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Peseschkian in New YorkDem Mörder keine Bühne geben

Daniela Sepehri

Kommentar von

Daniela Sepehri

Der iranische Präsident spricht vor der UN-Vollversammlung. Eine bittere Farce – nicht nur für die Angehörigen der über eintausend Hingerichteten.

Massud Peseschkian, spricht vor dem iranischen Parlament, an und für sich sollte dieser Mensch aber zu und vor niemandem sprechen Foto: Vahid Salemi/AP/dpa

A m Mittwoch wird der iranische Präsident Massud Peseschkian vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York sprechen. Westliche Medien hatten ihn bei seiner Wahl 2024 nach dem Tod seines Vorgängers als „Reformer“ präsentiert. Ein Bild, das schon beim damaligen Präsidenten Hassan Rohani, der 2015 mit mindestens 972 Hinrichtungen den traurigen Höhepunkt der Exekutionen des Jahrzehnts markierte, völlig absurd war. Peseschkian hat diese Rekordzahl noch übertroffen.

Laut der Menschenrechtsorganisation ­Hengaw wurden seit Jahresbeginn mehr als 1.000 Menschen hingerichtet. Die Repression ist systematisch: Politische Geg­ne­r*in­nen werden verhaftet und massenweise hingerichtet. Die Gewalt im Land hat nach dem Krieg zwischen Israel und Iran im Juni noch einmal drastisch zugenommen. Offiziellen Angaben zufolge wurden mehr als 21.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Krieg festgenommen, da­run­ter über 2.700 ausländische Staatsangehörige.

All das zeigt, dass das Regime die Kontrolle über das Land nur mit Gewalt aufrechterhält. Die Bevölkerung selbst hat der Führung jegliche Legitimität längst abgesprochen. Und doch darf Peseschkian in New York reden. Die Bühne der Vereinten Nationen verleiht ihm Legitimität, belohnt die Unterdrückung und vermittelt ein gefährliches Signal: Wer Massenverbrechen begeht, wird hofiert, wer Widerstand leistet, wird ignoriert.

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Politik auf internationalem Parkett darf keine Anerkennung für Verbrechen sein. Die Entscheidung, ­Peseschkian das Mikrofon zu überlassen, entlarvt ein fatales Vorgehen: Menschenrechtsverletzungen werden marginalisiert und durch diplomatisches Protokoll kaschiert. Die internationale Gemeinschaft muss glaubwürdiger handeln. Legitimität darf nicht an die Machtübernahme eines Präsidenten geknüpft werden, der politische Geg­ne­r*in­nen verhaften und hinrichten lässt.

Mörder zu hofieren, geht nicht zusammen mit dem Ziel der UN, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte weltweit zu verteidigen.

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Daniela Sepehri
Jahrgang 1998, lebt in Berlin. Freie Social Media Beraterin, Autorin und Journalistin mit den Schwerpunkten Iran, Migration, Antirassismus und Feminismus. Bachelorabschluss in Geschichte, Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin.
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11 Kommentare

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  • Warum darf dann -bei diesen Maßstäben- Netanjahu dort auftreten?

  • Trump, der dem Kriegsverbrecher Netanyahu das grüne Licht zum Völkermord gegeben hat und die meisten Waffen dafür dahin liefert, ist aber kein Mörder?

    Und wenn er da redet, dann spricht man vielleicht mal über seine Komödienhafte Clownsart, aber über seine Mittäterschaft als Hauptlieferant von mörderischen Waffen im Völkermord spricht keiner.

    Anschließend werden nocht fette Wirtschaftsdeals mit ihm geschlossen, wovon hauptsächlich er profitiert.



    Erbärmliche Wellt und die UNO ist natürlich auch irrelevant, wenn der Massenmörder Trump da 4 mal seine vorgegebene Zeit überschreiten darf.

  • So ist also die UN eine unwirksame Institution und wird von ihren Mitgliedern so behandelt.

  • Es ist genauso eine bittere Farce, dem verbalen Dünnschiss von Donald Trump eine Bühne zu bieten und zu applaudieren, wenn er mal wieder Lügen und Falschbehauptungen in den Raum wirft

  • So neu ist das ja nicht, das Despoten bei der UN eine Bühne finden, das hindert aber aber die einzelnen Staaten nicht daran die Drahtzieher zu sanktionieren und gerade auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien die "Atomverhandlungen" einzustellen. Den nur wer Atomwaffen möchte braucht so hoch angereichertes Uran, da braucht man nicht über Prozentsätze diskutieren, entweder Programm beenden oder "volles Programm" Sanktionen. In dem Zuge sollte man sich dann auch mal die VAE u.a. vorknöpfen über die Geld geschleust wird.

  • Die Bewertung des iranischen Präsidenten im Artikel trifft zu. Aber Daniela Sepehri sagt nicht, wer denn ihrer Ansicht nach sonst für den Iran in der UN-Vollversammlung sprechen soll, wenn nicht der Präsident des Mullah-Regimes.

    Es erschließt sich auch nicht, wie die Autorin auf den Gedanken kommt, dass die UN den Repräsentanten diktatorischer Regimes keine Bühne bieten dürften. Die UN haben schon seit jeher solchen Regimes eine Bühne geboten, weil die von ihnen regierten Staaten Mitglieder der UN sind und es der Zweck der UN ist, ihren Mitgliedern eine Bühne zu bieten. Konsequent im Sinne der Haltung Sepehris wäre es, den Ausschluss diktatorisch regierter Staaten aus den UN zu fordern. Dann könnte man allerdings die UN auch gleich auflösen.

  • Es ist korrekt, dass er vor der UNO sprechen kann, doch richtig ist es nicht - wie bei anderen übrigens ebenfalls nicht.

  • Dass Trump vor der Vollversammlung seinen Senf und sonstigen Stuss ausschüttet, gefällt auch nicht jeden, mir auch nicht. Dann werde ich auch noch das verkraften, was der aus dem Iran von sich gibt.

  • "Mörder zu hofieren, geht nicht zusammen mit dem Ziel der UN, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte weltweit zu verteidigen."

    Blieben wirklich wenig Staatschefs übrig, die vor der UN noch sprechen dürften, wäre Mord ein Ausschlusskriterium. Nicht zuletzt im "Westen".

    Frau Sepehri sollte an anderer Stelle ansetzen.

  • So sehr ich verstehen kann, dass man gegen Peseschkian als Repräsentanten des iranischen Systems protestiert –eine UN nur mit Demokratien wäre (leider) zu klein um Weltgeltung auch nur zu beanspruchen.

  • Ja. es ist nicht schön, dass solche Leute vor der UNO sprechen.

    Allerdings gilt die Carta der Vereinten Nationen. Und die sieht kein Verbot vor. Punkt.