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Protest gegen Hochschulresolution„Rechtlicher Blödsinn“

Vor der FU fordert das Palästinakomitee das Aus für die Resolution des Bundestags gegen „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Hochschulen“.

Die FU stand schon häufiger im Mittelpunkt von Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost Foto: IMAGO / serienlicht

„Was für eine Schande, dass wir mal wieder vor der Freien Universität für Freiheit demons­trieren müssen“, ruft eine Rednerin bei der Kundgebung des Palästinakomitees an der FU. Die Gruppe hat zu einer Kundgebung unter dem Motto „Hochschulresolution stoppen“ vor der Mensa eingeladen. Rund 70 Studierende sind dem Aufruf gefolgt, einige tragen Kufias oder orange Warnwesten. Zwei halten ein Banner mit der Aufschrift „Für ein Freies Palästina und eine Freie Universität“. Drei Mannschaftswagen der Polizei stehen daneben. „Ist bestimmt Propalästina, sonst wär da nicht so viel Polizei“, sagt eine Studentin im Vorbeigehen zu ihrer Kommilitonin.

Es geht um die Resolution „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entgegentreten“, die am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden soll. Die Fraktionen von SPD, Union, Grünen und FDP reagieren mit dem Antrag auf antisemitische Vorfälle an Schulen und Unis in den letzten Monaten, sie fordern Aufklärung und Forschung über Antisemitismus und den Umgang damit. Außerdem soll gegen antisemitisches Verhalten vorgegangen werden, auch durch stärkeren Austausch zwischen Universitäten und Sicherheitsbehörden.

Widerstand bei Studierenden und Lehrenden

Der Antragstext stößt bei Studierenden und Lehrenden auf Widerstände. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat sich schon im November 2024 gegen die Resolution ausgesprochen. Sie hält die Wahrung der Wissenschaftsfreiheit für essenziell, betont aber, dass in der aktuellen Situation die Diskussion über Antisemitismus „Gegenstand und Aufgabe wissenschaftlicher Auseinandersetzung“ sei. Die Hochschulautonomie ermögliche es den Hochschulen, „klar gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen“. Eine staatliche Intervention, um diesen Diskurs zu steuern, sei nicht zulässig.

In die selbe Richtung geht der Vorwurf einer der Personen auf der Kundgebung Aktivisti bei „Studis gegen Rechts“. Sie bezeichnet die Resolution als „Angriff auf die Meinungsfreiheit“, den „autoritären Umbau der Uni durch die Regierung“ könne man nicht dulden. Ohnehin sei die Resolution „rechtlicher Blödsinn“.

Resolutionen sind rechtlich nicht bindend, sie haben vor allem politische Bedeutung. Dies hat sich der Deutsche Bundestag schon Ende 2024 zunutze gemacht – mit dem Beschluss „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“.

„Der Staat kann den Kampf gegen Antisemitismus nicht führen“, ruft eine Rednerin. Sie findet, es brauche neue Formate, ihr Vorschlag: Komitees mit Betroffenen und Ex­per­t:in­nen, um in den Dialog zu kommen.

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20 Kommentare

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  • Antisemitismus ist falsch, teils ist er kriminell. Nur darf er doch nie verwechselt werden damit, eben auch die Rechte der palästinensischen Menschen zu sehen, die Besatzung auch dort als völkerrechtswidrig und Blockade des Friedens zu erkennen, etc. etc.,



    Diese Sorge auch vor der Verwechslung von Staat Israel und Juden scheint mir leider berechtigt zu sein. Tagtäglich versucht Netanyahu, Juden zu vereinnahmen, wie übrigens im Negativen die Hamas das auch tut. Muss man nicht mitmachen, das. Machen auch viele Juden bewusst nicht mit.



    Dialog ist ja manchmal auch, wenn's wehtut, aber besser reden Menschen im öffentlichen Raum miteinander als später durch die Zellenwand in Den Haag.

  • Ach nee, mal wieder die Spezialisten vom "Das Vereinigte Palästinensische Nationalkomitee", die vor kurzem erst einen "Siegesmarsch" abgehalten haben und natürlich + selbstverständlich von allen Palistinaensern in freier + demokratischer Wahl legitimiert sind. Und natürlich die ganze gesamte Wahrheit exklusiv besitzen.



    Deren Wortwahl kann auch sonst stark an Schwurbler erinnern, bestimmt sind die auch ne gute Bezugsquelle für die Postkarten mit roten Dreiecken und "Hamas Habibi", die bei der letzten Uni-Besetzung ausgelegt waren.



    Zitat vom Demoaufruf:



    "Zionistische Besatzer...Wir werden nicht aufhören, bis Gerechtigkeit herrscht."

