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Parteinahe StiftungenSchluss mit der Scheinheiligkeit

Kommentar von Gunnar Hinck

Bei den parteinahen Stiftungen sind radikale Kürzungen nötig. So ist auch ein bisschen Geld für die Erasmus-Stiftung der AfD verkraftbar.

Karlsruhe, 22. Februar: Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Desiderius-Erasmus-Stiftung Foto: Political-Moments/imago

M an muss der AfD fast dankbar sein. Ihre Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, mit der sie Staatsgeld für ihre Desiderius-Erasmus-Stiftung bekommen wollte, hat Aufmerksamkeit auf das undurchschaubare Finanzierungssystem der parteinahen Stiftungen gelenkt. Die Karlsruher RichterInnen verlangen nun ein Stiftungsgesetz, in dem die Geldflüsse klar geregelt sind.

Konrad-Adenauer-, Heinrich-Böll-Stiftung und die anderen sind merkwürdige Konstruktionen. Bis auf die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung sind sie rechtlich gesehen ganz normale eingetragene Vereine, aber sie nennen sich Stiftung, weil es wohl besser klingt. Ihr Budget wird zwischen den Parteien im Haushaltsausschuss des Bundestags ausgehandelt – und die Summen gehen jedes Jahr deutlich nach oben. 2019 bekamen die Stiftungen stolze 660 Millionen Euro, 2011 waren es noch 423 Millionen. Dass sich eine rechtsradikale Partei mit eigener Stiftung etabliert, war im klandestinen Tauschgeschäft nicht vorgesehen.

Die Stiftungsarbeit durchzieht eine große Scheinheiligkeit. Reisen zu internationalen Kongressen, Trainings für den Politiknachwuchs – das steht eigentlich allen Interessierten offen, aber in der Realität landen in den Programmen merkwürdigerweise fast immer nur Funktionäre oder Mitglieder der Mutterpartei.

Die begrifflichen Verrenkungen sind bisweilen bizarr: Der Schlüsselbegriff der Friedrich-Ebert-Stiftung ist „soziale Demokratie“ – nicht Sozialdemokratie. Ein Buchstabe genügt, um sich formal von der SPD abzugrenzen, damit das Bundesverfassungsgericht nicht nervös wird, denn offiziell dürfen die Stiftungen keine Parteiableger sein.

Problematischer Einfluss im Globalen Süden

Offiziell geht es um politische Bildung, in Wahrheit sind die Stiftungen Vorfeldorganisationen der Parteien, informelle Parteischulen und Auffangbecken für PolitikerInnen nach einem Karriereknick. Besonders problematisch ist das Unwesen der internationalen Aktivitäten in den zahlreichen Auslandsbüros. Mit dem vielen Geld, das sie in „Projekte“ stecken, können die Stiftungen in finanzschwachen und fragilen Ländern gehörigen Einfluss nehmen. Woher nehmen sich mit Staatsgeld gepamperte deutsche Vereine, pardon: Stiftungen, eigentlich das Recht, im Globalen Süden zu sagen, wo es langgehen soll?

Hier ein Lösungsvorschlag: Das Geld sollte radikal zusammengestrichen werden, 10 Prozent der bisherigen Mittel reichen völlig aus. Das frei gewordene Geld sollte dahin umgelenkt werden, wo es der politischen Bildung wirklich nützt: in Schulen in benachteiligten Vierteln. Dann wird das Stück vom Kuchen, das die Erasmus-Stiftung womöglich bekommt, nicht der Rede wert sein.

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ist Redakteur im taz-Ressort Meinung.
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10 Kommentare

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  • Naja. Ich war Stipendiat der Konrad-Adenauer-Siftung. Trotzdem habe ich die CDU schon als Student nicht (mehr) gewählt. Lange bei den Grünen gewesen, aber seitdem die nicht mehr grün sind ... ??!? Will sagen: Kaderschulung und Linientreue ist so eine Sache -klappt halt einfach nicht. Dass abgehalferte Politiker versorgt werden, stimmt indessen ganz sicher. Das muss weg!

