Plan für Atommülllager: Verzögert um weitere 17 Jahre
Der Standort für die Lagerung von schwach- und mittelradioaktivem Atommüll ist weiter offen. Im Schacht Konrad ist kaum Platz.
Göttingen taz | Die Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Atommüll verzögert sich um viele Jahre. Die hier federführende Bundesgesellschaft für Endlagerung (BG) hatte kürzlich bekanntgegeben, dass der Standort statt wie im Gesetz vorgesehen nicht 2031, sondern frühestens 2046 feststehen wird. Ein anderes Szenario sieht sogar einen Zeitkorridor bis 2068 vor. Die Debatte greift viel zu kurz, sagen Atomkraftgegner. Sie sorgen sich um den Verbleib der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle – und wollen das Thema deshalb mehr in den Fokus rücken.
Der Umgang mit dieser Kategorie Atommüll sei „ein großes, bisher wenig diskutiertes Problem“, sagt der Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Weder die BGE mit Sitz in Peine noch das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (Base) packten die Sache richtig an. Beim geplanten Endlager für hochradioaktiven Müll beaufsichtigt das Base den Suchprozess und organisiert die Beteiligung der Öffentlichkeit.
Für einen Teil der angefallenen und noch anfallenden schwach- und mittelradioaktiven Abfälle ist bislang das frühere Eisenerzbergwerk Schacht Konrad in Salzgitter vorgesehen. Die Grube wird von der BGE umgebaut und darf laut Genehmigungsbescheid bis zu 303.000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Ob Schacht Konrad jemals in Betrieb geht, ist aber offen.
Denn die Umweltverbände BUND und Nabu haben beim niedersächsischen Umweltministerium den Widerruf der Genehmigung beantragt, weil sie nicht mehr dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspreche. Ein breites Bündnis, das vom Salzgitteraner CDU-Oberbürgermeister Frank Klingebiel über das Landvolk bis zur IG Metall in der Region reicht, unterstützt den Vorstoß. Landesumweltminister Christian Meyer (Grüne) will bis Jahresende über den Antrag entscheiden.
300.000 Kubikmeter aus der Asse und Gronau
Für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle, die aus dem maroden Bergwerk Asse bei Wolfenbüttel geborgen werden sollen, sowie für die Rückstände aus der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau wäre im Schacht Konrad überdies gar kein Platz. Abgereichertes Uran aus Gronau wurde in der Vergangenheit nach Russland transportiert. Im russischen Atomkomplex Novouralsk war kürzlich ein Fass mit Uran explodiert, das möglicherweise aus Deutschland stammt.
Das Volumen allein dieser Abfälle aus der Asse und Gronau beläuft sich Schätzungen zufolge auf bis zu 300.000 Kubikmeter. Diese Menge, die nicht im Schacht Konrad eingelagert werden dürfe, müsse wohl am künftigen Standort des Endlagers für hochradioaktiven Müll in ein „Kombilager“ unter Tage verfrachtet werden, sagt Wolfgang Ehmke.
Sollte dieses Kombilager nicht zu realisieren sein, ist allerdings auch denkbar, dass für den Asse- und Gronau-Müll ein eigener Standort gesucht und gefunden werden muss. Vorausgesetzt, Schacht Konrad geht doch in Betrieb, gäbe es in der Bundesrepublik insgesamt drei dauerhafte Lagerstätten für radioaktive Abfälle.
Auf diese Situation müssten sich auch die Menschen an allen Zwischenlagerstandorten einstellen, sagte Ehmke. In Gorleben gebe es beispielsweise neben der Castorhalle mit 113 Behältern auch ein Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. In Fässern, Betonbehältern und Containern lagern dort radioaktive Rückstände vor allem aus Atomkraftwerken.
Feuchtigkeit und Korrosion
Nach Angaben des Fachportals „Atommüllreport“ sind die Gebinde teilweise nicht zugänglich, eine lückenlose Überprüfung auf Schäden sei somit nicht möglich. Seit Bestehen der Halle im Jahr 1984 komme es zu Feuchtigkeit und Korrosionserscheinungen.
„Der Müll aus diesem Lager fließt nicht ab“, berichtet Ehmke. „Er muss ebenfalls dauerhaft sicher zwischengelagert werden, wahrscheinlich deutlich länger als bisher gedacht, weil der Schacht Konrad nicht zur Verfügung steht.“ Base und BGE seien gut beraten, vom Scheitern des Konrad-Projekts auszugehen, betont Ehmke. Sie müssten schon jetzt bei der Standortsuche auch den Umgang mit den schwach- und mittelradioaktiven Abfällen auf dem Radar haben, statt sich Zielmarken zu setzen, die dann nicht eingehalten werden könnten.