  • Geistige Dünnbrettbohrer ab der FU. So bescheuert zu glauben, dass es irgendeine Rechtfertigung für Antisemitismus geben würde, muss mensch erstmal sein. Das auch noch öffentlich zu demonstrieren sollte einen Uni-Ausschluß zur Folge haben.

    Und nur um das auch ganz klar zu machen: Diese Student:innen sind NICHT links. Nichts an Hamas & Co ist links. Das sind rechtsradikale Terroristen.

  • Das Problem ist die Definition von Antisemitismus. Wenn sie zu weit gefasst wird, führt das dazu, dass bestimmte Dinge, z.B. das Verhalten Israels, nicht einmal mehr diskutiert werden können, und sei es wegen der Schere im Kopf. Diese Gefahr besteht durchaus.

  • "Sie findet, es brauche neue Formate, ihr Vorschlag: Komitees mit Betroffenen und Ex­per­t:in­nen, um in den Dialog zu kommen." Finde ich persönlich einen sehr guten Vorschlag und hilft garantiert mehr als Verbote, Resolutionen die nur politische Bedeutung haben. Ich finde ein wenig mehr Bildung, Dialog und Experten können alle Beteiligten vertragen inklusive unserer Politiker, denn auch sie lassen desöfteren eine erschreckende Ignoranz und Unwissenheit bei dem Thema durchblicken. Ich habe mich mehr als einmal gefragt ob der ein oder andere selbst die Definition von Antisemitismus versteht, mal abgesehen davon das ich das dogmatische Festhalten an der IHRA Definition ohnehin für falsch halte, da diese auch von einem erheblichen Teil jüdischer Menschen abgelehnt wird. Ich hab ohnehin den Eindruck, dass es für Politiker nur einen jüdischen Menschen gibt, der der uneingeschränkt Israel unterstützt, jüdische Menschen die dies nicht tun werden in dem Diskurs entweder ignoriert oder ihnen wird selbst Antisemitismus vorgeworfen. Mehr Sachlichkeit, Bildung, Dialog und Expertenwissen kann jedenfalls nicht schaden.

    • @Momo Bar:

      Als wenn es der deutschen Politik tatsächlich um jüdische Menschen ginge. Es geht einzig und allein um Virtue Signalling. "Schaut, was wir gelernt haben! Dank Holocaust sind wir die einzig wahren Experten nicht nur für, sondern auch gegen Antisemitismus!" - Sogar jüdische Menschen, die es wagen, die Expertise der Deutschen gegen Antisemitismus zu bezweifeln, können letztlich nur böse Extremisten sein. Oder gar Sympathisanten!

  • Freiheit fordern, heißt immer auch Freiheit für andere zulassen. Das bedeutet eben auch, die Universitäten nicht einseitig durch eigene Funktions- und Machtzugänge zu instrumentalisieren. Zu dieser Konsequenz waren und sind aber leider nach meiner Erfahrung viele „revolutionäre“ Kämpfer*innen nicht bereit. Wo kämen sie auch hin mit ihrer oftmals nur Minderheitsmeinung im gesamten Diskurs, wenn sie allen anderen das gleiche Recht zugestehen würden, dass sie für die eigenen Überzeugungen fordern.

  • "Der Staat kann den Kampf gegen Antisemitismus nicht führen" - warum nicht? Ich finde, der Staat hat sogar die Pflicht, den Kampf gegen Antisemitismus zu führen, so wie gegen alle Arten von Diskriminierung und Verfolgung aufgrund von Rasse, Religion oder sonstigen Schubladen, in die Menschen gesteckt werden.

  • Das sogenannte "Palästinakomitee" unterstützt eindeutig die Hamas, also ein Fall für § 129a StGB Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

    • @anarchotaoist*in:

      Wenn das für Sie eindeutig ist, stellen Sie doch die Anzeige.



      Wenn nicht, schreiben Sie nicht "eindeutig".

  • "Wenn es irgendwo in Deutschland heißt, „Antisemitismus hat bei uns keinen Platz“, dann ist es meistens schon zu spät. Zu spät, da dieser Ausspruch eine Reaktion auf schon begangene antisemitische Taten ist, sich der Antisemitismus also schon den Platz genommen hat."



    taz.de/Protestcamps-an-Unis/!6013047/

    Das Ausleben von Antisemitismus ist nicht Teil der Wissenschaftsfreiheit. Wenn Hochschulleitungen die Störung von Veranstaltungen, Hausbesetzungen und Sachbeschädigung hinnehmen, oder auf Angriffe auf Personen zögerlich reagieren, weil sie dies als Parteinahme verstehen, zwingen sie den Staat zu reagieren.

