Outsourcing von Reinigungskräften: Für das Ende einer Riesensauerei

Dreckige Schulen, schlechte Arbeitsbedingungen: In fünf Bezirken sammeln Eltern und Lehrer Unterschriften für die Rekommunalisierung der Reinigung.

Geht doch! Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) beim Frühjahrsputz in der Rollbergsiedlung Foto: dpa

Kinder, die in der Schule kein Wasser mehr trinken, weil sie dort nicht aufs Klo gehen wollen. Das ist eine von vielen Geschichten, die Eltern am Donnerstag im Kreuzberger „Bilgisaray“ erzählt haben, um die hygienischen Zustände an den Schulen ihrer Kinder zu beschreiben. „Es gibt seit Jahren massive Beschwerden“, sagt Philipp Dehne von der Bürgerinitiative „Schule in Not“.

Susanne Kühne, eine Mutter aus Pankow, klagt darüber, dass in der Grundschule ihres Kindes eine tägliche Reinigung nicht selbstverständlich sei. Zwar habe die Reinigungsfirma in fünf Monaten schon drei Mal gewechselt, das habe aber nichts gebracht. Schließlich, darin sind sich die Eltern und Lehrer einig, ist die große Sauerei strukturell bedingt: Auslagerung der Reinigungsarbeit; Firmen, die sich bei der Auftragsvergabe unterbieten; Reinigungskräfte, die dann nicht genug Zeit haben, um ihre Arbeit zu machen.

Die Initiative „Schule in Not“ hat sich in den letzten Monaten von Neukölln aus auf andere Bezirke verbreitet. Während in Neukölln seit August das Bürgerbegehren „Saubere Schulen“ läuft, haben nun Eltern aus Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow und Tempelhof-Schöneberg angefangen, Unterschriften für Einwohneranträge zu sammeln.

Die Forderungen aller Initiativen: zunächst mehr Geld für Reinigungsarbeiten, damit die Bezirke zusätzliche Tagesreinigungskräfte anstellen können – und letztlich die Rekommunalisierung der Reinigungsarbeit zum Schuljahr 2020/21, die ab den 1980ern outgesourct wurde.

Eine Empfehlung, keine Verpflichtung

Für das Neuköllner Bürgerbegehren müssen die Aktivisten 7.000 Unterschriften sammeln, damit es in der nächsten Stufe zu einem Bürgerentscheid kommen kann. Bisher haben sie 2.500 zusammen. Dem Bürgerentscheid wiederum müssen 10 Prozent der Bezirksbewohner über 16 Jahren zustimmen.

Zwar kann ein Bürgerentscheid auch als verbindlich gelten; eine solche Einstufung hat der Bezirk Neukölln jedoch abgelehnt und darauf verwiesen, dass bei einer Rekommunalisierung nicht der Bezirk, sondern Senat und Abgeordnetenhaus finanziell zuständig seien. Die Initiaitve klagte dagegen und verlor.

Ein erfolgreicher Bürgerentscheid hätte deshalb nur empfehlenden Charakter. Die Eltern und Lehrer in den vier weiteren Bezirken brauchen für die Einwohneranträge jeweils 1.000 Unterschriften, damit ihre Forderung als Empfehlung an die Bezirksverordnetenversammlung geht.

Die Politik fühlt sich offensichtlich jetzt schon unter Druck gesetzt. So hat das Bezirksamt Neukölln für das Jahr 2020 zusätzliche 390.000 Euro für das Projekt „Tagesreinigungskräfte an Schulen“ beschlossen. Den Aktivisten ist das nicht genug, da das Geld nur an 15 von 60 Neuköllner Schulen fließe. Knapp 2.000 Euro pro Monat mehr für eine Schule seien zudem nicht ausreichend, um die Probleme zu lösen.

Über schlechte Arbeitsbedingungen haben zuletzt auch Reinigungskräfte an der Alice-Salomon-Hochschule geklagt. Aktivist Dehne kündigte an, dass auch sie zu einer „Schule in Not“-Kundgebung am 1. Oktober vor dem Neuköllner Rathaus kommen wollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.