Leser*innenkommentare
Pi-circle
"Denn die Umweltverbände BUND und Nabu haben beim niedersächsischen Umweltministerium den Widerruf der Genehmigung beantragt, weil sie nicht mehr dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspreche. "
Das wird spannend. Sollte sich der BUND und NABU durchsetzen, würde auch die Endlagerung des hochradioaktiven Mülls erneut auf den Prüfstand kommen.
Mittlerweile ist nämlich der wissenenschaftliche Stand auf dessen Grundlage das Ökoinstitut in seiem Gutachten für die Bundesregierung vor acht Jahren die Kritieren für ein Endlager festlegte überholt. Das lange Zeit gültige und damals verwendete Berechnungsmodell des Ökoinstituts, das Linear-No-Treshold-Model, ist mittlerweile überholt und für die Risikoabschätzung bei niedrigen Strahlendosen zu konservativ. Damit wäre Gorleben als Endlager wieder im Spiel und das Endlager in Gorleben muss bekanntlich nicht mehr gebaut werden.
Jasmin Reeh
Vielleicht sollte man die Fässer einfach mal messen?? Wir sprechen hier von Schwachen und Mittleren Radioaktiven Müll. Vieles davon ist im Jahre Maßstab abgestrahlt, vieles sogar nie Radioaktiv gewesen weil jeder Müll ausm KKW in die Fässer kam, völlig egal ob Radioaktiv oder nicht. Um welche Isotope handelt es sich überhaupt? Wieviel Aktivität ist denn noch vorhanden im jeweiligen Fass? Sowas könnte man recht einfach in einer automatisierten Anlage regelmäßig überprüfen. Und wenn die Aktivität unter dem Threshhold liegt könnte man sich das lagern zukünftig auch einfach sparen.
Abfall der beim Abriss eines KKW anfällt wird so lange gelagert bis er freigemessen werden kann, und wofür? Na damit das Volumen des tatsächlich teuer zu endlagernden Abfalls auf ein minimum reduziert wird. Warum wird das selbe nicht mit den Abfall gemacht der während des Betriebs des Kraftwerkes anfiel? Ein Rätzel. Könnte das Volumen signifikant reduzieren. Aber wenn man das machen wollte, ständen vermutlich wieder die Kernkraftangstbürger auf der Matte, die wenig Ahnung von Naturwissenschaften haben und die sich Atommüll als Grün leuchtende Flüssigkeit die Fischen 9 Augen wachsen lässt vorstellen und diesen Abfall am liebsten mit Zauberei verschwinde lassen würden anstatt ihn nach wissenschaftlichen statt emotionalen Maßstäben zu handhaben. Die Simpsons lassen grüßen.
Troll Eulenspiegel
Und weiter gehts mit unserem Atommüll!
Wisst ihr, wir haben ja zehntausende, hunderttausende Jahre mit natürlicher Radioaktivität auf dem Erdboden überlebt. Doch in den letzten Jahrzehnten haben wir aus Schächten tief unter der Erde, wo normalerweise kein Mensch hinkommt, und durch künstliche Herstellung nun so viel Uran, Thorium, Plutonium, etc., hochkonzentriert in Pellets gepresst oder für Atombomben, dass sogar ein durchschnittliches Verteilen auf dem Erdboden jeden Landstrich kontaminiert. Aus natürlicher wird tödliche Radioaktivität.
Alleine in Europa ohne Russland und die Slowakei existieren 6,6 Millionen Kubikmeter Müll. Wenn wir nun diesen "Quader" so formen, dass dieser nur 10cm tief ist, dann ist die Fläche 66 Millionen Quadratmeter. Oder 8,1x8,1km. Was, etwa nicht viel? Im Umkreis von mehreren hundert Kilometern wirst du trotzdem Strahlenkrankheiten erleiden. Von wievielen Becquerel sprechen wir da?
Vielleicht kennt man ja die Videos, in der es heißt, man müsse den radioaktiven Müll nur in die Sonne schießen und gut ist. Abgesehen von den Kosten, nein, es entsteht täglich mehr radioaktiver Müll, als das Raketen in der Lage wären den Müll abzutransportieren. Im Sekundentakt.
Natürlich wird es verdammt nochmal keinen Platz geben im Schacht Konrad! Nirgendwo wird es Platz geben! Deswegen verrotten die Fässer doch auf den Werksgeländen von Kernkraftwerken!
Aber der gute Atomstrom. Der ist seit letztem Jahr so grün geworden. Wenn Klimakatastrophen ein AKW angreifen, also who cares?