Palästinenser in Israels Gefängnissen: Unrecht hinter Gittern
Nach dem 7. Oktober nimmt Israel vermehrt Palästinenser fest. Sie berichten von unmenschlichen Bedingungen. Begegnung mit zwei Ex-Häftlingen.
A ls Munther Amira im israelischen Gefängnis Ofer im Westjordanland ankommt, rechnet er mit dem Prozess, den er bereits kennt: Die Sicherheitskräfte unternehmen einen Sicherheitscheck, der Gefangene muss seine Hose und sein Shirt ausziehen. Amira, ein bekannter Aktivist aus dem Aida Camp in Bethlehem, setzt sich schon seit Jahrzehnten gegen die israelische Besatzung seiner Heimat ein – immer frei von Gewalt, das ist ihm wichtig, betont er. Trotzdem wurde er in der Vergangenheit festgenommen, Amnesty bezeichnete ihn damals als politischen Häftling.
„Doch diesmal war es anders“, sagt Amira. Und erzählt so gefasst und ruhig, fast monoton, als sei diese Geschichte nicht seine eigene, sondern die eines Bekannten: Die Soldaten fordern ihn auf, auch die Unterhose auszuziehen. Er weigert sich. „Ich sagte ihnen: Ihr könnt mich auch überprüfen, ohne dass ich meine Unterwäsche ausziehe“. Die Widerworte verhallen, die Sicherheitskräfte schlagen ihn, ziehen sie ihm mit Gewalt aus. „Es ist ein Moment von großer Aggressivität, wenn man nackt ist und jemand einen anfasst.“
Sie fordern ihn auf, das Bein zu heben, dann das andere, die Arme – hoch, runter. Dann holen sie einen Metalldetektor, ein kleines in der Hand zu haltendes Gerät, das auch bei Sicherheitschecks am Flughafen verwendet wird. „Sie haben angefangen damit zu spielen“, sagt er und zeigt auf seinen Intimbereich. „Da habe ich gelernt, was sexuelle Belästigung ist und was es bedeutet, gegen seinen Willen berührt zu werden.“ Er pausiert lange und lässt den Blick durch den Raum schweifen. Im Hintergrund summt die Klimaanlage. Schließlich sagt er: „Es fällt mir schwer, zu verstehen, warum sie das tun.“
Nach dem 7. Oktober beginnt im Westjordanland eine Welle von Festnahmen. Nach Angaben der israelischen Nichtregierungsorganisation HaMoked, die sich für die Rechte von Palästinensern einsetzt, hält Israel in seinen Gefängnissen derzeit über 3.300 Menschen in Administrativhaft fest. Wenn Menschen in Administrativhaft genommen werden, müssen sie noch kein Verbrechen begangen haben. Die Befürchtung, dass sie es in Zukunft tun könnten, reicht aus. Wie genau die Behörden – im Fall des Westjordanlandes das Militär – das begründen, bleibt geheim, sogar vor den Gefangenen selbst. Theoretisch liegt die Maximaldauer der Administrativhaft bei sechs Monaten, sie kann aber immer wieder verlängert werden.
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Viele von den Gefangenen wurden nach dem Angriff der Hamas auf Israel im vergangenen Herbst festgenommen – und einer von ihnen war von Mitte Dezember bis Ende Februar 2024 Munther Amira. Auch in Gaza verhaftet das israelische Militär vermehrt Menschen. Wie viele es genau sind, ist kaum nachzuvollziehen. Im Verlauf des Krieges werden immer wieder Bilder von bis auf die Unterhose entblößten, in Reihen auf dem Boden sitzenden, gefesselten Männern öffentlich.
Die Gefangenen aus Gaza und dem Westjordanland landen schließlich entweder in temporären Haftanstalten, in dem durch eine Recherche von CNN bekannt gewordenen Militärcamp Sde Teiman in der Wüste Südisraels. Oder in den Gefängnissen des Israeli Prison Service (IPS) in Israel und dem Westjordanland, so wie Amira. Gemein ist beiden: Wieder entlassene Gefangene sowie Zivilorganisationen prangern systematische Menschenrechtsverstöße an – Gewalt, Hunger, Folter. Auch Amira erhebt schwere Vorwürfe gegen die Soldaten, die ihn festnahmen, gegen die Beschäftigten des Gefängnisses Ofer und gegen das israelische Gefängnissystem selbst.
