Politischer Mordfall Walter Lübcke: Zwei weitere Festnahmen
Die Polizei hat zwei Männer festgenommen, die die Tatwaffe beschafft haben sollen. Auch ein Waffendepot wurde ausgehoben.
Elmar J. soll 2016 die Tatwaffe verkauft haben, mit der Stephan Ernst Anfang Juni den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor dessen Haus in Wolfhagen-Istha erschossen haben soll. Markus H. wiederum soll den Kontakt zwischen beiden hergestellt haben. Die Wohnungen der Männer seien durchsucht worden, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Man werde Haftbefehle wegen „des dringenden Tatverdachts der Beihilfe zum Mord“ beantragen.
Zugleich hoben die Ermittler nach taz-Informationen in der Nacht zum Donnerstag ein Waffendepot von Ernst in einem Erdloch bei dessen Kasseler Arbeitgeber, einem Unternehmen für Fahrzeugtechnik, aus. Laut Süddeutscher Zeitung sollen dabei fünf Waffen gefunden worden sein – darunter eine Uzi und eine Pumpgun. Ob auch die Tatwaffe dabei war, blieb vorerst unklar.
Ein Sprecher von Ernsts Arbeitgeber bestätigte der taz am Donnerstag, dass es Ermittlungen der Polizei auf dem Firmengelände gegeben habe. Diese würden „in vollem Umfang unterstützt“. Weitere Angaben wollte der Sprecher nicht machen.
Mord war keine Spontantat
Ernst hatte am Dienstagnachmittag – nach anfänglichem Schweigen – den Mord an Lübcke gestanden. Offenbar gab er dort auch Hinweise zu den Waffen. Nach taz-Informationen hatte auch die Ehefrau von Ernst der Polizei bereits mitgeteilt, ihren Mann in der Vergangenheit mit einer Waffe gesehen zu haben.
Die aufgefundenen Waffen sprechen einmal mehr gegen eine Spontantat von Stephan Ernst. Nach taz-Informationen soll er in seinem Geständnis angegeben haben, es seien Aussagen von Lübcke auf einer Bürgerversammlung 2015 in Kassel-Lohfelden gewesen, die ihn zur Tat motiviert hätten. Lübcke hatte sich damals offensiv für eine Aufnahme von Geflüchteten ausgesprochen. Und erklärt: Wer diese Werte nicht teile, könne Deutschland ja auch verlassen
Ernst war bereits seit 1989 mit zahlreichen rechtsextremen Straftaten aufgefallen, darunter einem Anschlagsversuch mit einer Rohrbombe, eine Brandstiftung auf ein von Deutschtürken bewohntes Haus und ein Messerangriff auf einen Migranten. Seit 2009 aber soll sich Ernst laut Angaben der Sicherheitsbehörden unauffällig verhalten haben.
Genau in der Zeit aber legte er sich offenbar seine Waffen zu – unbemerkt von den Behörden. Zugleich war Ernst in einem Schützenverein aktiv – als Referent fürs Bogenschießen. Zugang zu Schusswaffen habe er dort nicht gehabt, versicherte der Vorsitzende des Schützenvereins der taz. Offensichtlich aber fand Stephan Ernst andere Wege, um an Waffen zu gelangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung