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Pressefreiheit in SüdkoreaReporter muss draußen bleiben

Die Friedensgespräche zwischen Süd- und Nordkorea dauern an. Einem aus Nordkorea geflohenen Journalisten wird dabei ein Maulkorb verpasst.

Cho Myoung Gyon (l.), Südkoreas Vereinigungsminister und sein nordkoreanischer Amtskollege Ri Son Gwon (r.) Foto: dpa

Seoul taz | Am Montag haben sich erneut hochrangige Delegationen von Süd- und Nordkorea zu Arbeitsgesprächen am Waffenstillstandsort Panmunjeom getroffen. Kurz vor Beginn der Gespräche hat Südkoreas Vereinigungsministerium einen akkreditierten Reporter vom Pressezentrum in der entmilitarisierten Zone ausgeschlossen.

Bei dem betroffenen Journalisten handelt es sich ausgerechnet Kim Myeong Sung, der ursprünglich aus Nordkorea stammt. Wie mittlerweile über 31.000 Flüchtlinge hat Kim im Süden eine neue Heimat gefunden – und zudem eine Anstellung bei Chosun Ilbo, der mit 1,2 Millionen verkauften Exemplaren größten Tageszeitung des Landes. Dort wird nicht nur seine Expertise aus erster Hand geschätzt. Auch dass er aufgrund seiner traumatisierenden Erfahrungen in Nordkorea einen aktivistischen Groll gegen das Regime hegt, passt in dessen rechtskonservative Blattlinie.

Südkoreas Journalisten haben den beispiellosen Ausschluss ihres Kollegen unverzüglich in einer gemeinsamen Stellungnahme als „schwerwiegenden Verstoß gegen die Pressefreiheit“ verdammt. In der Tat liegt der Verdacht nahe, dass die Regierung in Seoul ein essenzielles demokratisches Gut unterdrückt, um das Regime in Pjöngjang im Zuge der jüngsten Annäherung nicht zu vergrämen. Dieses diffamiert schließlich seine Fahnenflüchtlinge als „kriminelle Verräter“ und sperrt zurückgelassene Familienangehörige oft für Jahre in Umerziehungslager.

Das Seouler Wiedervereinigungsministerium berief sich bei seiner Entscheidung auf „Sicherheitsgründe“, ohne diese jedoch näher auszuführen. Kim Myeong Sung sei „weithin für seine Aktivitäten bekannt“, heißt es diffus bei einem Ministeriumssprecher.

Hochemotionales Thema

Und: Die Entscheidung wurde allein aus eigenen Stücken getroffen, von nordkoreanischer Seite hätte es keinen Druck gegeben. In einem anonymen Hintergrundgespräch mit einem anderen Beamten des Wiedervereinigungsministeriums lässt sich jedoch heraushören, dass Südkorea dem nördlichen Nachbarn sehr wohl „keine Probleme“ verursachen möchte.

Der betroffene Journalist selbst hat sich in einem ersten Interview mit der BBC zutiefst enttäuscht gezeigt: „Wir nordkoreanischen Flüchtlinge sind südkoreanische Staatsbürger. Ich fühle mich wehrlos und habe Angst, dass mich meine Regierung im Ernstfall nicht schützen würde.“

Im demokratischen Südkorea ist das Thema Pressefreiheit ein hochemotionales Thema. Jahrzehntelang haben Militärdiktatoren versucht, die Redaktionen des Landes mundtot zu machen. Seit den ersten freien Wahlen 1987 hat sich schließlich eine politisch hochpolarisierte Presselandschaft entwickelt, deren Berichterstattung nicht selten an Aktivismus grenzt.

Kollegen sprechen von einem schwerwiegenden Verstoß gegen die Pressefreiheit

Vor allem die zwei vorherigen konservativen Präsidenten, die beide auf Grund von Korruptionsfällen mittlerweile zu jahrzehntelangen Haftstrafen verurteilt wurden, übten massiv Druck auf den öffentlichen Rundfunk aus. Mehrere kritische Reporter wurden unter beliebigen Vorwänden gefeuert oder in apolitische Ressorts versetzt.

Unter dem linksgerichteten Moon Jae In hat sich die Situation merklich verbessert: In nur einem Jahr ist das Land im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen vom 63. auf dem 43. Platz geklettert, damit liegt es praktisch gleichauf mit Taiwan und sogar zwei Plätze vor den USA. Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Park Geun Hye stellt sich Moon in einigermaßen regelmäßigen Abständen den – vorher nicht eingereichten – Fragen der Presse.

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