Seine Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, sie decken sich aber mit Berichten weiterer Gefangener in verschiedenen Medien, sowie mit den Angaben von diversen Nichtregierungsorganisationen.
Als die Soldaten ihn in seinem Haus in Bethlehem festnahmen, sei seine 19-jährige Tochter bei ihm gewesen, erzählt er. Die Soldaten hätten sie in ein anderes Zimmer gebracht. Den beiden Söhnen – der eine erst dreizehn Jahre alt – hätten sie Handschellen angelegt, die beiden ebenfalls aus dem Raum geschafft. Auch sein Bruder, der ein paar Häuser weiter lebt, wird zunächst festgenommen, erzählt er. Eine Verwechslung mit ihm selbst. Die Soldaten, sagt er, hätten ihn und seinen Bruder geschlagen und misshandelt. Schließlich hätten die Soldaten ihn fotografiert – und gewartet, bis eine Bestätigung gekommen sei. „Das ist er, sagten sie.“
Mit gefesselten Händen und verbundenen Augen, sagt Amira, habe die Fahrt begonnen. Einmal seien die Soldaten angehalten: „Sie haben mir gesagt: Wir werden deinen Traum wahr werden lassen. Ich frage: Welcher Traum? Sie sagen: Du wolltest doch ein Shaheed, ein Märtyrer, sein!“ Dann habe er geantwortet, dass das nicht stimme. Und gesagt:„Ich bin ein Friedensaktivist, ich bin nicht bewaffnet.“ Sie hätten geantwortet: „Wir bringen dich nach Gaza.“ Dann habe er Panik bekommen. Wohin die Fahrt tatsächlich geführt habe, habe er nicht gewusst. Nach drei Tagen Zwischenstation in einem Gefängnis in der Negev – Naqab, sagt Amira, der arabische Name der Wüste in Südisrael – sei er schließlich im Gefängnis Ofer angekommen.
Allein die Bedingungen seien dort kaum erträglich gewesen, beschreibt er: So seien etwa die Zellen chronisch überbelegt gewesen. „Wir waren dreizehn Menschen in einer Zelle für fünf Personen. Die Überzähligen mussten auf dem Boden verteilt schlafen.“ Nach einer Entscheidung des obersten israelischen Gerichts aus dem Jahr 2020 muss jedem Gefangenen eine Fläche von mindestens 4,5 Quadratmetern zu Verfügung stehen. Die Weisung des Urteils wurde jedoch nie implementiert, und nach Angaben des Verbandes für Zivilrechte in Israel (ACRI) beträgt die Fläche derzeit gerade einmal knapp über 2 Quadratmeter. Die Situation in den Gefängnissen, so die Organisation, habe sich als „Ergebnis des Krieges erheblich verschlechtert“.
Auch die Versorgung mit Nahrung sei unzureichend, die Lebensmittel teils verdorben, sagt Amira. Die nach dem 7. Oktober geschrumpften Essensrationen für sogenannte Sicherheitsgefangene, wozu auch die sich in Administrativhaft Befindlichen zählen, beschäftigen auch den Obersten Gerichtshof in Israel. ACRI hat dort eine Petition eingereicht und wirft dem Israel Prison Service (IPS) vor, mit Absicht die Rationen reduziert zu haben. Der IPS ist für alle Gefängnisse in Israel zuständig. Bei einer Anhörung Ende Juni nennt das Oberste Gericht das Verhalten des IPS „inakzeptabel“, einer der Richter wirft die Frage auf, warum die geschrumpften Rationen nur für die Sicherheitsgefangenen, nicht aber für normale, kriminelle Gefangene gelten. In einem Brief an ACRI bezeichnet der ultranationalistische Minister für Innere Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, dem der IPS untersteht, die Kürzung der Rationen als „abschreckende Maßnahme“.
IPS beantwortet die Fragen der taz zu den Vorwürfen Amiras und anderer Gefangener mit einem allgemeinen Statement: Alle Grundrechte würden durch das professionell ausgebildete Gefängnispersonal gewahrt, außerdem könnten die Gefangenen sich auf offiziellem Wege beschweren. Auf konkretere Fragen der taz geht die Behörde nicht ein.
