Pandemie-Folgen für Politik und Justiz: Corona greift Linkspartei an
Wegen der Pandemie überlegt die Linke, ihren Parteitag zu verkürzen. Immer mehr Großstädte werden zu Corona-Hotspots.
![Parteitagsdelegiert mit großem Abstand in einem Saal Parteitagsdelegiert mit großem Abstand in einem Saal](https://taz.de/picture/4428647/14/Parteitag-Linke-Sachsen-Corona-1.jpeg)
„Wir hoffen, dass wir wie geplant einen neuen Parteivorstand wählen können“, sagte der scheidende Bundesvorsitzende Bernd Riexinger der taz. Eine Entscheidung soll in einigen Tagen fallen. Die Linke hatte genau wie die CDU ihren Wahlparteitag infolge der ersten Coronawelle im Frühjahr bereits einmal verschoben. Auf dem Bundesparteitag soll eine neue Führung gewählt werden. Zur Wahl stehen die Thüringer Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow und die hessische Spitzenpolitikerin Janine Wissler.
Die CDU hatte bereits Mitte September bekanntgegeben, dass sie ihren anstehenden Parteitag zur Wahl der neuen Spitze von geplanten drei Tagen auf einen Tag verkürzt. Die Delegierten sollen sich am 4. Dezember „unter strengen Auflagen mit umfassendem Hygienekonzept“ in Stuttgart treffen, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen. Die baden-württembergische Landeshauptstadt gilt seit dem Wochenende als Risikogebiet.
Doch nicht nur die Politik, auch die Justiz bekommt die Folgen der Coronamaßnahmen zu spüren: Die steigenden Coronazahlen in Berlin beeinträchtigen jetzt etwa auch die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts. Weil Berliner Politiker in Karlsruhe nicht mehr übernachten dürfen, beginnt die nächste Verhandlung am Dienstag statt um 10 Uhr erst um 12 Uhr. Geprüft wird die Zustimmung des Bundestags zum Ceta-Handelsvertrag mit Kanada. Normalerweise reisen Politiker und Ministerialbeamte am Abend vor der Verhandlung an. Doch wegen des Beherbergungsverbots für Reisende aus Risikoregionen geht das diesmal nicht.
Städte verschärfen Sicherheitsmaßnahmen
Insbesondere Großstädte in Deutschland haben sich zu Coronahotspots entwickelt: Am Samstag meldeten Köln und Stuttgart die Überschreitung der Warnstufe von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Auch Berlin, Frankfurt am Main, Bremen und Essen liegen über dieser Schwelle, München liegt nur noch knapp darunter. Noch am Freitag hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Oberbürgermeistern der elf größten deutschen Städte beraten und gesagt, dass sich an der Entwicklung in den Ballungsräumen zeigen werde, „ob wir die Pandemie in Deutschland unter Kontrolle halten können oder ob uns die Kontrolle entgleitet“.
Immer mehr Städte verschärfen ihre Sicherheitsmaßnahmen. In Berlin trat am Wochenende eine nächtliche Sperrstunde in Kraft, Stuttgart bereitet diese vor, Köln schränkte das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit ein. Auch die Maskenpflicht wird vielerorts ausgeweitet. In Nordrhein-Westfalen ist die Teilnehmerzahl bei privaten Feiern außerhalb von Privatwohnungen landesweit künftig auf 50 Menschen begrenzt, wie Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Sonntag ankündigte.
Das Regelungswirrwarr in den Bundesländern sorgt zunehmend für Kritik. Nicht nur Wirtschaftsverbände, auch der Virologe Christian Drosten plädierten für mehr bundeseinheitliche Regelungen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte bei Verstößen einheitliche Bußgelder von 250 Euro. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rief zum Party-Verzicht auf. Das Robert-Koch-Institut meldete am Sonntag 3.483 Neuinfektionen. Am Sonntag der Vorwoche waren es 2.279, am Sonntag vor zwei Wochen 1.411.
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