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Plan der EU-KommissionWeg von russischem Gas

Die EU-Kommission will den Import von Gas aus Russland in die Europäische Union vollständig stoppen. Dabei plant sie, hart vorzugehen.

Deutschland und andere EU-Staaten beziehen bis heute russisches Gas, wenn auch auf Umwegen und als Flüssiggas (LNG) Foto: Issei Kato/rtr

Brüssel taz | Es ist die letzte große Lücke bei den EU-Sanktionen gegen Russland: die Gasversorgung. Deutschland und andere EU-Staaten beziehen bis heute russisches Gas, wenn auch auf Umwegen und als Flüssiggas (LNG). Das soll sich nun ändern: Die EU-Kommission will die Gasimporte bis Ende 2027 vollständig und endgültig stoppen.

„Russland hat wiederholt versucht, uns zu erpressen, indem es seine Energieversorgung als Waffe einsetzte“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag im Europaparlament in Straßburg. Jetzt gehe es darum, „den Hahn zuzudrehen und die Ära der russischen fossilen Brennstoffe in Europa endgültig zu beenden“.

Die Umsetzung ist schwierig. Das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe erklärte, es gebe keine ­Rechtsgrundlage für den Import­stopp. Selbst wenn Sefe das russische Gas nicht mehr abnehmen sollte, müssten die vereinbarten Mengen bezahlt werden. Sefe ist der neue Name für das Unternehmen Gazprom Germania, das die Bundesregierung 2022 verstaatlicht hatte.

Auch politisch ist das Vorhaben brisant. Neben Deutschland importieren auch Frankreich und Belgien erhebliche Mengen von russischem LNG. Sie haben bereits Vorbehalte angemeldet. Ungarn und die Slowakei sind ohnehin gegen den Plan. Damit ist fraglich, ob die erforderliche qualifizierte Mehrheit der 27 EU-Länder zusammenkommt.

Ausstieg soll nicht als EU-Sanktion erfolgen

Um die Zustimmung zu erleichtern, soll der Ausstieg nicht als EU-Sanktion erfolgen – dafür wäre Einstimmigkeit erforderlich. Vielmehr versucht es Brüssel über die normale Gesetz­gebung. Allerdings werden dafür gleich zwei Artikel aus den EU-Verträgen herangezogen – ein Zeichen dafür, wie wacklig die ganze Konstruktion ist.

Unklar bleibt auch, wie die EU-Kommission verhindern will, dass russisches Gas auf Umwegen über Drittländer nach Europa gelangt. Hier ist offenbar ein hartes Kontrollregime geplant. Alle alten Verträge sollen offengelegt werden, bereits ab dem 1. Januar 2026 will Brüssel den Abschluss neuer Verträge verbieten.

Die Verbraucher würden keine Nachteile erleiden, beteuert von der Leyen. Doch auch daran gibt es erhebliche Zweifel. Denn die Alternativen zu russischem Gas – etwa aus den USA – sind teuer.

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7 Kommentare

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  • "EU-Kommission".



    Inkompetenz hat einen Namen.

  • "Die Verbraucher würden keine Nachteile erleiden, beteuert von der Leyen. Doch auch daran gibt es erhebliche Zweifel. Denn die Alternativen zu russischem Gas – etwa aus den USA – sind teuer."



    Neulich bei derstandard.de



    Über die Folgen hoher Zölle



    "Wie Trumps Zollpolitik bis auf die Gasmärkte durchschlägt



    Weil China als Käufer von verteuertem US-LNG ausfällt, könnten mehr Ladungen zu besseren Preisen nach Europa gehen. Hier hat die Befüllung der Speicher begonnen"



    Weiter dort:



    "Eines der auffälligsten Ereignisse, das Folgen für die Neukomposition der weltweiten Erdgasmärkte haben könnte, ist ein Nichtereignis: China kauft kein verflüssigtes Erdgas mehr aus den USA. Seit am 6. Februar ein Schiff, das 69.000 Tonnen LNG in der texanischen Hafenstadt Corpus Christi geladen hatte, im Süden Chinas in Fujian eintraf, gab es keine weiteren Transporte mehr zwischen beiden Ländern. Das sind mittlerweile schon mehr als 70 Tage."



    April 25



    Die Geschäfte mit den Fossilen scheinen noch immer zu boomen, die Profiteure sind an den Ursachen der Veränderungen in den Märkten aber nicht unbeteiligt.

  • Welche konkreten Maßnahmen plant die EU-Kommission, um zu verhindern, dass russisches Gas weiterhin über Drittstaaten in die EU gelangt, und wie wirksam werden diese Kontrollen voraussichtlich sein?

  • Ist schon schräg, wenn wir weiter die Abwehr unterstützen, die erst durch unsere finanziellen Leistungen notwendig wurde.

  • Am besten, und wir wissen es alle, ist rasch weitgehend raus aus Gas, Öl und Fossil. Das spart Geld, schützt das Klima und hält uns weniger abhängig, als es manche Wirtschaftsbosse gerade von Potentaten sind. Wer fliegt, autofährt, ölheizt, unterstützt damit im Zweifel die Falschen. Leider, leider.

    • @Janix:

      Da stimme ich zu. Sich alternativ abhängig von amerikanischem Flüssiggas zu machen mit einem nun mal autokratischen King Trump wäre außerdem idiotisch.

  • Der Verzicht auf russisches Gas wäre trotz Preissteigerungen politisch, wirtschaftlich und moralisch notwendig. Erstens untergräbt der Import russisches Gas die außenpolitische Souveränität, da er Abhängigkeiten schafft, die Russland gezielt als Druckmittel bereits jetzt nutzt. Zweitens finanziert der Gasexport den russischen Staatshaushalt maßgeblich, auch militärische Aggressionen wie den Angriff auf die Ukraine. Drittens ist eine verlässliche Versorgung langfristig fraglich, da Russland Verträge missachtet, Infrastruktur sabotiert und Energie als geopolitische Waffe einsetzt. Der Aufbau alternativer Bezugsquellen stärkt hingegen Resilienz, Partnerschaften und Sicherheit in Europa. Viertens fördert die Abkehr von russischem Gas Investitionen in erneuerbare Energien und beschleunigt die Energiewende was wir ja eigentlich wollen. Ein Schritt hin zu ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit. Auch wenn der Preis kurzfristig steigt, sind Freiheit, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit höher zu bewerten als billige Energie erkauft mit dem Blut unschuldiger Menschen. Auch wenn manch AfD Wähler es anders sehen mag.