piwik no script img

Ortskräfte in AfghanistanFaeser sagt Aufnahme zu

Tausende Menschen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben, warten auf ihre Ausreise aus Afghanistan. Innenministerin Faeser will keinen zurücklassen.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD): Hält sie ihr Versprechen, afghanische Ortskräfte zu retten? Foto: dpa

Berlin dpa | Ein Jahr nach der Rückkehr der militant-islamistischen Taliban an die Macht in Afghanistan verspricht die Bundesregierung, dass alle einst für deutsche Stellen arbeitenden Ortskräfte noch ausreisen können. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) versicherte in der Bild am Sonntag: „Wir lassen sie nicht zurück.“ Derzeit arbeite sie mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an einem neuen Aufnahmeprogramm mit „klaren Kriterien“. Insgesamt handelt es sich nach früheren Angaben des Bundes um mehrere Tausend Menschen.

Faeser bezifferte die Gesamtzahl der bislang aufgenommenen Afghanen, die früher als Ortskräfte für deutsche Behörden oder Organisationen gearbeitet haben, und ihrer Familienangehörigen auf 15.759. Der vorab verbreiteten Fassung des Interviews zufolge nannte sie keine genaue Zahl, wie viele weitere noch erwartet werden. Nach Zahlen aus der vergangenen Woche sicherte Deutschland seit dem Abzug der Nato-Truppen insgesamt 23.614 Ortskräften und Angehörigen die Aufnahme zu. Betroffen sind also noch mehr als 7.800 Menschen.

Die Ministerin versicherte zudem, dass es auf absehbare Zeit keine sogenannten Rückführungen nach Afghanistan geben werde. „Die Abschiebungen nach Afghanistan sind derzeit auf Eis gelegt – und das wird angesichts der aktuellen Situation dort sicher auch so bleiben müssen.“ Die Ortskräfte arbeiteten früher beispielsweise als zivile Helfer für die Bundeswehr oder als Dolmetscher. Die Rückkehr der Taliban im August 2021 sorgte für große Sorgen um ihr Leben.

Ex-Präsident Ghani warnt vor Geflüchtetenwelle

Unterdessen warnte Afghanistans Ex-Präsident Ashraf Ghani vor einer Flüchtlingswelle aus seiner Heimat. „Millionen werden versuchen, aus Afghanistan zu flüchten“, sagte der ehemalige Staatschef der Bild am Sonntag. Davon hätten die meisten Menschen Deutschland zum Ziel. „Ob sie es bis nach Deutschland schaffen, hängt auch von den Schleppern ab“, sagte Ghani, der heute in Abu Dhabi im Exil lebt. „Die sind Teil eines kriminellen Netzwerks. Also ist es eine Frage der Erschwinglichkeit.“

Der heute 73-Jährige war Präsident, als sich die Bundeswehr und die anderen ausländischen Truppen nach knapp zwei Jahrzehnten aus Afghanistan zurückzogen. Vor einem Jahr – am 15. August 2021 – eroberten die Taliban dann wieder die Hauptstadt Kabul.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Ein brennendes Flugzeug stürzt über der Bundesrepublik ab. Glücklicherweise gibt es zahlreiche Überlebende - die aber werden erst aus der Maschine geborgen werden, wenn ihr Aufenthaltsstatus in Deutschland gesetztlich und juristisch geklärt ist. So ein Scheißland.

  • Wobei die wohl zurückbleiben werden, die es nicht überlebt haben. Zudem sollten auch alle zurückkehren können, die abgeschoben worden sind. Schließlich ist auch für diese das Taliban-Land nicht die richtige Lösung.

  • Natürlich geht es hier bundesdeutscherseits um die schlicht nicht beherrschte Kunst der Kriegsführung - sonst wäre mensch(politiker/militär) in der Lage gewesen, mit dem angekündigten Abzug der Amis rechtzeitig und anders umzugehen. Aber dass es INNENPOLITISCHE Hürden von Anbeginn gab und noch immer gibt für die sofortige Einreise der Ortskräfte, dafür gibts ein ummissverständliches Wort in unsrer Sprache: VERRAT.

  • Gute Nachrichten sind selten. Das ist eine. Danke! Vor allem an Nancy Faeser.

    • @Jalella:

      andertghalb Jahre zu spät, diese "gute Nachricht".