Podcast „Schöner Wohnen“: Viele Fragen zur Wohnungsfrage
In einem neuen Podcast informieren zwei Linken-Politiker über Fragen der Stadt- und Wohnungspolitik. Gut recherchiert, manchmal etwas abstrakt.
Schöner Wohnen, so lautet das Versprechen der großen Immobilienunternehmen. Doch der Podcast mit demselben Namen richtet sich an eine andere Klientel. Der zweite Teil des Titels, „zur Wohnungsfrage“, bezieht sich auf die bekannte Schrift von Friedrich Engels, die letztes Jahr 150 Jahre alt wurde. Sie propagiert, dass die Wohnungsfrage im Kapitalismus nicht lösbar ist.
Der Podcast „Schöner Wohnen – Zur Wohnungsfrage“ will Menschen erreichen, die etwa im September 2021 das Berliner Volksbegehren Deutsche Wohnen und Co enteignen unterstützt haben. Bis heute ist es bekanntlich trotz großer Unterstützung nicht umgesetzt worden. Dafür haben sowohl der alte als auch der neue Berliner Senat in den letzten 12 Jahren knapp 55.000 Wohnungen von Immobilienkonzernen zurückgekauft, einige davon waren erst vor 20 Jahren privatisiert worden.
Was bedeutet diese Form der Rekommunalisierung von Wohnraum für den Wohnungsmarkt? Ist sie nicht für einige Immobilienkonzerne gar ein Geschäftsmodell? Und profitieren die Mieter*innen davon? Das sind einige der Fragen, die kundig erörtert werden. Die Macher des Podcasts sind der wohnungspolitische Sprecher der Fraktion der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, Niklas Schenker, und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Philipp Möller, der seit mehreren Jahren publizistisch zum Thema Mieten und Wohnen arbeitet.
„Wir beschäftigen uns beide seit vielen Jahren mit Wohnungs- und Stadtpolitik und haben festgestellt, dass ein Podcast fehlt, der sich diesen Themen widmet, sagt Schenker der taz. Tatsächlich zeichnen sich die bisher elf Folgen dadurch aus, dass sie abseits von parteipolitischer Polemik einige grundsätzliche Fragen zur Wohnungs- und Mietpolitik behandeln und auch vor linker Selbstkritik nicht zurückschrecken.
„Schöner Wohnen – Zur Wohnungsfrage“, alle Folgen abrufbar auf Spotify.
So erinnern Möller und Schenker daran, dass die damalige Partei PDS die Privatisierung von städtischen Wohnungen in Berlin unter dem Stichwort „progressive Entstaatlichung“ verkaufen wollte. Sie haben Verständnis dafür, dass auch der PDS-Nachfolgepartei in Teilen der Mieter*innenbewegung Misstrauen entgegengeschlagen ist, ob sie verlässliche Partner*innen sind. Auch die anderen Podcast-Beiträge sind von hoher Qualität.
Stilistische Gratwanderung
Titel wie „Zeitenwende in der Immobilienwirtschaft – Chancen für das soziale Wohnen?“ oder „Wohnungsbau und Gewerkschaften – Gute Jobs durch sozialen Neubau?“ zeigen, dass sich die Autoren mit ihren unterschiedlichen Gesprächspartner*innen gründlich mit der Materie befassen.
Allerdings besteht die Gefahr, dass eher Hörer*innen von Radiofeatures auf Deutschlandfunk Kultur als von Verdrängung bedrohte Mieter*innen angesprochen werden. Die in der Regel einstündigen Gespräche und Wortbeiträge werden nicht durch Musik aufgelockert, was die Konzentration erschwert. Das Problem ist Schenker und Möller durchaus bewusst.
„Das ist eine Gratwanderung und wir sind noch nicht perfekt darin, alle Perspektiven zu vereinen, aber wir versuchen es“, betont Möller. „Unser Ziel ist es, verschiedene Zielgruppen anzusprechen, von direkt betroffenen Mieter*innen über Aktivist*innen bis hin zu einem Fachpublikum“, sagt Schenker.
In den nächsten Folgen will sich das Duo mehr der Zielgruppe zuwenden, die nicht so sehr mit akademischen Diskursen vertraut ist. „Um uns künftig breiter aufzustellen, planen wir ein Mieten-ABC, in dem wir die Grundlagen des Wohnungsmarktes und der Wohnungspolitik kurz und knapp darstellen wollen“, schildert Möller.
In den kommenden Folgen wollen sich Möller und Schenker auch stärker mit aktivistischen Perspektiven von Mieter*innen beschäftigen. „Zu den Themen, die wir diskutieren wollen, gehören die Frage nach Instrumenten für eine bessere Wohnraumverteilung sowie der Kampf gegen die Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“, sagt Möller.
„Außerdem wollen wir uns mit Wohnungspolitik in anderen Städten oder auch in ländlichen Regionen beschäftigen“, ergänzt Schenker. Schließlich sind die dort verhandelten Themen von bundesweitem Interesse.
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