Prorussische Propaganda: Prompt auf Fake News reingefallen
Die ORF-Nachrichten sind auf zwei Propagandavideos reingefallen. Der zuständige Ukraine-Korrespondent steht nicht zum ersten Mal in der Kritik.
Mehr als eine Million Zuschauer sahen den fehlerhaften „ZiB“-Beitrag „Korruption in der Ukraine“ vom 15. August. Bebildert ist er mit zwei Videosequenzen von äußerst brutalen Festnahmen, „Beispiele dafür, dass nicht alle Männer bereit sind, für ihr Land zu kämpfen“. Tatsächlich haben die Videos aber nichts mit Zwangsrekrutierungen zu tun, sondern zeigen unter anderem die Festnahme eines russischen FSB-Spions. Die Videos dürften über prorussische Kanäle verbreitet worden sein.
Von Faktencheckern und Journalisten auf den Fehler hingewiesen, antwortete die ORF-Pressestelle – auch auf taz-Anfrage – zunächst pampig. „Dem ORF russische Propaganda zu unterstellen, ist absurd und richtet sich von selbst.“ Die betreffenden Videos habe der Sender „über eine verlässliche und vertrauenswürdige Quelle erhalten“. Erst nach breiter medialer Kritik gestand der ORF den Fehler ein. Wie es dazu kam, gleich zwei Propagandavideos in einen nur zweiminütigen Beitrag einzubauen, erklärte er nicht. Auch eine entsprechende taz-Anfrage ließ er unbeantwortet.
Der Macher des Beitrags, Christian Wehrschütz, twitterte dazu inzwischen: „Der Fehler wird mir eine Lehre sein, der erste in 23 Jahren Korrespondent. An der Richtigkeit des Beitrags ändert der Fehler nichts!“ Wehrschütz ist seit 2013 der alleinige Ukrainekorrespondent des ORF. Bis 1983 schrieb er für die rechtsextreme Zeitschrift Aula. Seit 1991 ist er beim zur Objektivität verpflichteten ORF. Bis 2002 war er Mitglied der prorussisch auftretenden FPÖ.
Beobachter vermuten prorussische Haltung
Wehrschütz sah sich infolge seines Fehlers veranlasst, seine Kontakte in die größte Zeitung Österreichs spielen zu lassen. Noch am Freitag erschien sein „Brief an die Krone-Leser“, in dem er erklärt, „der Vorwurf einer prorussischen Haltung“ sei „einfach nur falsch und böswillig“. Eine solche vermuten viele Beobachter sehr wohl. Am 26. Februar 2022 veröffentlichte er einen Cartoon auf Basis von „Tom und Jerry“ auf seiner Facebookseite, der eine Kriegsschuld der Nato nahelegt.
Darin haut die Maus „Nato“ der schlafenden Bulldogge „Russland“ mit einem Holzscheit auf den Hintern und drückt den Scheit dann Kater „Ukraine“ in die Hand. Auch 2018 fiel Wehrschütz bereits auf. Damals verlor Wehrschütz wegen „antiukrainischer Propaganda“ seine Einreiseerlaubnis und erhielt sie nur auf diplomatischen Druck Österreichs zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe