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Prognose zum GrundwasserspiegelSchon 2 Grad plus sind zu viel

Alle pessimistischeren Szenarien des Weltklimarats bedeuten vor allem für Deutschlands Norden und Osten weniger verfügbares Grundwasser.

Brandenburg erlebt jetzt schon heftige Trockenzeiten: Bett der Schwarzen Elster im Sommer 2019 Foto: dpa

Berlin taz | „Egal welches Szenario wir betrachten: Die Grundwasserbestände werden abnehmen, und das steht im klaren Zusammenhang mit den weltweiten Treibhausgasemissionen“, lautet Andreas Wunschs wichtigste Erkenntnis. Der Wissenschaftler arbeitet am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und ist Erstautor der ersten flächendeckenden Prognose für den Grundwasserspiegel in Deutschland im Jahr 2100.

Zusammen mit KIT-Kollegin Tanja Liesch und Stefan Broda von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hat Wunsch die pessimistischen Klimaszenarien des Weltklimarats daraufhin untersucht, wie sich in ihnen die Grundwasserversorgung in Deutschland entwickelt. Ergebnis: Selbst wenn die Erderwärmung auf maximal 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zustand begrenzt werden könnte, sinkt der Grundwasserspiegel.

Das Szenario mit bis zu 5 Grad Erhitzung hätte starke Dürren und „signifikant sinkende Grundwasserspiegel“ zur Folge. „Vor allem für die nahe Zukunft sind die Ergebnisse dieser Prognose am relevantesten, da dieses Szenario der heutigen Situation am nächsten kommt“, so Tanja Liesch. In allen Szenarien wären Nord- und Ostdeutschland am stärksten betroffen.

Berechnet wurden die Modelle mithilfe von sogenanntem Machine Learning: Das Programm lernt Zusammenhänge selbstständig aufgrund von relativ wenigen Daten aus der Vergangenheit und entwickelt Prognosen anhand der Informationen über den voraussichtlichen Niederschlag und die Temperatur.

10 Zentimeter können schon reichen

Deutschland sei grundsätzlich ein wasserreiches Land, sagt Wunsch, doch regional habe es etwa in Brandenburg schon in den letzten Jahren Probleme gegeben. Die Grundwasserbestände in Deutschland würden nicht „meterweit absacken“, meint der Forscher. „Aber 10 bis 30 Zentimeter reichen oft schon, damit Pflanzen beispielsweise mit ihren Wurzeln nicht mehr ans Wasser kommen.“ Auch die Trinkwasserversorgung werde erschwert, schließlich werde dieses zu 70 Prozent aus Grund- und Quellwasser gewonnen.

Nicht nur der Klimawandel, auch direkte menschliche Faktoren spielen eine Rolle: „Die menschliche Grundwasserentnahme zum Beispiel oder erhöhte Bewässerung aufgrund von Hitze werden einen zusätzlichen starken Einfluss auf Veränderungen im Grundwasserspiegel haben, mit Sicherheit die Prognose um ein Vielfaches übersteigen“, meint Wunsch. Diese Effekte seien noch nicht mitberechnet.

Die For­sche­r:in­nen empfehlen, Grundwasser etwa über Flüsse und Gewässer lokal künstlich anzureichern, wie jetzt schon im Hessischen Ried. Die wichtigste vorbeugende Maßnahme aber sei, den Klimawandel so stark wie möglich einzudämmen.

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19 Kommentare

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  • Bei uns werden schon die ersten Waldbrandwarnungen rausgegeben. Für März ist es definitiv zu trocken, es gab ja auch keinen Schnee als Wasservorrat. Und wenn hier öfter mal wieder von Mai bis September so gut wie kein Regen fällt, wie 2019 und 2020, können wir irgendwann unser Trinkwasser mit Kanistern beim THW holen.

  • Die tatsächliche Ursache für die zeitweise Austrocknung der schwarzen Elster findet man bei WIKIPEDIA unter "Schwarze Elster".



    Ist leider ein sehr langer Artikel.



    Zum Glück hat man hier das Problem erkannt und es gab schon vereinzelte Maßnahmen, die Wasserhaltefähigkeit aus der Zeit vor den Entwässerungsarbeiten wieder herzustellen.

  • Außerdem muss man Herrn Habeck von den GRÜNEN die Füße küssen, dass er in Erwägung zieht, Flüssiggas aus den USA mit mit Schweröl betriebenen Tankern über den Atlantik schippern zu lassen, um Russland auszubremsen. Aber die GRÜNEN schlucken ja alles, wenn's dem Machterhalt dient. Wenn's um Politik geht, muss der Klimawandel eben warten.