  • Hab immer gedacht, das wäre in Deutschland so'ne Art Entsprechung zu diesen ganzen namhaften Think Tanks vorwiegend in den Staaten (in DC gibt's ja gleich'n ganzes Viertel für die) oder was sich als Pendant am ehesten anbietet. Nach dieser Darstellung wollte man das bezweifeln, aber allein bin ich mit dem Eindruck nicht, die engl. Wikipedia stellt die Situation in Deutschland so dar: "In Germany all of the major parties are loosely associated with research foundations that play some role in shaping policy, but generally from the more disinterested role of providing research to support policymakers than explicitly proposing policy. These include the..." und dann kommen sie alle. Artikel Think Tank. Da stehen sie natürlich in illustrer Reihe, nur werden die Schwergewichte etwa in den USA richtigerweise auch ganz anders finanziert. Und dort waren (mind.) traditionell die eher bis sehr konservativ drehenden Einrichtungen auch deshalb im Vorteil, auch beim Einfluss, weil sie die finanziell stärksten Geber und Untersützer hatten. Solche Unwuchten soweit möglich zu vermeiden könnte ein gutes Argument gewesen sein, aber das soll es ja auch nach diesem Vorschlag bleiben. Dass es hingegen auch und immer noch fair balanciert mit weniger gehen müsste, kann man so sehen, spätestens wenn man das Verhältnis von Aufwand und (Außen)wirkung hinterfragt. Hab mir jetzt nicht die Mühe gemacht, auch noch die Budgets dies- und jenseits des Ozeans zu vergleichen, aber ich hab auch so einen Verdacht.

  • Tja, "Das frei gewordene Geld sollte dahin umgelenkt werden, wo es der politischen Bildung wirklich nützt:"

    Nun, dazu wird es vermutlich nicht kommen. Gelder werden dann im Haushalt des Bundes verbleiben. Oder, hat Herr Hinck da eine neue Volte?

    Wohin mit dem Geld in den globalen Süden, wenn Geber nicht gefragt sind?

    Wohl auch im Staatshaushalt verbleiben.

  • Guter Vorschlag.

  • das jetzt die stiftungen abgeschafft werden oder zumindest gestutzt werden, ist wohl eher unwahrscheinlich. ich vertraue ganz fest auf die kreativität der parteien eine maximal lukrative lösung zu finden.

  • Mit Verlaub. Über den Vorschlag muß ich zustimmend etwas schmunzeln.



    Weil er - indirekte Begrenzung der Parteimoloche - auf der Linie Karlsruhes liegt!



    Ist es doch kein Geheimnis - daß Karlsruhe lieber gestern als morgen seine unselige Rechtsprechung zur Stellung/Bedeutung der Parteien&Fraktionen zu Lasten der Stellung/Bedeutung der Abgeordneten & damit letztlich dem Parlamentarismus - systemwidrig zugunsten der Exekutive!



    Karlsruhe. Diese Rechtsprechung aber - die diese & viele andere Denaturierungen erst ermöglicht hat! Korrigieren würde! Gellewelle! But.



    Geeignete Verfahren Antragstellungen sind mehr als rar! Woll.



    Das nächste zu den sog Stiftungen - den Melkkühen der Parteien wäre ein zaghafter Einstieg! Masel tov.

    • @Lowandorder:

      Es ist aber schon ein wenig traurig, daß man schmunzeln muß, wenn ein Vorschlag, der nach lagerübergreifend akzeptabelen gesunden Menschenverstand klingt, etwa der aktuellen Linie des Verfassungsgerichts entspricht - quasi zufällig.

      Diesen "Stiftungen" aber ... pereant!

      • @Wurstprofessor:

        Mit Verlaub - schmunzeln ist für mich nichts trauriges.



        Im übrigen - op gau plattdütsch:



        “Doon issen Ding! Snakken kunnt wi all!“ => mal sehn - was im Ergebnis dabei rausbrät!

  • Na, das haben sich die Parteien im Bundestag ja einmal mehr einen Bärendienst erwiesen ...

  • Yeesssss ! Endlich.