Preisverfall für Schweinefleisch: Zu exportabhängig
Der Preissturz wegen der Afrikanischen Schweinepest zeigt: Die Bauern müssen unabhängiger vom Export werden. Das würde auch Umwelt und Tieren nützen.
D en deutschen Schweinehaltern geht es so schlecht wie lange nicht: Wegen der Ausfuhrverbote infolge der Afrikanischen Schweinepest ist der Preis für die Schlachttiere drastisch und noch weiter unter die Kosten gefallen, die die Bauern haben. Diese und andere exportbedingte Krisen zeigen: Die deutsche Agrarbranche muss dringend ihre Abhängigkeit vom Weltmarkt reduzieren.
Ungefähr die Hälfte der deutschen Schweinefleischproduktion geht ins Ausland, rund 10 Prozent an den größten Abnehmer China. Anders als von der Branche behauptet, kauft die Volksrepublik laut dem bundeseigenen Thünen-Agrarforschungsinstitut nur zu einem Drittel Teile wie Pfoten oder Köpfe, die hierzulande niemand essen will. Doch seit vergangener Woche lehnen China und die meisten anderen Nicht-EU-Staaten Lieferungen ab, weil Deutschland nicht mehr als schweinepestfrei gilt.
Auch die deutsche Milchindustrie verkauft nach eigenen Angaben rund die Hälfte ihrer Produktion ins Ausland. Im Jahr 2014 verfielen die Milchpreise, weil Russland wegen des Ukrainekonflikts einen Importstopp verhängte.
Solche Abhängigkeiten tun weder den Bauern noch der Umwelt gut. Um auf den Weltmärkten mitzuhalten, produzieren die Landwirte so billig wie möglich. Deshalb wollen sie die oft tierquälerischen Haltungsbedingungen nicht verbessern und auch nicht die Wasserbelastung durch Gülle reduzieren. Gleichzeitig unterliegen immer mehr Bauern im Wettbewerb: In den vergangenen 10 Jahren ging die Zahl der Betriebe laut Statistischem Bundesamt um 39 Prozent zurück.
Klasse statt Masse
Die Lösung: Klasse statt Masse. Deutschland muss weniger exportieren und weniger Tiere halten, dafür aber mit mehr Tier- und Umweltschutz. Damit die Preise nicht zu stark steigen, sollten die Agrarsubventionen für solche Zwecke umgeschichtet und eine Tierwohlabgabe einführt werden. Eine obligatorische Kennzeichnung der Haltungsbedingungen sollte Verbraucher dazu veranlassen, Qualfleisch zu meiden. Und die EU sollte ihre Importzölle erhalten und, falls nötig, ausbauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“