Mein Berufsrisiko als Schriftsteller: Der witzige Polizist
Ständig erzählen mir die Leute, was ihnen Lustiges passiert ist. Heute im Café war es besonders schlimm. Und dann kam auch noch eine Polizeikontrolle.

J ede Arbeit hat irgendwie ihre eigenen, ganz speziellen Tücken, Risiken und Gefahren. Zum Beispiel werde ich andauernd von wildfremden Menschen immer im unpassendsten Moment gezwungen, mir ihre blödsinnigen Geschichten anzuhören und aufgefordert, sie dann auch noch für meine Arbeit zu verwenden.
„Osman, Osman, hör mal, es ist mir so was Witziges passiert – du wirst dich kaputt lachen! Ich schwöre dir, eine lustigere Geschichte hast du noch nieeeee geschrieben … Haaahiiihoooo …“
Und nach zwei todunglücklichen Stunden, in denen ich mir fünfzig weitere Haaaiiihoooohaaas anhören muss, kommt als Quintessenz der ach so lustigen Geschichte heraus, dass der witzige Erzähler beim letzten Bankbesuch gegen die Glastür geknallt war, weil er vorher zu viel gesoffen hatte.
„Toll! Auf so eine Idee wäre ich ja von alleine tatsächlich nie und nimmer gekommen, vielen Dank dafür“, muss ich auch noch total begeistert tun, um nicht als eingebildeter, besserwisserischer Möchtegern-Autor abgestempelt zu werden.
Versauter Tag
Heute im Café lernte ich eine ganz besonders lustige Spezies von Witzeerzähler kennen. Der Kerl hat mir tatsächlich stundenlang meine eigene Geschichte aus einem meiner alten Bücher vorgeplappert, damit ich sie aufschreibe. Diese Geschichte hatte ich bereits vor sieben Jahren geschrieben.
Zum Schluss sagte er aber etwas verschämt: „Ja gut, so gut ist meine Geschichte nun auch wieder nicht. Aber wenn du dir dazu einen interessanten Anfang ausdenkst, zwischendurch ein paar Witze erfindest und dazu noch eine lustige Schlusspointe verpasst, dann könnte daraus schon was werden.“
Ich bedanke mich bei ihm dafür, dass er mir meinen Tag komplett versaut hat, steige in meinen Ford Transit und düse völlig genervt nach Hause – und gerate prompt in eine Polizeikontrolle, als wäre ich nicht genervt genug!
„Pusten Sie mal in diesen Apparat“, ruft der Beamte streng, nach dem er gründlich meine Wagenpapiere kontrolliert hat.
„Herr Wachtmeister, das können Sie sich sparen, ich habe außer Tee nichts getrunken. Und Tee hat, so viel ich weiß, keinen Alkohol“, erwidere ich selbstsicher.
„Das sagen sie alle, jetzt pusten Sie schon“, ruft er streng.
Mit 3,8 Promille kann keiner stehen
Ich steige aus dem Auto und puste wohl oder übel ins Röhrchen.
„Sehen Sie, gar nichts“, freue ich mich.
„Das nennen Sie gar nichts?“, brüllt der Polizist eifrig, „genau 3,8 Promille haben Sie getankt! Ihren Führerschein können Sie erst mal für ein paar Jahre abgeben! Sie Verkehrsrowdy, Sie!“
Vor lauter Schreck schlottern meine Knie und ich plumpse schockiert auf den Boden.
„Das ist völlig normal, mein Herr. Mit 3,8 Promille im Blut können die Wenigsten noch aufrecht stehen“, ruft der Wachtmeister vergnügt und sein Kollege biegt sich vor Lachen.
„Wie soll ich denn ohne Führerschein weiter leben? Sie können mich hier gleich begraben“, stammele ich mit Tränen in den Augen.
„Herr Engin, jetzt stehen Sie schon wieder auf! Ich darf ja auch mal Witze machen, oder? Sie haben recht, Sie haben gar nichts getrunken und dürfen problemlos weiterfahren. Na, darüber können Sie jetzt auch eine lustige Geschichte schreiben, nicht wahr? Ich möchte aber ausdrücklich erwähnt werden, Herr Engin. Harry heiße ich. Harry Lang.“
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