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Protest gegen Akelius in BerlinRadikale Profitmaximierung

Berlins schlimmster Vermieter? Mieter des Immobilienkonzerns Akelius haben sich vernetzt und ein umfassendes Dossier vorgestellt.

Enteignen wollen Berlins Mieter nicht nur die Deutsche Wohnen, sondern auch Akelius Foto: dpa

Berlin taz | Die Vorstellung im Veranstaltungsraum „Aquarium“ in Berlin-Kreuzberg beginnt wie eine Trauerfeier: Ein Mann liest einen der vielen Erfahrungsberichte vor, die das Netzwerk der Akelius-Mieter für ein Dossier zusammengestellt hat. Er intoniert so, dass sein Vortrag an eine Trauerrede erinnert.

Die Geschichte geht so: Seit fast 20 Jahren gemütliche Dreizimmerwohnung in Lichtenberg, Akelius kauft das Haus, der Ärger mit den Mieterhöhungsverlangen beginnt, der Berichtende wehrt sich – andere geben einfach auf und gehen irgendwann. Der Mieter schreibt: „Immer wenn ich Post von Akelius im Briefkasten vorfinde, habe ich ein ungutes Gefühl und Angst, was denn jetzt schon wieder kommt.“

Bei der Angst bleibt es laut der Initiative nicht. Die Mieter berichten über unangekündigte oder verschleppte Reparaturen, beschweren sich über einen „völlig überzogenen und Ressourcen verschwendenden Modernisierungswahn vor Neuvermietungen“ sowie ignorierte Meldungen und Beschwerden. Und: Akelius mache selbst viele Fehler, nutze aber jeden kleinen Fehler der Mieter, um sie rauszuschmeißen.

Akelius ist ein schwedisches Immobilien-Unternehmen, das mit dem Co. der Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ mitgemeint ist. In dem über 150-seitigen Dossier legen die Akelius-Mieter, die sich seit über einem Jahr vernetzen, einen umfangreichen Steckbrief über den seit 2006 auf dem Berliner Wohnungsmarkt aktiven Konzern vor. Hinter diesem steht ein Firmengeflecht um Gründer Roger Akelius und seine Akelius Residential Property AB mit Sitz in der Nähe von Stockholm, deren Verbindungen zu einer Stiftung auf den Bahamas führen.

Schlimmer als Deutsche Wohnen?

„Uns geht es darum, dass wir, Mieter von Akelius, wissen, mit wem wir es zu tun haben“, sagt eine Aktivistin und Akelius-Mieterin der taz. In ihrem Dossier schreibt die Mieterinitative: „In Berlin fällt Akelius als radikaler Mietpreistreiber auf.“ Das Dossier zeichnet das Profil eines Konzerns, der sich auf hochwertige Modernisierungen und darauf folgende große Sprünge bei Angebotsmieten spezialisiert hat. Ihre Erkenntnisse belegen die Aktivisten mit Zahlen, die sie aus der Analyse von 1.265 Wohnungsangeboten und Geschäftsberichten von Akelius gewonnen haben.

Akelius besitzt in Berlin knapp 14.000 Wohnungen (weltweit etwa 50.400), damit weniger als Deutsche Wohnen, die hier über 115.000 Wohnungen ihr Eigentum nennt. Doch die Mietpreise von Akelius fallen krasser aus: Bei einem durchschnittlichen Berliner Mietspiegel von 6,72 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2019 bietet Akelius seine Wohnungen im Schnitt für 17,86 Euro, der Durchschnitt der Bestandsmieten liegt bei 8,64 Euro. Zum Vergleich: Die Durchschnittsmiete der Deutschen Wohnen liegt bei 6,70 Euro pro Quadratmeter.

Tatsächlich bekommt Akelius offenbar nicht alle Wohnungen zu diesem Preis vermietet, aber selbst die realisierten Neuvertragsmieten liegen laut Ini auf sehr hohem Niveau: bei durchschnittlich 16,42 Euro. Die Altmieten hat die Initiative auch berechnet: Sie lagen in den betroffenen Häusern vor dem Kauf von Akelius im Schnitt bei 4,40 Euro pro Quadratmeter.

Über das Geschäftsmodell heißt es im Bericht der Initiative: „Akelius versteht sich als Entwickler ‚moderner‘ Wohnungen. Hochpreisige Neuvermietung nach Modernisierungen sind das zentrale Geschäftsmodell von Akelius und ein Garant für gute Kapitalrenditen.“ Tatsächlich nutzt Akelius 91,7 Prozent seiner jährlichen Investitionen von 349 Millionen Euro für Modernisierungen. Deutsche Wohnen investiert 42,3 Prozent in Modernisierungen.

