Präsidentschaftswahl in Israel: Saubere Wahl
Israels künftiger Präsident Herzog will Brücken bauen. Der frühere Chef der Arbeitspartei könnte dafür genau der richtige sein.
M it feuchten Augen kommentierte Jitzchak Herzog seine Wahl zum israelischen Staatspräsidenten. Er war lange als Weichling verrufen und stammt aus politischem Adel. Er folgt den Spuren seines Vaters Chaim Herzog, der in den Jahren 1983 bis 1993 Staatschef war. Man will sich mit ihm freuen. Er ist ein aufrechter Mann, der einst glücklos als Chef der Arbeitspartei in den Wahlkampf zog und gegen den konservativen Benjamin Netanjahu verlor.
Die Knesset wählte ihn mit ungewohnt klarem Votum. Netanjahus Gratulation nahm er nicht ohne Spitze entgegen. Er werde gern mit jeder Regierungskoalition zusammenarbeiten, egal welcher Couleur. Das war schon beinah demonstrative Freude über Netanjahus erwartbares Aus.
Herzog hatte leichtes Spiel. PolitikerInnen, die ihm ernsthaft hätten Probleme bereiten können, traten nicht an. Einzige Gegenkandidatin blieb am Ende eine ehemalige Lehrerin, die ganz frisch im Abgeordnetenhaus ist. Sie konnte gegen den langjährigen Politiker nur damit punkten, dass sie Mutter zweier gefallener Söhne ist und eben eine Frau. Sie wäre die erste Staatspräsidentin Israels gewesen. Zu wenig für das hohe Amt.
Auch Netanjahu soll kurzfristig mit dem Gedanken gespielt haben, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, das ihn aus den Fängen der RichterInnen hätte retten können. Wie gut, dass Israel Netanjahu als Staatschef erspart geblieben ist und er sich nun hoffentlich bald einem gerechten Urteil stellen muss. Als Präsident hätte er weiter Unheil anrichten, das Volk spalten und gegen Minderheiten und Andersdenkende hetzen können.
Das Gegenteil ist nun die wichtigste und gleichermaßen schwierigste Mission Jitzchak Herzogs. Er wird sich mit großer Behutsamkeit auf inländischem Parkett bewegen. Im Ausland hingegen muss man mit klaren Worten vom heutigen Chef der Jewish Agency rechnen, wenn es um den Kampf gegen den Antisemitismus geht, der sein hässliches Gesicht in diesen Wochen wieder offen auf deutschen und europäischen Straßen zeigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin