Polizei verliert Maschinenpistole: „Das wird Konsequenzen haben“
In Niedersachsen sucht die Polizei eine MP5-Maschinenpistole samt Munition. Es ist die vierte Sicherheitspanne in kurzer Zeit.
Dass eine MP5 im Bestand fehlt, wurde laut Landespolizeipräsident Axel Brockmann nur durch eine anlasslose Stichprobe bemerkt. Der letzte Verweis auf den Verbleib der Waffe sei im November 2018 zu finden, als sie ausgeliehen und auch wieder zurückgegeben wurde. „Es gibt Defizite bei der Beachtung von Regeln und bei der Kontrolle“, sagte Brockmann.
„Der Vorfall ist nicht zu akzeptieren“, erklärte Pistorius. Der Verbleib müsse ständig registriert werden, Abhandenkommen müsste sofort gemeldet werden. Allerdings wurde die zuständige Polizeidirektion Lüneburg erst nach internen Untersuchungen informiert. Daraufhin wurden laut Brockmann sämtliche Waffenbestände der Polizeidirektionen durchsucht. Die Maschinenpistole konnte jedoch nicht gefunden werden. Die Überprüfung habe aber gezeigt, dass weitere Bestände vollständig seien, sagte Brockmann.
Anders als die persönliche Dienstwaffe ist eine MP5 keinem Beamten zugeordnet und wird als sogenannte Poolwaffe verwendet: Mehrere Polizisten nutzen die Waffe, die Beamten müssen den Erhalt und die Rückgabe quittieren. „Die Kontrollfunktion hat hier versagt“, sagte der Polizeipräsident. Es seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden, außerdem liefen strafrechtliche Ermittlungen. Der Vorfall werde Konsequenzen nach sich ziehen, sagte Brockmann.
Die oppositionellen Grünen und FDP nannte den Vorfall „erschreckend“. FDP-Fraktionschef Stefan Birkner kritisierte, dass der Innenausschuss über die vermisste MP5 erst jetzt informiert wurde. Auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel erklärte: „Wie und wann das Parlament informiert wird, können Groko, Innenministerium und Sicherheitsbehörden nicht willkürlich entscheiden.“ Als politischer Leiter der Behörde sei Pistorius in der Pflicht, die Sicherheitsprobleme öffentlich darzulegen.
Birkner sieht zudem systematische Mängel bei den Sicherheitsbehörden beim Umgang mit geheimen Daten. „Das ist ein Alarmsignal dafür, dass etwas in den Abläufen nicht in Ordnung ist“, sagte Birkner. „Die Pannenserie, die Minister Pistorius zu verantworten hat, ist mittlerweile deutlich zu lang.“
Denn die vermisste Maschinenpistole ist nicht die erste und nicht die einzige Panne im Landeskriminalamt: Einem LKA-Mitarbeiter wurde im August 2018 gegen Unterschrift ein als „VS-Vertraulich“ eingestuftes Dokument des Bundesamtes für Verfassungsschutz ausgehändigt – jedoch nie zurückgegeben. Dabei handele es sich um einen wöchentlichen Informationsbrief „BfV-aktuell“ mit der zweitniedrigsten von vier Geheimhaltungsstufen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
Von einem Angler aus einem Teich gefischt
Bekannt wurde der Fall erst durch eine Anfrage der FDP an die Landesregierung. Die Liberalen erfragten, ob es im Innenministerium geheime Akten gibt, deren Verbleib unklar ist.
Zudem war wenige Wochen zuvor einem Beamten der Polizeibehörde eine Aktentasche mit sensiblen Dokumenten aus seinem Privatwagen gestohlen worden. Diese wurde wenig später von einem Angler aus einem Teich gefischt.
Vergangene Woche wurden auch Sicherheitslecks beim niedersächsischen Verfassungsschutz bekannt. 2017 wurden aus Privatautos zweier Mitarbeiter der Behörde Diensthandys gestohlen. Zudem verschwand eine vertrauliche Akte, die sich laut einem Sprecher aber mittlerweile wieder in den Händen des Verfassungsschutzes befindet. Gegen einen Beamten wurde ein Verweis ausgesprochen.
Ende 2018 wurde aufgrund organisatorischer Mängel beim niedersächsischen Verfassungsschutz ein V-Mann enttarnt. Als Antwort auf ein Auskunftsersuchen hatte der Geheimdienst versehentlich sensible Informationen offengelegt. Behördenchefin Maren Brandenburger gab daraufhin ihren Rücktritt bekannt.
Eine Verkettung von Sicherheitsmängeln im organisatorischen Ablauf sieht Pistorius dennoch nicht: „Wir haben es hier mit einer Reihe von Einzelfällen in verschiedenen Behörden zu tun, die geschehen sind, obwohl die Regelungen klar sind“, sagte er am Donnerstag.
Wie die geheime Informationsbroschüre verloren gehen konnte, sollen jetzt Fachleute aufarbeiten. Das Innenministerium lasse Kontrollmechanismen des LKAs durch erfahrene Beamte aus anderen Behörden überprüfen, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Im LKA seien wegen der aktuellen Sicherheitspanne bereits Disziplinarverfahren gegen drei Personen eingeleitet worden. Eine dieser Personen wurde aus der Polizeibehörde in einen anderen Aufgabenbereich versetzt.
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