicher sein wolle, mit dem Obst keine Gifte zu sich zu nehmen, der müsse sich ökologisch ernähren, sagt Hülsbergen.
Nach den am Mittwoch veröffentlichten Zahlen des größten Bioanbauverbandes Bioland aus Mainz wollten im vergangenen Jahr deutlich mehr Landwirte auf ökologischen Anbau umstellen als die Jahre zuvor. Die Mitgliederzahl des Verbandes sei 2015 um 288 Betriebe auf rund 6.200 gestiegen, das ist der höchste Anstieg in einem Jahr seit 2010.