    Der Freiraum der Hochschulen setzt die Einhaltung von Recht voraus. Debatten und Meinungsfreiheit sind nur dort möglich, wo nicht der Mob und das Recht des Stärkeren regieren.

  • "...auf antisemitische Vorfälle an Schulen und Unis in den letzten Monaten, sie fordern Aufklärung und Forschung über Antisemitismus und den Umgang damit. Außerdem soll gegen antisemitisches Verhalten vorgegangen werden..."

    Oh ja, das klingt auf jeden Fall nach etwas das man aus den Universitäten verbannen sollte. Der Protest zeigt wie wichtig diese Resolution ist.

    Erinnert sich noch jemand daran wie Bernd Lucke an der Uni angegangen wurde bei einem Vortrag?

    www.welt.de/politi...nke-Studenten.html

    Ich bin der letzte der diesen Herren verteidigen möchte. Aber Meinungsfreiheit nur für die eigene Meinung zu fordern ist hypokritisch.

    Universitäten sollten allen Studierenden offen stehen. Das Besetzen solcher Institutionen (egal von wem) und erschrecken/verletzen von Kommilitonen ist nicht tragbar.

  • Das hat mit Freiheit der Lehre und Forschung nichts zu tun, -das sind Antisemiten! Ein solches Verhalten sollte zur Exmatrikulation der Betriligten führen, das sind wir unserer Geschichte schuldig!

    • @Peter Wenzel:

      Damit machen Sie eine Rolle rückwärts in unsere dunkelste Vergangenheit. Die Kritik an israelischer Kriegsführung ist kein Antisemitismus.

      • @Moritz Pierwoss:

        Vollkommen richtig, Kritik an der israelischer Kriegsführung ist kein Antisemitismus. Auch nicht Kritik an der Siedlungspolitik oder an der rechtsradikalen Regierung und deren Politik.



        Aber das produzieren und verteilen von Postkarten mit roten Dreiecken und "Hamas Habibi", das markieren von vermeintlichen Gegnern mit roten Dreiecken, das ins Krankenhaus prügeln von Andersdenkenden, das anzünden bzw der Versuch von Brandstiftung bei "feindlichen" Projekten und auch völlig unbeteiligten Mietern, das demonstrieren mit antisemitischen Verschwörungsideologen,...



        Noch mehr Beispiele gewünscht?

      • @Moritz Pierwoss:

        Solidarisierungen mit einer Terrorgruppe (Hamas) und deren Taten (wie Raketenangriffe, Bombenanschläge oder den Überfall vom 7. Oktober 2023 mit Massakern, Folter und Vergewaltigungen), Slogans wie "from the river to the sea", Boykottaufrufe gegen alles Israelische und verbale wie körperliche Angriffe auf Menschen, die sich als Juden zu erkennen geben, sind eines sicher nicht: Kritik an israelischer Kriegsführung.

        Solche antisemitischen Entgleisungen (und um nichts Anderes handelt es sich dabei) waren - so mein Eindruck - bisher Begleitumstände nahezu jeder Pro Palästina-Kundgebung, auch an Universitäten

      • @Moritz Pierwoss:

        Sich mit Hamas &Co gemein machen, hat mit Kritik an der israelischen Politik nichts zu tun. Die Rolle rückwärts betreiben die Student:innen. Die betreiben nämlich puren Antisemitismus.

      • @Moritz Pierwoss:

        Zustimmung. Kritik an der israelischen Militärführung, aber auch an der Siedlungspolitik oder auch allgemein an Politik in Israel muß möglich sein, ohne dabei direkt wieder in irgend eine Ecke gedrängt zu werden. Das hat aber im regelbetrieb einer Uni absolut nichts zu suchen. Auch in einem Betrieb wäre sofort, und durchaus berechtigt, eine Abmahnung oder Kündigung fällig, wenn sich jemand politisch äußert und eine solche Stellungnahme der Firma/Geschäftsführung fordert, oder eine terroristische Vereinigung öffentlich unterstützt.

      • @Moritz Pierwoss:

        DIESE "Kritik" ala "Fron the river to the sea", wie sie von Hamas Unterstützern an der FU schon länger skandiert wird, IST sehr wohl antisemitisch! Vielleicht machen Sie einfach Mal den Selbstversuch: Setzen Sie sich eine Kippa auf oder halten Sie eine Israelische Fahne in der Hand und laufen Sie durch die Rostlaube.. Nach 2 Minuten werden Sie zusammengeschlagen!

        • @Peter Wenzel:

          Und wie bewerten Sie es, wenn Israelis fordern, dass Gaza und Westbank jüdisch sein sollen?