Schärferes Sexualstrafrecht in Pakistan: Vergewaltigern droht Kastration
Nach besonders empörenden Vergewaltigungsfällen werden in Pakistan Gesetze verschärft. Kritiker*innen fordern grundlegendere Maßnahmen.
ISLAMABAD dpa/ap | Sexualstraftätern in Pakistan drohen künftig schärfere Strafen. Ein neues Gesetz sieht unter anderem in besonders schweren Fällen von Vergewaltigung oder Kindesmissbrauch die chemische Kastration der Angreifer oder gar die Todesstrafe vor. Das von Präsident Arif Alvi unterzeichnete Gesetz muss in den nächsten vier Monaten vom Parlament gebilligt werden. Geschieht dies nicht, läuft es nach 120 Tagen aus.
Das Gesetz sieht die Schaffung von Sondergerichten vor, die Prozesse zügig zum Abschluss bringen sollen, in denen es um Vergewaltigungen von Frauen oder Kindern geht. Diese Schnellgerichte sollen Prozesse innerhalb von vier Monaten zum Abschluss bingen inklusive Urteilsverkündung.
Verboten wird zudem die Bekanntmachung der Identität von Vergewaltigungsopfern. Einem Zeitungsbericht zufolge droht auch Amtsträgern und anderen Funktionären Strafe, wenn sie Ermittlungen in Vergewaltigungsfällen vernachlässigen.
Rechtsexperten und Aktivisten kritisierten das Gesetz am Mittwoch als unzulänglich. Allein die Bestrafung der Täter reiche nicht aus, ohne auch das Justizsystem grundlegend zu verbessern.
Einrichtung einer Sexualstraftäter-Datenbank
Die Neuregelung wird als Reaktion auf mehrere Sexualverbrechen gesehen, die in dem südasiatischen Land zu einem Aufschrei in der Bevölkerung geführt hatten. So hatte im September die Vergewaltigung einer Frau auf einer Schnellstraße nahe der östlichen Stadt Lahore für landesweite Proteste gesorgt.
Sie war aus ihrem Auto gezerrt und vor den Augen ihrer Kinder vergewaltigt und ausgeraubt worden. Die mutmaßlichen Täter wurden gefasst. Besonders empört hatten damals Aussagen eines Polizeichefs, der die Frau für die Gewalttat mitverantwortlich machte.
Das Gesetz sieht auch eine Sexualstraftäter-Datenbank vor. Es sei aber eine zu simple Lösung für ein hochkomplexes Problem, bemängelte der Jurist Rizwan Khan.
Das Schlupfloch außergerichtliche Einigung bleibt
Ein Sprecher der Menschenrechtskommission kritisierte die Initiative als Augenwischerei. Die chemische Kastration – bei der Medikamente den Sexualtrieb hemmen – werde nichts bringen, solange es Schlupflöcher wie außergerichtliche Einigungen mit Sexualstraftätern gebe. Auch die Einschüchterung von Opfern müsse bekämpft werden.
Bislang werden Sexualstraftäter in Pakistan nach Angaben der Menschenrechtskommission wegen schwacher Gesetze und komplizierter Strafverfahren nur selten bestraft. Frauen zeigten Vergewaltigungen zudem nur selten an, um sich in der konservativ geprägten Gesellschaft keinen Verurteilungen oder Beschämungen auszusetzen.