Pakistaner half bin Laden zu finden: „CIA-Arzt“ im Hungerstreik
Ein Mediziner half dem US-Geheimdienst einst bei der Suche nach Osama bin Laden. Nun wehrt er sich mit einem Hungerstreik gegen seine Haft.
Berlin taz | Der inhaftierte pakistanische Arzt Shakil Afridi, der dem US-Geheimdienst CIA 2011 beim Aufspüren von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden half, ist seit Montag im Hungerstreik. Damit protestiere der 1962 geborene Mediziner gegen die „Ungerechtigkeit und unmenschliche Einstellung“ ihm und seiner Familie gegenüber, sagte sein Bruder Jamil Afridi der Agentur AFP. Sein Anwalt Qamar Nadeem bestätigte das. Es ist Afridis zweiter Hungerstreik.
Im Frühjahr 2011 soll Afridi dem CIA geholfen haben, bei der pakistanischen Garnisonsstadt Abbottabad mit einer fingierten Impfkampagne gegen Hepatitis B an DNA-Proben zu kommen. So soll er bei der Identifizierung des damals meistgesuchten Terroristen geholfen haben.
Dass der Al-Qaida-Chef in der Nähe wichtiger Militäreinrichtungen lebte, war für Pakistans Generäle ein Gesichtsverlust: Entweder lebte er dort mit Wissen des Militärs oder dieses hatte die Region nicht unter Kontrolle.
Welche Rolle Afridi bei der Identifizierung bin Ladens am 2. Mai 2011 genau spielte, ist unklar. Doch kurz nach Barack Obamas ausgeführtem Befehl zur Tötung bin Ladens versuchte er zu fliehen, wurde aber an der Grenze zu Afghanistan festgenommen.
Vorwürfe von Landesverrat, Terrorfinanzierung und Mord
Afridi wurde wegen Landesverrats angeklagt, schließlich aber wegen der Finanzierung einer islamistischen Terrorgruppe zu 33 Jahren Haft verurteilt. Er soll der Gruppe Lashkar-e Islam eine Million Rupien gezahlt haben. Laut Afridi war dies das Lösegeld für seine Freilassung, weil die Gruppe ihn zuvor entführt hatte.
Lashkar-e Islam erklärte später, man würde von einem „Verräter“ wie ihm gar kein Geld nehmen, sondern hätte ihn getötet. In einer späteren Berufungsverhandlung wurde Afridis Strafmaß auf 20 Jahre reduziert.
Heute wird der Arzt aus der nordwestlichen Khyber-Region an einem geheimen Ort festgehalten. Laut seinem Anwalt wurde er zeitweilig gefoltert und habe lange Zeit keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand gehabt. Ein erster Anwalt Afridis wurde ermordet. Inzwischen gibt es eine weitere Anklage gegen Afridi – wegen Mordes. Seine medizinische Behandlung soll zum Tod eines Patienten geführt haben.
Misstrauen gegen Impfungen unter Pakistans Islamisten
Afridis vorgetäuschte Impfungen sowie die behauptete Kooperation mit westlichen Hilfsorganisationen hat unter Pakistans Islamisten – im Gegensatz zu denen in Afghanistan – zu großer Skepsis gegenüber Impfkampagnen geführt. Das ist mit ein Grund, warum Polio (Kinderlähmung) dort weiterhin so verbreitet ist. Immer wieder wird Impfpersonal angegriffen und trotz Polizeischutz getötet.
In den USA gilt Afridi als Held. Donald Trump hatte im Wahlkampf 2016 erklärt, als US-Präsident werde er „in Minuten“ dessen Freilassung bewirken. Dies wurde von Pakistans Regierung scharf kritisiert. Premierminister Imran Khan soll bei seinem letzten Washington-Besuch als Gegenleistung für die Überstellung Afridis an die USA die Freilassung einer terrorverdächtigen pakistanischstämmigen Wissenschaftlerin aus US-Haft gefordert haben.
Leser*innenkommentare
Franz Georg
Tja, wer sich auf die Amis verlässt, ist eben verlassen.
Haben die syrischen Kurden ja gerade auch feststellen müssen ...