Ökonom über Trumps Handelskrieg: „Auch für die USA schädlich“

Im Schlagabtausch der Strafzölle bahnt sich Entspannung an. Dennoch rechnet der Ökonom Sebastian Dullien nicht mit einem Ende des Konflikts.

Ein riesiges Containerschiff im Hafen von Qingdao

Ist Trump ein Dorn im Auge: Chinas Wirtschaftsmacht, hier sichtbar am Hafen von Qingdao Foto: dpa

taz: Herr Dullien, seit fast zwei Jahren tobt der Handelsstreit zwischen China und den USA. Am Mittwoch soll es zu einer vorläufigen Einigung kommen. Mit welchem Ergebnis rechnen Sie?

Sebastian Dullien: Ich rechne damit, dass die beiden Parteien tatsächlich zu einer Einigung kommen. Inhalt dürfte unter anderem eine Zusage Chinas sein, mehr amerikanische Agrarprodukte zu kaufen, sowie ein Versprechen der USA, die in den vergangenen Monaten verhängten Strafzölle zurückzunehmen.

Wird der Streit damit wirklich beendet sein?

Nicht auf Dauer. Hinter dem Handelsstreit steckt mehr als nur der vordergründige Konflikt um ein paar mehr US-Exporte oder ein etwas kleineres US-Handelsdefizit. Zumindest einem Teil des Trump-Teams geht es darum, den wirtschaftlichen Aufholprozess Chinas zu verzögern, damit China nicht zu schnell geopolitisch und militärisch die USA herausfordern kann. Dieses Ziel aber ist für China inakzeptabel, sodass der Handelskonflikt absehbar wieder aufbrechen dürfte – zumindest, wenn Donald Trump im Herbst die Präsidentschaftswahl erneut gewinnt.

Dass Chinas Wirtschaft auch dank unfairer Handelspraktiken so erfolgreich wurde, kritisieren nicht zuletzt auch viele Europäer. Hat Trump womöglich richtig gehandelt?

Inwieweit Trump richtig gehandelt hat, kommt darauf an, was man als Ziel seiner Politik betrachtet. Die Unsicherheit, die der Handelskonflikt zwischen den USA und China verursacht hat, hat zu einer spürbaren Abschwächung der Weltwirtschaft geführt. Das war auch für die USA schädlich. Ich glaube nicht, dass die Zugeständnisse, die Trump zuletzt von China erhalten hat, wirklich diese Kosten aufwiegen. Wenn es Donald Trump dagegen darum ging, die chinesische Wirtschaft auf Abstand zu halten, war er zumindest vorübergehend erfolgreich: Der Handelskonflikt scheint China mehr geschadet zu haben als den USA. China hat zum Teil unfaire Handelspraktiken eingesetzt, aber gegen diese hätte man mit weniger brachialen Mitteln, wie etwa dem selektiven Schutz einzelner Branchen, reagieren können.

Kann man denn schon eine ökonomische Bilanz ziehen?

Die chinesische Wirtschaft ist deutlich exportabhängiger als die US-Wirtschaft und ist deshalb stärker getroffen gewesen, wie man auch an der Wachstumsabkühlung dort sieht. In den USA wurden zwar einige Importe teurer, aber der gesamtwirtschaftliche Schaden davon war begrenzter.

Welche Auswirkungen könnte das für die Europäer haben?

Nicht zuletzt hat es Donald Trump auch auf deutsche Autos abgesehen. Dieser Streit scheint momentan nur wegen China in den Hintergrund gerückt zu sein. Nun könnte sich Trumps Augenmerk wieder stärker auf Deutschland richten.

ist VWL-Professor in Berlin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft.

Wie sollte Europa auf Trump reagieren?

Er sieht sich nach den Zugeständnissen Chinas, aber auch Mexikos in der Nachverhandlung des Freihandelsabkommens Nafta darin bestätigt, mit Drohungen und illegalen Strafzöllen Vorteile für die USA herauszuhandeln. Wenn man das einfach akzeptiert, besteht die Gefahr, dass Trump mit immer neuen Provokationen nachlegt. Ich würde deshalb Deutschland und der EU raten, auf WTO-widrige Maßnahmen von Seiten der USA mit wohldosierten Vergeltungsmaßnahmen zu reagieren. Und ansonsten auf dem Verhandlungsweg versuchen, den Konflikt zu deeskalieren, aber auf keinen Fall einfach unverhältnismäßigen Forderungen nachgeben.

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