  • Deshalb ist es auch ein wunderbarer Gewinn, dass Tesla ausgerechnet im Osten Brandenburgs ein Elektroauto- nebst Batteriewerk erbaut und in einem Trinkwasserschutzgebiet Millionen Liter wasser entnehmen wird. Das nenne ich mal nachhaltig. Da können sich die Brandenburger Politiker aus SPD und GRÜNEN mal so richtig auf die Schulter klopfen. Danke sehr!!!

    • @Zelter:

      Wer braucht schon Trinkwasser aus dem Brandenburger Forst? Mineralwasser kommt schließlich aus dem Supermarkt. Und zum Transportieren braucht mensch ein E-Auto. ;-S

  • Ich habe es 2018 zum ersten Mal erlebt, dass Bäche einfach trocken fallen, und dies in einem kleinen Flämingstädtchen das von Quellgebieten umgeben ist. Also direkt vor der Haustür. Dann 2019 und 2020 hat es sich wiederholt. Klimawandel ist real.

  • Ich habe meinen Schrebergarten im Nordosten (MV) und die Pumpe hat die letzten 3 Jahre schon mitte Gartensaison Sand gepumpt und es gab Verbote den Rasen zu sprengen. So knisterte das schöne Braun unter den Füßen immer.

    Hier wurde nichts gebaut oder verändert, alles wie immer und trotzdem wurde es mit jedem Jahr weniger Regen, mehr Hitze. Mehr Nachbarn stellten sich Pools auf.

    Seit letztem Jahr bauen sie in der Nachbarschaft ein großes Spa um noch mehr Tourisen anzulocken in den eh überlaufenen und trockenen Monaten.

  • Mir ist diese Argumentation zu einfach: Der Klimawandel ist schuld. Was ist denn mit der zunehmenden Flächenversiegelung durch Wohnungsbau und dem daurch bedingten Abfluss des Regenwassers ohne Versickerung? Dem Abbau der Querbauwerke in kleinen Flüssen und Bächen, der dadurch hervorgerufenschnelle Abfluss, Tiefenerosion und Grundwasserabsenkung_?Zunehmndem Wasserverbrauch? Alles Faktoren die einen großen Einfluß haben hier aber nicht mal erwähnt werden. Zu den Querbauwerken die abgebaut werden (Renaturierung) sein noch erwähnt dass ein natürlicher Bach / Fluss jede Menge Stauwehre hat, nämlich die Biberdämme die der Mensch aber durch Ausrottung der Biber abgeschafft und mittlerweile auch vergessen hat. Einschließlich der Wissenschaft, die "natürliche" Fließgewässer ohne Biberdämme postuliert.

    • @Gerald Müller:

      Sie sollten nicht einen sehr kurzen Zeitungsbericht mit der dahinter stehenden Untersuchung verwechseln. Die Wissebschaftler haben dort sicher erwähnt, was sie einbezogen haben und was nicht. Gerade die Querverbauungen werden nur dann entfernt, wenn sich eine Naturverbesserung durch Durchgängigkeit ergibt. Natürlich wird untersucht, ob eine Rückstauung sinnvoll ist oder nicht. Wenn Rückstau sinnvoll ist, wird eine Sohlschwelle belassen, die natürliches Leben ermöglicht und das Grundwasser nicht durch Eintiefung senkt. Ich bin selbst kein Wissenschftler, aber Techniker, der sich in der Energiewende immer wieder wundern muss, für wie blöd die handelnden Personen von Möchtegernfachleuten gehalten werden. Als Anschauungsbeispiel sei erwähnt, dass ich als Jugendlicher dacht, welch Unsinn, dass Dampf in Kraftwerken auf 25°C abgekühlt wird, aber das hat pysikalisch absolut Sinn wie ich inzwischen weiß.

      • @Tobias Aigner:

        Herr Aigner, die Grundwasserabsenkungen bei der Entfernung von Querbauwerken sind doch bekannt. Eine Sohlschwelle wird nornalerweise ebenfalls eine Absenkung zur Folge haben,weil der Abflusswider stand verringert wird. Den Geseamteffekt der Renaturierungen konnten wir doch letytes Jahr and er Ahr shen (über 100 Querbauwerke wurden rücgkebaut, was den Rückhalt verringert und den HW-Abfluss erleichtert hat.



        Und, wie ich in meinem post erwähnt hatte, natürliuche Bäche und Flüsse haben jede Menge Stauwehre, nämlich die Biberdämme, die bis zu 5 m hoch sein können. Sohlschwellen kommen da nicht mit..

  • RS
    Ria Sauter

    Und in genau dieses Gebiet baut man eine Teslafabrik, die enorm viel Wasser benötigt.



    Schön, wenn wir umweltbewusst und steuerlich gefördert, die Katastrophe beschleunigen.

