Ostereiersuche auf dem Spielplatz: Der Eierdieb
Jeden Ostersonntag holen wir beim Spielplatz nebenan unsere Eier-Ration für die nächsten 14 Tage. Dieses Jahr kam Herr Nöllemeier dazwischen.
O stern wurde der Prophet Jesus geboren … Ich meine natürlich, da wurde er wiedergeboren. Genauer gesagt, am Ostermontag. Am Karfreitag, drei Tage davor, hatten ihn die Italiener auf bestialische Weise an einen Holzpfosten genagelt.
Das große Verdienst von Ostern ist, das wurde mir am Wochenende nochmal klar, dass durch das damalige Ereignis eines der größten Rätsel der Menschheit gelöst wurde, nämlich die spannende Frage, ob das Ei vom Huhn oder das Huhn vom Ei abstammt.
Jetzt wissen wir: keins von beiden! Es war der Osterhase, der das Ei auf die Erde geschleppt hat! Aber warum er es dann sofort versteckt hat, das wissen wir nicht.
Egal, das Osterfest sollte auch diesmal gerade deshalb klasse werden. Schließlich geht man mit den Kindern zum Spielplatz und während sie stundenlang hinter jedem Baum nach bunten Eiern suchen, kann man in Ruhe Tee trinken, Eier mit Suçuk essen und mit Nedim Backgammon spielen. Das Schöne dabei ist: Noch zwei Wochen danach ernähren wir uns ausschließlich von den gefundenen bunten Eiern. 14 Tage lang gibt’s dann Eier-Salat, Eier-Nudeln, Eier-Brot, Eier-Toast und Eier-Eier.
Also gingen wir wie jedes Jahr am Ostersonntag auf den Spielplatz bei uns an der Ecke, um unser Essen abzuholen. Nur diesmal kamen uns auf dem Weg dahin unser Nachbar Nöllemeier mit seiner Frau und seinen Kindern entgegen.
„Herr Engin, das ist gut, dass Ihr in diesem Jahr so spät kommt. Endlich konnten meine Kinder die Eier einsammeln, die ich für sie versteckt hatte“, freute er sich.
„Schön für Sie. Der gute Osterhase hat für meine Kinder bestimmt auch viele schöne Eier versteckt – wie immer“, antwortete ich cool.
„Nein, Herr Engin, das war nicht der Osterhase! Ich war es. Das waren immer unsere Eier! Wir haben jedes Jahr die ganzen Eier für viel Geld gekauft, sie tagelang mit großer Mühe angemalt und ich habe sie frühmorgens hier auf dem Spielplatz versteckt. Aber noch bevor ich mit meinen Kindern wieder hierher kommen konnte, waren Sie jedes Mal mit Ihren Blagen schon da, stürzten sich auf unsere Eier und haben sie sofort mit viel Salz und Pfeffer runter gewürgt.“
„Aber Herr Nöllemeier, was erzählen Sie denn da? Jedes Kind weiß doch, dass diese bunten Eier vom Osterhasen gebracht werden. Deshalb heißt das ganze doch Ostern.“
„Nein, Herr Engin, ich bin das immer gewesen“, rief er aufgebracht.
„Herr Nöllemeier, auch wenn Sie so aussehen – Sie sind nicht der Osterhase“, konterte ich.
Ich weiß nicht, ob es ein böser Zufall war, aber wir fanden tatsächlich trotz intensivster Suche bis tief in die Nacht kein einziges Ei. Diese unverschämten Diebe haben unser Essen für die nächsten 14 Tage geklaut! Glauben Sie mir, so entstehen Glaubenskriege!
Aber jetzt weiß ich wenigstens, warum der Hase damals die Eier sofort versteckt hat, als Jesus auferstanden ist. Der gute Jesus war wohl leider genau wie unser Nachbar Nöllemeier ein Eierdieb.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus