Parteiausschluss von Thilo Sarrazin: Der erste Schritt ist getan
Dass die SPD einen dritten Versuch macht, Sarrazin rauszuschmeißen, ist gut. Aber warum ist das nicht schon längst vorher passiert?

U nd sie bewegt sich doch. Dass die SPD im dritten Anlauf endlich dem Ausschluss von Thilo Sarrazin etwas näher gekommen ist, ist eine erfreuliche Nachricht. Aber Vorsicht: Noch ist nichts endgültig entschieden. Bis auf Weiteres ist er immer noch SPD-Mitglied.
Wenn doch nur alle SozialdemokratInnen so an ihrem Parteibuch hängen würden! Als Sarrazin 1973 Genosse wurde, hatte die SPD noch mehr als 973.000 Mitglieder. Heute verzeichnet sie gerade mal noch rund 426.000 – ein historischer Tiefstand. Aber der Einflüsterer der Pegida-Bewegung, der will auf Biegen und Brechen in der Partei bleiben. Nicht nachvollziehbar ist, warum die SPD das so lange zugelassen hat. Seitdem Sarrazin vor knapp zehn Jahren in einem Interview mit der Kulturzeitschrift Lettre International seine biologistisches und rassistisches Weltbild ausführlich dargelegt hat, kann für niemanden mehr ein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass dieser rechte Hetzer die postulierten Grundsätze der SPD mit Füßen tritt. Trotzdem sind die ersten beiden Ausschlussversuche 2010 und 2011 kläglich gescheitert. Ebenso wenig erschließt sich, warum der SPD-Bundesvorstand erst im vergangenen Jahr jenes dritte Parteiordnungsverfahren eingeleitet hat, das nun seine erste Hürde genommen hat.
Es ist schon erstaunlich: Bei vermeintlichen LinksabweichlerInnen wie dem damaligen Juso-Bundesvorsitzenden Klaus Uwe Benneter oder dem Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Hansen – um nur zwei von etlichen zu nennen – hat sich die SPD in der Vergangenheit weniger schwergetan. Ihre Ausschlüsse gingen einst ruckzuck. Dabei hatten sie nicht die Grundsätze der SPD infrage gestellt – im Gegenteil. „Für die Gleichberechtigung und Selbstbestimmung aller Menschen – unabhängig von Herkunft und Geschlecht, frei von Armut, Ausbeutung und Angst.“ Dafür tritt die SPD laut ihrem Grundsatzprogramm ein. Und: „Wir widersetzen uns jeder Form der Diskriminierung.“ Das verträgt sich nicht mit der üblen Demagogie Sarrazins, der getrieben ist von einer elitären wie zynischen vulgärdarwinistischen Weltanschauung.
Es ist eine Frage der politischen Hygiene, dass der SPD jetzt endlich der Ausschluss Sarrazins gelingt. Immerhin: Der Anfang ist gemacht. Aber der 74-Jährige hat bereits angekündigt, durch alle Instanzen zu ziehen, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht. Das kann dauern – und der Ausgang ist ungewiss. Sarrazin kann also erst mal die SPD weiter als demokratisches Feigenblatt missbrauchen. Ganz so wie Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die CDU.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links