piwik no script img

Politik gegen die ErderhitzungKlimaklagen gegen Bundesländer

Nach dem Erfolg auf Bundesebene: Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen wollen vor Gericht eine bessere Klimapolitik in Bayern, Brandenburg und NRW erstreiten.

Ein neues Kohlekraftwerk im Jahr 2020? Mit Datteln 4 in NRW so geschehen Foto: Björn Kietzmann

Berlin taz | Jetzt steht die juristische Prüfung für die Klimapolitik der Bundesländer an – zumindest beispielhaft für drei von ihnen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat gemeinsam mit Schü­le­r:in­nen und Stu­den­t:in­nen Klimaklagen und Verfassungsbeschwerden gegen Bayern und Brandenburg eingereicht, wie die Umweltorganisation am Montag mitteilte.

Sie kündigte zudem eine Verfassungsbeschwerde gegen Nordrhein-Westfalen an. Die komme dann, wenn das gerade erst beschlossene Klimaschutzgesetz des Landes auch im Gesetzblatt auftauche.

Die Klä­ge­r:in­nen fordern die Politik zu mehr Klimaschutz auf – aus Angst um ihre Zukunft, aus Solidarität für Menschen des globalen Südens sowie für den Erhalt der Artenvielfalt. Ihre Bundesländer sehen sie dabei jeweils in besonderer Verantwortung. „In NRW fallen fast 30 Prozent des deutschen CO2 an“, sagte zum Beispiel der Bonner Jurastudent Jannis Krüßmann, der auch bei Fridays for Future aktiv ist.

Was die Klä­ge­r:in­nen fordern, ist an sich nichts Neues: Die Länder sollen dafür sorgen, dass es mehr Windräder gibt, mehr Fahrradstraßen und Pop-Up Radwege, mehr klimafreundliche Gebäudesanierung und mehr Busse und Bahnen.

Verbindliche Ziele, plausible Maßnahmen

In Brandenburg geht es auch darum, ein eigenes Landesklimaschutzgesetz zu erstreiten. Bisher wird dort nur an einem rechtlich unverbindlichen Klimaschutzplan gearbeitet, der auch erst 2022 verabschiedet werden soll.

In Bayerns Klimaschutzgesetzen fehlen den Klä­ge­r:in­nen zufolge konkrete Umsetzungspläne für die gesetzten Ziele. Ähnlich in NRW: Dort wurden mit dem neu gefassten Klimaschutzgesetz zwar die Klimaschutzziele angehoben, sämtliche Instrumente mit konkreten Fristen aber gestrichen, wie die Klä­ge­r:in­nen kritisieren.

Ende April hatte das Bundesverfassungsgericht bereits einen vernichtenden Beschluss über die Klimapolitik des Bunds gefällt. Das deutsche Klimaschutzgesetz sei in Teilen verfassungswidrig.

Zu viel Klimaschutz werde auf die Zeit nach 2030 verlagert, die das Gesetz nicht einmal behandelte. Erwähnt wurde lediglich, dass es dabei helfen solle, Deutschlands internationales Versprechen zur Klimaneutralität im Jahr 2050 einzulösen. Das jedoch würde laut Gericht die Freiheit der Klä­ge­r:in­nen stark einschränken.

Geklagt hatten vier Zusammenschlüsse von Kindern und Jugendlichen, teilweise waren auch Umweltverbände beteiligt. Die allerdings, hielt das Karlsruher Gericht fest, könnten diese Freiheitsrechte nicht einklagen – im Gegensatz zu den einzelnen Personen.

Der Beschluss verlangte ein Klimaschutzgesetz, das darlegt, wie es ab 2031 weitergehen soll. Eine solche Reform brachte die Bundesregierung danach schnell auf den Weg. Ende Juni passierte sie bereits Bundestag und Bundesrat.

Klimaneutral soll die Bundesrepublik danach schon 2045 werden. Das Zwischenziel für 2030 wurde deutlich erhöht: Gegenüber 1990 sollen die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent sinken, nicht nur um 55 Prozent. Das ist aber nicht unbedingt auf den Gerichtsbeschluss zurückzuführen, sondern auch auf neue Vereinbarungen auf EU-Ebene, denen die Bundesregierung zugestimmt hatte.

Ganz neu hinzugekommen sind wie von Karlsruhe gefordert Zwischenziele für die Zeit nach 2030. Zum Beispiel soll 2040 eine Reduktion der Treibhausgase um 88 Prozent erreicht sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich fand den Ausspruch von Greta "How dare you" total klasse. Eine Jugendliche hält den Vollidioten dieser Welt den Spiegel vor!

