Porträt Ursula von der Leyen: Merkels Trumpf

Nun nach Brüssel zu gehen, mit noch mehr Macht, noch größeren Herausforderungen, wäre vermutlich ganz nach Ursula von der Leyens Geschmack.

Ursula von der Leyen lächelt

Geht von der Leyen heim nach Brüssel? Foto: ap

Eines wollte Ursula von der Leyen nie werden: Bundesgesundheitsministerin. Sie ist zwar Medizinerin, und auf Landesebene war die politische Quereinsteigerin auch mal kurz niedersächsische Gesundheits- und Sozialministerin. Aber seit sie 2005 in die Bundespolitik gegangen war, hat sie Angela Merkel stets verklickert: Nicht dieses Ressort! Sonst bin ich „wech“. Stattdessen wurde sie Familien-, Arbeits- und zuletzt Verteidigungsministerin. Riesenressorts mit Riesenbudgets.

Nun ist Ursula von der Leyen am Dienstag im Gespräch für den Posten der Kommissionspräsidentin in Brüssel gewesen. Ihre Vertraute Angela Merkel könnte mit dieser Personalie gleich mehrere Trümpfe ausspielen. Sie hätte sich mit einer Deutschen auf dem EU-Spitzenposten durchgesetzt. Sie würde eine harte Arbeiterin installieren. Und sie räumte auf diese Weise einen einflussreichen Kabinettsposten frei – wie seit Monaten zu hören ist, braucht ihre Nachfolgerin im Amt der Parteivorsitzenden dringend ein Regierungsamt.

Für Ursula von der Leyen selbst dürfte ein möglicher Gang nach Brüssel sich wie Nachhausekommen anfühlen. Die 60-Jährige ist in Brüssel geboren. Ihr Vater, der frühere niedersächsische CDU-Ministerpräsident Ernst Albrecht, startete seine politische Karriere dort. Ihre Mutter, eine Germanistin, versorgte den Haushalt. Es waren die sechziger Jahre – und ein konservativer CDU-Haushalt.

Ursula von der Leyen und ihre sechs Geschwister besuchten in Brüssel die Europaschule, sie spricht fließend Französisch und Englisch. In einem taz-Interview im Jahr 2014 erinnerte sie sich vor allem an das Shetlandpony ihrer Brüsseler Kindheit. „Das war so hoch wie breit. Das habe ich geliebt.“

Mit Liebe nichts mehr zu tun

Mit Liebe hat von der Leyens politische Arbeit heute nichts mehr zu tun. Sie gilt als harte Chefin, die Bremser entsorgt und Treiber in­stalliert. In ihrer Partei, der CDU, wird die Merkel-Vertraute eher geduldet als gemocht. Bei den Vorstandswahlen holt sich die Niedersächsin regelmäßig maue Ergebnisse ab. Schlechte Vorbereitung lässt sie nicht durchgehen, private Probleme von MitarbeiterInnen werden hingegen toleriert.

Ihre eigene selbstsichere Art wurde auf eine harte Probe gestellt, als sie vor einigen Jahren gegen Plagiatsvorwürfe bei ihrer Doktorarbeit zu kämpfen hatte. Sie gewann das Verfahren. Auch als Verteidigungsministerin stand sie permanent in der Kritik, vor allem alte Militärs bescheinigten ihr zu viel Menschelei. Dabei ist das nun gerade nicht ihre Stärke. Tatsächlich hat sie, vor allem mit der Berateraffäre, Fehler gemacht.

Sie selbst kennt sich mit den Fährnissen des Lebens gut aus. Ihre Schwester starb jung. Und als ihr Vater Ernst Albrecht pflegebedürftig geworden war, nahm sie ihn in ihr Haus auf. Die gesamte Familie pflegte ihn bis zu seinem Tod vor fünf Jahren. Nun nach Brüssel zu gehen, mit noch mehr Macht, noch größeren Herausforderungen, wäre vermutlich ganz nach dem Geschmack der Ursula von der Leyen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.