Auch Gewalt sei an der Tagesordnung gewesen, sagt Amira. Etwa beim Appell zum Zählen der Gefangenen. Sie hätten auf dem Boden knien müssen, erzählt er, die Augen nach unten gerichtet, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Wer sich weigere oder die Sicherheitskräfte anblicke, sagt er, würde schnell Opfer von Gewalt. Diese sei in Ofer nicht nur sicht-, sondern auch hörbar gewesen, sagt Amira. Er befand sich im Zellenblock 22. Daneben liegt der Block 23 – und dort sitzen die Gefangenen aus Gaza.
Im Block 23 sitzt auch Muhammad ein. Seinen echten Namen will er nicht veröffentlicht sehen. Er stammt aus Gaza-Stadt, Mitte November 2023 wollte er den Netzarim-Korridor passieren. Diese vom israelischen Militär kontrollierte Passage verläuft horizontal durch Gaza hindurch, südlich von Gaza-Stadt. Wer von Nord- nach Südgaza fliehen will, wozu das israelische Militär die Bewohnenden von Gaza-Stadt Mitte Oktober aufforderte, muss durch ihn hindurch. In dem Korridor sei er festgenommen worden, erzählt er. Warum, wisse er bis heute nicht. Von seiner Festnahme im November bis zu seiner Entlassung im Frühling habe man ihm keinen einzigen Anklagepunkt genannt. Auch Amira weiß bis heute nicht, was genau ihm denn nun eigentlich vorgeworfen wird.
Dazu befähigt ist Israel nach Angaben von Addameer – einer palästinensischen Nichtregierungsorganisation, die Gefangene unterstützt und deren Behandlung dokumentiert – durch drei verschiedene Gesetze: Für die Gefangenen aus dem besetzten Westjordanland gilt Militärrecht, das die Anwendung von Administrativhaft erlaubt. Für Gefangene aus Gaza gilt ein Gesetz, das es Israel ermöglicht „unrechtmäßige Kämpfer“ festzunehmen und festzuhalten. Auch israelische Staatsbürger können im derzeit im Notstand geltenden Gesetz in Administrativhaft genommen werden. Laut Haaretz wurden seit dem 7. Oktober aber nur 10 jüdische Israelis in Administrativhaft genommen.
Ein Bild von vor der Festnahme zeigt Muhammad als Mann in den 30ern, mit sorgfältig gestutztem Bart, vollen Wangen und dünner werdendem, vorteilhaft gestyltem Haar über der Stirn. Heute sieht er viel schmaler aus, mit Schatten unter den Augen. Aus Ofer kehrte er nach Gaza in ein Zelt zurück, in eine der humanitären Zonen südlich des Netzarim-Korridors, wo sich viele Geflüchtete aus ganz Gaza heute ballen.
Muhammad, Exhäftling aus Gaza-Stadt
Nachdem die Soldaten ihn im November festgenommen hätten, sei er zunächst in die Haftanstalt in Aschkelon, einer israelischen Stadt nahe dem Gazastreifen, gekommen. Dort sei er verhört, geschlagen und erniedrigt worden, sagt er. „Sie haben keinen Unterschied gemacht zwischen Alten und Jungen, Ärzten und Ingenieuren, Zivilisten und Militanten. Sie haben uns gesagt: Ihr seid alle Terroristen, ihr seid alle Hunde.“
Gefoltert hätten sie ihn aber nicht, sagt er. Doch wenn die Hamas-Anhänger verhört wurden, habe er ihre Schreie hören können. Im Gefängnis in Aschkelon sei Muhammad am ersten Tag seiner Haft einem Mann begegnet, dessen Name im Juni in den Medien landen würde. Es war Iyad al-Rantisi, Leiter der Frauenklinik des Kamal-Adwan-Krankenhauses in Beit Lahiya in Nordgaza. Die beiden Männer hätten zusammen in einer Zelle gesessen. „Er war sehr schwach“, sagt Muhammad. „Ich habe versucht ihm Essen und Trinken zu geben, doch er wollte nicht.“ Al-Rantisi habe darauf bestanden, dass er Arzt sei – sonst nichts.