    Letztlich aber läuft es immer wieder auf eines hinaus. Die Zerstörung unserer Umwelt durch das kapitalistische System und die ungebremste Überbevölkerung.

    Gegen beides wird wenig bis gar nichts unternommen. Das wird sich bitter rächen. Die Mauern in Europa und anderswo werden deutlich höher zu bauen sein, wenn man so weitermachen will und man will!!!!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Leider ja. :(

  • Klimaschutz in NRW ist eine einzige Katastrophe. 4 Jahre Laschet sind komplettes total versagen, spielen auf Zeit, satter Aderlass am Steuerzahler (Kohlekommission) und dicke Abfindungen für die Konzerne, die sich seit Jahrzehnten schon dumm und dusselig verdienen und mit dem Land machen was sie wollen. Wie dieser Mensch im Wahlkampf über Klimaschutz sprechen will ohne Rot zu werden, ohne sich zu schämen das wird dann die allerhöchste Kunst der Manipulation.

    • @Paule :

      Naja Medien könnten hier ja entgegenwirken, aber wenn man sich die bisherigen "Spitzenrunden" anschaute, sind sie quasi eine Amerkanisierung der Politiklandschaft, es gibt die angeblich nur 3 Spitzenkandidaten (Bundeskanzlerkandidaten....eigentlich gibt es noch mehr) und scheinbar auch nur die 3-6 Parteien. Schade, dass dies die Medien mitmachen. So haben wir bald noch mehr amerikanische Politik hier, nämlich 2-3 große Parteien die in MEdien und TV kommen und der Rest darf dann an den "Alternativ-Pressekonferenzen" teilnehmen...

  • Wie wäre es, wenn die Kläger sich zur Wahl aufstellen lassen und sich dann ggf. Von einer Mehrheit demokratisch wählen lassen. Dann können sie die Gesetze selbst machen. Könnte allerdings auch sein, dass sie gar nicht gewählt werden mit ihren Ideen.

    • @Emsch:

      Solange noch zuviele Menschen davon profitieren, oder glauben zu profitieren, wird sich da nciht viel ändern. Z.B. Team Todenhöfer gibt da ja auch Möglichkeiten, werden aber aktuell immer noch stiefmütterlich von den Medien behandelt, TROTZ das sie bei den Bundespressekonferenzen dabei sind. Es wird einfach nur nicht berichtet.

  • Die jugendlichen könnten bei sich selber mit dem Energiesparen beginnen. Keine Generation vor ihnen hat in ihrem Alter so viel Energie verbraucht.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Günter Witte:

      Das stimmt! Die Handys und die damit benötigten Server verbrauchen eine Unmenge an Energie. Aber wer will das schon hören?



      Das alte Spiel: Feindbild ist derzeit der alte weiße Mann in seinem SUV.

      • @17900 (Profil gelöscht):

        Stimmt. Am Klimawandel sind ausschließlich die Jugendlichen und ihre Handys schuld. Realsatire.



        Im Ernst: Die Bevölkerung insgesamt verbraucht immer mehr Energie. Vor allem die gut Verdienenden.



        Übrigens: Im Bereich der Energieproduktion gibt es seit Jahren Fortschritte.



        Im Verkehr sogar eher Rückschritte.

    • @Günter Witte:

      Ja. Oder die Regierungen verhalten sich so, dass Verfassungsgerichte deren Politik nicht als verfassungswidrig einschätzen müssen. Oder am besten beides.

      • @LeSti:

        WARUM muss alles von oben ( Regierung ) geregelt werden, was jeder selber tun könnte ?? Warum erkennt jeder den Splitter im Auge des anderen, aber nicht den Balken im eigenen ?? Es ist natürlich leicht alle möglichen zu verurteilen was sie getan haben als selber was zu ändern.

        • @Günter Witte:

          Ja, kann man drüber philosophieren und Splitter suchen.



          Und dann gibt es da die juristische Realität, dass die Regierung nicht den Vorgaben der Verfassung gemäß ihren Job macht.

        • @Günter Witte:

          Sie haben total Recht!



          Und deshalb zahle ich ab jetzt keine Miete mehr an den Immobilien Konzern, sondern besetze mit den anderen Mietern einfach das Haus. Und der Staat in Form von Polizei hält sich bitte mal schön raus.



          Als nächstes enteignen wir dann die Bauern und die landwirtschaftlichen Konzerne, die nicht ökologisch wirtschaften und geben das Land den Ökobauern, nicht wahr, Herr Witte?