Nach oben kaum eine Grenze

Die Mieter verweisen in ihrem Dossier auch auf die Studie „Profitmaximierer oder verantwortungsvolle Vermieter?“. Laut dieser steht Akelius in Berlin bei den Modernisierungskosten an erster Stelle aller Vermieter: Im Jahr 2018 habe das Unternehmen durchschnittlich 105 Euro pro Quadratmeter für Modernisierungen ausgegeben. Im Vergleich: Bei der landeseigenen Gewobag waren es 12 Euro. Diese Geschäftspraxis von Akelius führe in Berlin zu Mietpreisen von maximal 42 Euro pro Quadratmeter – das jedenfalls war der höchste Quadratmeterpreis, den die Mieter unter den Akelius-Angeboten finden konnten.

Entscheidender Kritikpunkt der Initiative, der auch für die gegenwärtige politische Debatte um den Mietendeckel relevant sein dürfte: Akelius treibe die Modernisierungskosten gezielt in die Höhe, um die Mietpreisbremse zu umgehen. Eine Ausnahme der Mietpreisbremse macht das möglich. Wenn Modernisierungskosten pro Quadratmeter ein Drittel eines festgelegten Neubaupreises erreichen, greift die Mietpreisbremse nicht mehr.

Ralf Spann, Europa-Chef des schwedischen Wohnungskonzerns Akelius, weist auf Anfrage der taz die Vorwürfe der Mieter zurück: Alle Mieter seien „bei uns willkommen“. Sein Unternehmen übe kein Druck auf Mieter aus, über Baumaßnahmen würden die Mieter informiert, Bauarbeiten würden nicht verschleppt, Mieterbeschwerden nicht ignoriert.

Voreigentümer hätten laut Spann die Instandhaltung vernachlässigt, und sein Unternehmen übernehme deshalb Verantwortung für notwendige Instandhaltungen und Modernisierungen. Die Wohnungen würden „auf den Standard von Eigentumswohnungen“ saniert.

Ein rigoroser Mietendeckel würde Akelius wehtun

Den Vorwurf, sein Unternehmen würde mit den Modernisierungen die Mietpreisbremse umgehen, nennt Spann „schlicht falsch“. Und ergänzt: „Der Gesetzgeber sieht ausdrücklich vor, bei einer umfassenden Modernisierung die Miete frei zu vereinbaren.“ Genau diese Ausnahme nutze Akelius bewusst aus, kritisieren dagegen die Mieter. Spann sagt auch, dass Akelius „aufgrund der politischen Diskussion zur Begrenzung der Miethöhe“ nicht mehr umfassend modernisieren werde. Wenn er dieses Versprechen hält, dann wäre das aus Sicht der Mietervernetzung ein echter Erfolg.

Am Montagabend im Kreuzberger Aquarium stellt ein Mann im Publikum am Ende der Veranstaltung die entscheidende Frage, die alle im Raum umtreibt: „Wo ist Akelius verwundbar?“ Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, der die Akelius-Mieter unterstützt, antwortet: „Das beste Instrument wäre ein rigoroser Mietendeckel, der die überhöhten Mieten zurechtrückt.“ Damit meint er einen Mietendeckel mit einer Obergrenze, an die Akelius seine Mietpreise anpassen müsste. „Dann kämen wir in einen Bereich, wo es Akelius richtig wehtut.“

Ob tatsächlich ein radikaler Mietendeckel kommen wird, ob die großen Konzerne tatsächlich enteignet werden – das sind bis auf Weiteres zwei große Fragezeichen der stadtpolitischen Debatte in Berlin. Bis dahin geht es, wie eine weitere Nachfrage aus dem Publikum verdeutlicht, um konkrete Handlungsmöglichkeiten der Mieter. Eine Akelius-Mieterin fasst ihre vielen Tipps so zusammen: „Organisiert euch! Wenn man organisiert ist, kann man zusammen auftreten, wenn Akelius im Hof steht.“

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1 Kommentar

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  • Offensichtlich fuehrt die Mietpreisbremse zu einem erhoehten Modernisierunsstandard und wirkt damit mietsteigernd. Man koennte das Gesetz ja auch einfach streichen.

    Ein Mietendeckel fuehrt garantiert auch nicht zu billiger Vermietung, schon gar nicht an sozial beduerftige.