Personalprobleme der SPD: Wunderheilerin gesucht
Schönstes Amt neben dem Papst? Das war einmal. Niemand will an Saskia Eskens Stelle SPD-Chefin werden.

H inter einer kleinen Nachricht steckt manchmal ein großes Drama. So ist es auch mit dem Verzicht von Manuela Schwesig auf eine Kandidatur für den SPD-Vorsitz. Ihre öffentliche Absage macht gleich mehrere Probleme der Sozialdemokratie deutlich: die personelle und die strategische Neuaufstellung.
Nach ihrer krachenden Wahlniederlage wäre es eigentlich naheliegend für die SPD, alles auf den Prüfstand zu stellen, also Programm und Personal. Ein solcher, radikaler Neuanfang wäre für die notorisch träge SPD ohnehin schwierig. Das Wahlergebnis hat ihn komplett verhindert: Weil sie für die einzig mögliche Regierung ohne AfD gebraucht wird, kann sich die SPD keine Grundsatzdebatten leisten und muss sich stattdessen erneut auf eine absehbar freudlose Koalition mit der Union mit vielen Kompromissen einstellen.
Die extrem problematische Weltlage macht eine Verjüngungskur noch schwerer. Wenn es um die wichtigsten Ministerposten geht, sind automatisch Routiniers im Vorteil, die wie Boris Pistorius Erfahrung beim Regieren haben. Oder Machtmenschen wie Lars Klingbeil, die schon dreiste Durchsetzungskraft bewiesen haben.
Umso wichtiger wäre es für die SPD, wenn sie wenigstens für die Parteispitze frische HoffnungsträgerInnen aus dem Hut zaubern könnte, die beliebter sind als Saskia Esken, die in ihrem Wahlkreis noch schlechter abschnitt als die SPD im Bund. Doch der Andrang hält sich in Grenzen. Schwesig will sich zu Recht auf den politischen Überlebenskampf gegen die AfD in Mecklenburg-Vorpommern konzentrieren, bei dem eine Zugehörigkeit zum Berliner Machtzentrum eher schadet.
Vorher hatte bereits die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger abgewunken. Kein Wunder: Der Co-Vorsitz neben dem Alphatier Klingbeil ist nicht gerade attraktiv. Zumal auch eine neue Parteichefin dazu gezwungen wäre, die Regierungskompromisse schönzureden, um einen dauernden Koalitionsstreit zu vermeiden. In dieser Lage neuen Schwung auszustrahlen, ist nicht unmöglich. Vielleicht schafft es ja die noch verbliebene Kandidatin Bärbel Bas. Aber es wäre ein Wunder.
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