„Er konnte die Erniedrigungen und die Schläge nicht ertragen“, sagt Muhammad. „Ich habe immer wieder den Wärtern gesagt: Dem Mann geht es schlecht, holt einen Arzt. Sie haben nicht auf mich gehört.“ Eines Tages, erzählt er weiter, bei einer Befragung, habe er dem Verhörenden vom Zustand des Arztes erzählt. Der Beamte habe zwei Wärter in die Zelle geschickt, die hätten ihn mitgenommen, unter Gewalt. „Am selben Tag änderte sich etwas im Gefängnis. Ich hatte das Gefühl, dass etwas passiert ist.“ Später sei er befragt worden, was mit dem Arzt geschehen sei: Wer ihn geschlagen habe, wann er Hilfe bekommen habe, ob die Wärter ihn misshandelt hätten, als sie ihn abholten.
„Ich habe ihnen alles erzählt: wie sie ihn geschlagen und hinausgezerrt haben.“ Wann genau Iyad al-Rantisi gestorben sei, wisse Muhammad nicht. „Um den 16. bis 18. November“, sagt er. Das deckt sich mit einem Bericht der linken israelischen Zeitung Ha’aretz, der im Juni erscheint. Der Tod des Arztes im Gefängnis von Aschkelon wird erst zu dieser Zeit publik, das Gericht hatte ein sechsmonatiges Informationsembargo verhängt. Al-Rantisis Leiche befindet sich noch immer in Israel, die Todesursache ist bis heute unklar.
Mangelnde medizinische Versorgung
Die Nichtregierungsorganisation Ärzte für Menschenrechte in Israel (PHRI) sammelt Informationen zu toten palästinensischen Insassen in israelischen Gefängnissen. Der taz liegen zwei Obduktionsberichte vor, die von Ärzten für PHRI verfasst wurden, einer von Ende Oktober, der zweite aus dem Februar. In dem älteren Bericht schreibt der obduzierende Arzt über den Todesfall eines Gefangenen: Es gebe keine Zeichen für eine Gewalteinwirkung von außen. Der an Diabetes Typ I leidende junge Mann sei wahrscheinlich an einem Herzinfarkt gestorben. Wer an Diabetes Typ I erkrankt ist, muss meist den Botenstoff Insulin spritzen, der für einen funktionierenden Stoffwechsel essenziell ist. Wer an Diabetes erkrankt ist, hat ein höheres Infarktrisiko – gerade bei unpassender Ernährung und mangelnder medizinischer Versorgung.
Der Bericht aus dem Februar bezieht sich ebenfalls auf einen jungen Mann, gerade einmal 20 Jahre alt, der an einer angeborenen Erkrankung des Darms leidet. Er brauche eine spezielle Diät und Darmspülungen, sonst könne seine Krankheit lebensbedrohlich werden, so der Obduktionsbericht. Laut dem obduzierenden Arzt würden sich dann im Körper Fäkalien ansammeln, was unter anderem zu niedrigem Blutdruck, Schmerzen und Nierenversagen führen könne.
Der Verstorbene sei kurz vor seinem Tod aus dem Gefängnis in ein Krankenhaus verlegt worden, „in ernstem Zustand“, so der Bericht. Kurz nach der Ankunft in der Notaufnahme sei er verstorben. Der Obduktionsbericht betont: Der Tod des jungen Mannes hätte wohl vermieden werden können, wenn er rechtzeitig adäquate medizinische Hilfe erhalten hätte, wenn er sich entsprechend seiner Krankheit hätte pflegen können. Bei der Ankunft in der Notaufnahme sei sein Zustand bereits so schlecht gewesen, dass die Chance, ihn noch retten zu können, gering gewesen sei.
Zu al-Rantisi liegt der taz kein Obduktionsbericht vor. Etwa zwei Wochen nach dem Tod des Arztes wurde Muhammad nach Ofer verlegt. Als er dort angekommen sei, erzählt er, habe er den Ruf zum Gebet aus dem nur wenige Kilometer entfernt liegenden Ramallah, der De-facto-Hauptstadt der palästinensischen Autonomiegebiete, gehört. Das Gefängnis Ofer liegt im C-Gebiet – also dem Bereich des Westjordanlandes, über das Israel nach den Oslo-Abkommen Anfang der 90er Jahre sowohl die Sicherheits- als auch die Verwaltungskontrolle ausübt.