    • @Ria Sauter:

      ... und konsequenterweise werden bis Ende 2022 E-Autos mit bis zu 9000 € gefördert. Laut ecomento/Welt am Sonntag rechnet die "Unternehmensberatung EY [...] in einer der Welt am Sonntag vorliegenden Analyse für 2022 mit einem Elektro-Marktanteil von 32 Prozent an allen Neuzulassungen. Das würde 1,18 Millionen neuen Elektroautos entsprechen." [1] Bisher hat die Regierung 2,09 Milliarden Euro an Förderung vorgesehen.[2] Zumindest können sich Wohlhabendere mit E-Autokauf also ein vermeintlich grüneres Gewissen kaufen. ;-) Wer genau hinguckt, sieht dann aber die klaffenden Lǘcken und Schräglagen. Warum werden nicht 2,09 Milliarden (und mehr) in ÖPNV etc. investiert als in neue Autos (und Autofabriken)?



      [1] ecomento.de/2021/1...-prozent-prognose/



      [2] www.bundesregierun...mweltbonus-1692646

      • @Uranus:

        Förderung des ÖPNV würde ja den einfachen Plebs begünstigen. Die Wähler der Grünen holen aber inzwischen mit Elektro-SUV den Biowein beim Erzeuger persönlich ab, spenden monatlich 5,- EUR für Flüchtlinge, häkeln Topflappen für den Eineweltbasar und den Frieden und trinken Fairtradecappuccino aus Alupads, die handsortiertem Recycling unterliegen.

        • @Zelter:

          Ich bin Wählerin der Grünen- mensch hatte ja kaum eine Wahl- lebe, Vermieter sei Dank, unter dem deutschen (!) Existenzminimum, fahre Fahrad, ÖPNV, ernähre mich vorwiegend vegan, fahre nicht in den Urlaub, nutze Ökostrom, müsste noch mehr tun!

        • @Zelter:

          "Die Wähler der Grünen holen aber inzwischen mit Elektro-SUV den Biowein beim Erzeuger persönlich ab, spenden monatlich 5,- EUR für Flüchtlinge, häkeln Topflappen für den Eineweltbasar und den Frieden und trinken Fairtradecappuccino aus Alupads, die handsortiertem Recycling unterliegen."

          Wow, kennen Sie wirklich solche Leute oder haben Sie einfach nur Lust, eine riesige Klischee-Schaubladen zu öffnen und wieder zuzuknallen?

  • Nur mal so an die KIT Leute: abgesehen von bestimmten Grünlandflächen haben die wenigsten Ackerfrüchte (inkl. Gemüse) Anschluss an das Grundwasser. Sie Leben von der Hand in den Mund und sind auf die Speicherfähigkeit des Oberbodens angewiesen.

    Weiter findet sich leider kein Hinweis auf die grösste Reserve die wir nutzen könnten: das Abwasser der Städte und Kommunen. Einfach mal nach Israel schauen.....

    • @Heiner Petersen:

      Es war nirgends die Rede von Ackerfrüchten, sondern von Pflanzen, Pflanzen allgemein. Dazu gehören übrigens auch Bäume.

      Ich wohne im hessischen Ried. Hier ist das Grundwasser in den letzten Jahren dermaßen gesunken, so dass sogar hundertjährige Buchen nicht mehr an das Wasser kommen und massenhaft absterben. Millionen von Euro werden jährlich von Hessen Forst in die Wiederaufforstung mit trockenheitsverträglicheren Baumarten gesteckt, aber die Setzlinge gehen schneller ein, als man pflanzen kann. Im Wald gibt es auch keine Wasserstellen mehr, und das Wild muss seinen Durst mit Blättern von jungen Bäumen stillen.



      Das Grundwasser wird nach Frankfurt und Darmstadt gepumpt, soviel kann es gar nicht regnen.

      Was die Landwirtschaft betrifft, wäre ein sparsamerer Umgang mit Wasser wünschenswert. Beregnungen sind bei großer Hitze ineffektiv, da der größte Teil des Wassers verdunstet. Mit Tropfleitungen wären die Verluste geringer, aber das kostet ja Geld, das der Verbraucher (hauptsächlich die Lebensmittelindustrie und Discounterketten) nicht bezahlen wollen.

    • @Heiner Petersen:

      Ähm, wo steht was von Ackerpflanzen?



      Die Autoren sprechen, wenn überhaupt davon, dass Bewässerung das Grundwasser weiter absenken könnte/ wird.

      Oder ist eine Grundwasserspiegelabsenkung kein Problem?

    • @Heiner Petersen:

      Muss man Verständnis haben, das sind ja Fachleute fürs Grundwasser und nicht für die Landwirtschaft.



      Über den Tellerrand schauen ist eine Disziplin, die akademisch (zu) selten gelehrt wird;-)