Projekt „Hystore“ in Schleswig-Holstein: Öl raus, Wasserstoff rein
Im Kreis Dithmarschen soll ein großer Speicher für Wasserstoff entstehen. Doch auch Wirtschaftsminister Habeck räumt Probleme mit der Bürokratie ein.
Im Projekt „Hystore“ soll Energie aus Wind- oder Solaranlagen in Wasserstoff umgewandelt und unterirdisch in Salzhöhlen gespeichert werden, dabei soll bereits beim Ausbau dieser Kavernen Öko-Strom entstehen. Das größte Problem bei der Umsetzung ist jedoch nicht die Technik, sondern die Bürokratie, hieß es beim Termin mit Habeck. Er lobte das Projekt als faszinierend, weil Techniken, die bisher für fossile Energie genutzt wurden, nun für erneuerbare eingesetzt würden.
Im Untergrund unter Hemmingstedt befindet sich eine Salzschicht, in der in Kavernen Öl oder Gas lagert. Diese Kavernen sind mehrere Hundert Meter tief und gerade künstliche Höhlen, die im Querschnitt Tropfkerzen ähneln. Erzeugt werden sie, indem von oben Wasser in ein Bohrloch gegossen wird. Das Salz löst sich darin auf, die Lauge wird nach oben gepumpt und kann in die Nordsee geleitet werden. Passiere das langsam und kontrolliert, sei damit kein Umweltrisiko verbunden, so die Betreiber. Denn die Nordsee als ohnehin salziges Gewässer kann das Extra-Salz aufnehmen – anders als etwa die Werra, in die der Bergbaukonzern K+S seit Jahren Kali-Salz einleiten darf, zum Schaden der an Süßwasser angepassten Tiere und Pflanzen des Flusses.
Statt Öl lässt sich auch Wasserstoff in die Höhlen zwischenspeichern. Das sei ein zentrales Thema für die Energiewende, sagte Habeck, der zum Startschuss des „Hystore“-Projekts nach Dithmarschen gereist war: „Für die Phasen, in denen Sonne oder Wind nicht ausreichen, muss Wasserstoff als Energieträger vorrätig sein.“
Robert Habeck (Grüne), Bundeswirtschaftsminister
Bereits 2006 hatte BeBa Energie – die Abkürzung leitet sich vom Namen des Gründers Bernd Bartels ab – auf die Wasserstoff-Karte gesetzt und eine entsprechende Lager-Konzession beantragt. Für den Bau neuer Kavernen arbeitet das Unternehmen mit der dänischen Firma Salt Power zusammen. Die hat ein Verfahren entwickelt, um bei diesem Prozess, dem „Solen“, Energie zu gewinnen.
Genutzt werde die natürliche Osmose, erklärt Salt-Power-Geschäftsführer Lars Storm Pedersen: „Wie Zucker den Saft aus Erdbeeren zieht, wird Wasser von einem stärkeren Salzgehalt angezogen.“ Dieser Wasserfluss kann eine Turbine betreiben. Das Solen, bei dem im Lauf mehrerer Jahre eine Höhle von etwa 6.000 Kubikmetern entsteht, wird dadurch Energie-positiv.
Salt Power hat bereits eine Anlage in Dänemark gebaut und will die Technik nun erstmals in Deutschland einsetzen. Für die Herstellung von Energie aus Sonnen- oder Windkraft ist das Unternehmen GP Joule am Projekt beteiligt.
Doch bis tatsächlich der erste Wasserstoff unter Hemmingstedt eingelagert werden kann, vergehen noch Jahre. Etwa 2026, so schätzen es die Beteiligten, soll es soweit sein – frühestens. „Der längste Prozess wird dabei das Genehmigungsverfahren sein“, sagte Ove Petersen, Mitbegründer und Geschäftsführer von GP Joule. Es seien auch noch nicht alle gesetzlichen Fragen geklärt.
Auch das war ein Grund, Habeck nach Dithmarschen einzuladen, denn zurzeit wird in Berlin über das sogenannte Wasserstoff-Kernnetz beraten. Als „Autobahn für Wasserstoff“ beschrieb Habeck das Leitungsnetz, das sich durch ganz Deutschland erstrecken soll. Zulieferer wie BeBa in Hemmingstedt sollen „Zufahrten“ haben, um ihren gespeicherten Wasserstoff in die „Autobahn“ zu leiten. Unternehmen, die Energie brauchen, sollen sie von dort abnehmen können.
„Wasserstoff ist zentral, um Industriezweige auf dem Weg zur Klimaneutralität zu dekarbonisieren. Daher muss die notwendige Infrastruktur von Anfang an mitgedacht werden“, heißt es auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums. Dazu arbeitetet die Koalition zurzeit an einem Wasserstoffnetzbeschleunigungsgesetz, das eben diesen Netzausbau voranbringen soll. Wann es kommt, ist bislang aber noch fraglich.
Für die drei Projektpartner von „Hystore“ ist unter anderem wichtig, dass das Thema Speicher in das Gesetz aufgenommen wird und nicht ausgelassen wird. Generell erhoffen sich die Beteiligten, dass es rascher vorangehe mit den Verfahren. Wobei das kein deutsches Problem sei. „Auch in Dänemark ist das aufwändig“, sagte Salt-Power-Vertreter Pedersen. „Europa insgesamt muss da besser werden.“
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