Muhammads Berichte aus Ofer ähneln denen Amiras: Die Zellen seien überbelegt, die Versorgung mit Lebensmitteln mangelhaft gewesen. In seiner Zelle seien während seines Aufenthaltes zwischen zehn und fünfzehn Menschen untergebracht gewesen, sagt Muhammad. „Wir hatten drei Matratzen und zwei Decken für uns alle.“ Morgens, erzählt er, sei er vom Ruf zum Morgengebet im nahen Ramallah aufgewacht, dann seien die Sicherheitskräfte zum Morgenappell gekommen. Genau wie Amira, sagt auch Muhammad, dass die Gefangenen dafür auf dem nackten Boden hätten kauern müssen. Und wie Amira in seinem Zellenblock 22 habe auch Muhammad in Block 23 die Schreie der anderen gehört. Schläge, sagt er, seien an der Tagesordnung gewesen.
Mit Muhammad hätten weitere Menschen aus Gaza in Ofer eingesessen, erzählt er. Bei einem Besuch der Gemeinschaftsduschen – zu denen man äußerst selten Zugang bekommen habe, betont Amira – sei Muhammad auf Adnan al-Burj getroffen. Der sei ebenfalls Arzt gewesen, vor dem Krieg Leiter der Orthopädie des mittlerweile bekannt gewordenen Al-Schifa-Spitals in Gaza-Stadt. Nach israelischen Angaben befand sich unter dem Klinikum ein Kommandozentrum der Hamas, den dafür genutzten Bunker hat Israel während seiner Besatzung des Gazastreifens in den 1980er Jahren selbst gebaut. Nach wochenlangen Gefechten im Frühling ist das Krankenhaus heute zerstört.
Das Wasser in den Duschen in Ofer sei immer kalt gewesen und mit einem Sensor automatisch angegangen, sagt Muhammad. Als die beiden dort gewartet hätten, hätten sie sich einander vorgestellt. Dann sei ein Wärter zurückgekommen, die Konversation sei versiegt. Es sei das erste und letzte Mal gewesen, dass er al-Burj getroffen habe. Mitte April starb er in Ofer. Eine Obduktion wurde laut PHRI nicht vorgenommen.
Nach Angaben von Addameer ist Adnan al-Burj einer von mindestens drei Gefangenen, die seit dem 7. Oktober im Gefängnis Ofer starben. In allen israelischen Gefängnissen sind es mindestens 18 Tote, so Addameer. Und nach Berichten verschiedener Medien starben im Militärcamp Sde Teiman über 30 gefangen genommene Palästinenser.
Dazu trägt, wie der Obduktionsbericht von PHRI nahelegt, auch die mangelnde medizinische Versorgung bei. Auch Amria erzählt: Er habe einige gesundheitliche Probleme, müsse drei verschiedene Medikamente einnehmen. Erst nach drei Wochen Haft habe er zumindest Tabletten gegen seinen Bluthochdruck erhalten. Die zweite Art von dringend benötigter Medizin habe er zwei Tage vor seiner Entlassung bekommen. Und als er nach etwa zweieinhalb Monaten schließlich freigekommen sei, sagt er, habe er 33 Kilogramm weniger als bei seiner Festnahme gewogen. In vielen Momenten habe er nicht mehr mit einer Freilassung und einer Rückkehr nach Hause gerechnet, sondern nur noch mit dem Tod.
Amiras 19-jährige Tochter, die mitangesehen hat, wie ihr Vater von den Soldaten bedrängt und schließlich verhaftet wurde, stürzt ins Zimmer, die dunklen Locken noch feucht: „Papa, ich brauche dringend die Autoschlüssel.“ Amira seufzt väterlich und beginnt zu suchen. Ihm sei bei seiner Entlassung verboten worden, mit Medien zu sprechen, sagt er, sonst werde man ihn gleich wieder inhaftieren. Trotzdem habe er etwa Haaretz bereits ein Interview gegeben. Als gewaltloser Aktivist sei es seine Aufgabe, zu erzählen, was ihm passiert sei – auch wenn er dafür wieder einen hohen Preis bezahlen könnte.
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