Parteitag der FDP: Die Reichen sollen den Armen helfen
Die Liberalen beschließen eine millionenschwere Umlage der Basis für Wahlkämpfe. Parteichef Lindner wird mit breiter Mehrheit wiedergewählt.
BERLIN taz | Die FDP will zurück in den Bundestag – muss aber zunächst ihre Finanzen in Ordnung bringen. Auf ihrem Parteitag in Berlin beschlossen die Liberalen am Freitag eine Millionenhilfe der Parteibasis für die Bundespartei. „Um die professionellen Wahlkampagnen aus Hamburg und Bremen fortsetzen zu können, müssen wir unsere Kräfte bündeln“, hatte Schatzmeister Hermann Otto Solms zuvor gesagt.
Ihm zufolge belaufen sich die Schulden der Bundespartei auf 7,8 Millionen Euro. Vor allem die Wahlniederlagen der vergangenen Jahre hätten der FDP Geldprobleme bereitet: „Allein aufgrund der Ergebnisse der Bundestags- und der Europawahl fehlen uns jährlich 4,3 Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung“, sagte Solms. Zwar habe die FDP in den vergangenen Jahren durch Sparmaßnahmen einen Überschuss von einer Million Euro erzielt. Der Betrag sei aber direkt in die Schuldentilgung geflossen.
Einerseits fehlt somit Geld für aufwändige Wahlkämpfe, mit denen die FDP in Hamburg und Bremen Erfolg hatte. Andererseits braucht die Partei auch bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr gute Ergebnisse, um nicht mit einem Verlierer-Image in den Bundestagswahlkampf 2017 zu ziehen. Also hat sich FDP-Chef Christian Lindner vor dem Parteitag etwas einfallen lassen: Damit sich die Liberalen weiterhin teure Kampagnen leisten können, schlug er den Delegierten eine sogenannte Sonderumlage vor.
Die relativ reichen FDP-Kreisverbände sollen bis 2017 pro Mitglied 75 Euro an die Bundespartei zahlen; insgesamt also über vier Millionen Euro. Ein Umverteilungsprogramm, für das Lindner die Zustimmung von zwei Drittel der Delegierten brauchte – und bekam. Eine deutliche Mehrheit der Delegierten stimmte für den Antrag.
Vorsichtiger Optimismus
Zu Beginn des Parteitags hatte Lindner zuvor vorsichtigen Optimismus verbreitet. Die guten Wahlergebnisse in Hamburg und Bremen seien für die FDP „ein Fundament, auf dem wir aufbauen können“. Ihr Ziel, wieder in den Bundestag einzuziehen, habe die Partei aber noch lange nicht erreicht. „Wir sind nicht hier, um zu bejubeln, was erreicht wurde - sondern um zu zeigen. was wir uns noch vorgenommen haben“, sagte er.
Die FDP-Mitglieder sind mit der Arbeit ihres Vorsitzenden offenbar zufrieden. Die Delegierten bestätigten Lindner mit 92,4 Prozent der Stimmen im Amt. Für die drei Stellvertreterposten lagen zunächst vier Kandidaturen vor, unter anderem von der Hamburger FDP-Chefin und Spitzenkandidatin Katja Suding.
Ab Samstag wollen die Liberalen zwei Tage lang über ihre Inhalte debattieren. In ihrem Leitantrag nennt die Parteiführung unter anderem niedrige Steuern und besseren Datenschutz. Außerdem fordert sie, per Grundgesetzänderung zu verbieten, dass marode Banken aus Steuermitteln gerettet werden.
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