Professor zu Futterproduktion: Ist Menschenrechte verletzen okay?
Arme Staaten verlören Wettbewerbsvorteile, wenn sie Arbeitsbedingungen verbessern, sagt der Agrarökonom Michael Schmitz. Er erntet Widerspruch.
„Ansonsten führen wegbrechende Exportgeschäfte zu einem ernsthaften Entwicklungshemmnis, das zu weniger Einkommen und Beschäftigung und zu mehr Hunger und Armut führen kann“, heißt es in dem Text, dem zum Beispiel die beiden größten Internetportale der Branche, agrarheute und top agrar, sowie der Blog „Bauer Willi“ eigene Beiträge widmeten.
So argumentierte Schmitz gegen das geplante Lieferkettengesetz, mit dem Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) deutsche Firmen zum Schutz der Menschenrechte bei ihren ausländischen Zulieferern verpflichten wollen. Müller und Heil streben an, dass geschädigte Zulieferer-Beschäftigte hierzulande deutsche Unternehmen verklagen können, die gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen haben. Die Entwicklungsorganisation Oxfam ruft gerade zu E-Mails an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) auf, der das Gesetz blockiere.
„Es ist abzusehen, dass solche Auflagen die Importgeschäfte nicht nur verteuern, sondern vermutlich auch einschränken“, warnte Agrarökonom Schmitz in seinem Text. „Das betrifft vor allem Futtermittelimporte aus Südamerika und Obst- und Gemüseimporte aus verschiedenen Entwicklungs- und Transformationsländern.“ Der Artikel trägt den Titel „Die deutsche Landwirtschaft im ‚perfekten Sturm‘“ und warnt wegen der EU-Pläne für mehr Arten- und Klimaschutz vor einem „grünen Generalangriff“ auf die Branche.
Ein „Bauer Willi“-Leser kritisierte Schmitzʼ Worte als menschenverachtend. „Die Argumentation ist also: Die sind halt noch nicht so weit, dass sie die gleichen Menschenrechte verdient haben wie wir, also lass sie mal machen?!“
Monsanto-Konzern bezahlte Studien
„Menschenrechtsverstöße und Umweltzerstörung durch Unternehmen sind nie und in keiner Weise zu rechtfertigen“, sagte Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz mehrerer Entwicklungs- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften, der taz zu Schmitzʼ Artikel. „Andere Länder haben bereits vergleichbare Gesetze – und es gibt keinerlei Belege dafür, dass sich in der Folge Unternehmen aus bestimmten Regionen zurückgezogen oder Lieferbeziehungen gekappt hätten.“ Viele Rohstoffe gebe es nur in wenigen Ländern in der erforderlichen Menge und Qualität.
Auch das Arbeitsministerium wies Schmitzʼ Behauptung zurück, das Lieferkettengesetz könne die Entwicklung armer Staaten hemmen. Im Gegenteil: Unternehmen an Produktionsorten, die Mindeststandards gewährleisten, hätten einen Wettbewerbsvorteil, wenn die Nachfrage nach fair produzierten Waren wegen Vorschriften wie dem geplanten Gesetz steige.
Schmitz ist immer wieder durch Auftragsarbeiten für die Agrarindustrie aufgefallen. 2019 zog das Journal für Kulturpflanzen zwei Aufsätze von ihm über das Pestizid Glyphosat zurück. Er hatte nicht offengelegt, dass der Glyphosat-Hersteller Monsanto ihn für die Texte bezahlt hatte. Sie wurden als Argumente genutzt, das Mittel weiter einzusetzen, das laut Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation „wahrscheinlich krebserregend“ ist. Schmitz verteidigte sich, die Finanzierungsquellen spielten keine Rolle für die Qualität der Texte.
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