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Ökonom über Grundeinkommen-Studie„Mit Widerstand muss man rechnen“

Wie realistisch das bedingungslose Grundeinkommen ist, hat das DIW Berlin berechnet. Grundsätzlich wäre es finanzierbar, sagt Ökonom Stefan Bach.

Teuer, aber machbar: 1200 Euro Grundeinkommen für alle Erwachsenen Foto: Stefan Boness
Hannes Koch
Interview von Hannes Koch

taz: Sie haben die Datenbasis für den Grundeinkommen-Rechner geliefert. Bisher lautete ein wesentliches Gegenargument: Das bedingungslose Grundeinkommen sei so teuer, dass die Gesellschaft es nicht bezahlen könne. Erweist sich das nun als falsch?

Stefan Bach: Teuer wäre es schon, aber grundsätzlich machbar. 1.200 Euro Grundeinkommen für alle Erwachsenen, für Kinder die Hälfte, würde nach Verrechnung mit bestehenden Sozialleistungen, knapp 1.000 Milliarden pro Jahr kosten, immerhin 25 Prozent des BIP. Das muss durch höhere Steuern finanziert werden, oder durch Einsparungen bei den Staatsausgaben.

Der Rechner zeigt, dass ein Grundeinkommen beispielsweise mit Einkommensteuern von 50 Prozent auf alle Verdienste plus weiteren Steuererhöhungen vor allem für Reiche zu finanzieren wäre. Halten sie so etwas für realistisch?

In dieser Variante haben etwa vier Fünftel der Bevölkerung mehr Geld im Vergleich zu heute, während das reichste Fünftel ziemlich stark belastet wird. Ob so etwas praktisch geht, ist eine Frage der politischen Akzeptanz, vor allem bei denen, die draufzahlen.

Die Elite der 20 Prozent mit den höchsten Einkommen und Vermögen wird sich zu wehren wissen.

Mit politischem Widerstand muss man rechnen. Breite bürgerliche Schichten haben wohl große Vorbehalte gegenüber viel Umverteilung durch den Staat. Aber eine so grundlegende Reform lässt sich ohnehin nur langfristig einführen. Bereits heute haben wir Elemente des Grundeinkommens, beispielsweise das Bürgergeld. Das Kindergeld wird schon immer an alle gezahlt. Und bald kommen möglicherweise die Kindergrundsicherung und das Klimageld hinzu.

Bild: DIW Berlin
Im Interview: Stefan Bach

Stefan Bach arbeitet beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin und ist Experte für Steuern. 2016 veröffentlichte er das Buch „Unsere Steuern“ im Westend-Verlag.

Ziehen nicht viele Unternehmen ins Ausland, wenn sie die Hälfte ihres Gewinns als Steuer abgeben müssen?

Wenn der Gewinn im Unternehmen bleibt, kann man ihn weiterhin niedriger besteuern. Ausschüttungen würden aber stärker belastet. Im Extremfall könnte das zur Auswanderung führen.

Und würden nicht viele Leute weniger arbeiten wollen als heute?

Viele Ökonomen befürchten das. Die Steuersätze auf eigene Einkommen steigen, zugleich erhöht das Grundeinkommen das Nettoeinkommen auch bei Normalverdienenden. Das macht weniger Arbeitszeit interessant. Oder die Schwarzarbeit, die muss man dann konsequent bekämpfen.

Haben Sie in dem Modell einkalkuliert, dass die Steuereinnahmen möglicherweise sinken, wenn weniger gearbeitet wird und dann weniger Mittel zur Finanzierung des Grundeinkommens zur Verfügung stehen?

Das haben wir nicht berücksichtigt, weil diese Wirkungen nur schwer einzuschätzen sind. Möglich ist, dass viele Leute dann mit weniger materiellem Wohlstand zufrieden sind, weil sie weniger arbeiten, mehr Zeit haben, vielleicht gesünder sind und eine höhere Lebensqualität genießen. Dadurch kann aber auch Arbeitsfreude und Produktivität steigen. Das soll in den Grundeinkommens-Experimenten genauer untersucht werden.

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14 Kommentare

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  • Es ist doch längst von anderen wiederholt gerechnet worden, dass es reichen würde. Zudem hängt alles vom Model ab, es gibt ja unterschiedliche Vorstellungen, wie man dieses Bürgergeld definiert. Doch schon meldet sich ein Friedrich Merz, der sich, wie kurz vorher Minister Lindner auf eine Arbeitspflicht beruft. Alles soll wieder wie unter Helmut Kohl sein. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen oder mit anderen Worten, die Elite der oberen 20 Prozent hat einen Anspruch auf ein unbegrenztes Heer an Arbeitssklaven, die nur so viel bekommen, damit es keine Aufstände im Land gibt. Der Trick ist, mit dem Lohnabstandsgebot Niedriglöhner gegen Transferleistungsbezieher auszuspielen. Dies geht aber nur, wenn das Lohnniveau allgemein zu niedrig ist. Tatsächlich verdient man in den meisten europäischen Nachbarländern besser. Deutschland hat zwar nominell das größte Bruttonationaleinkommen und sogar BNE pro Kopf, doch der Median der Löhne ist deutlich niedriger. Das drückt sich dann auch in Privatvermögen und Immobilienbesitz aus, wo Deutschland schlechter als andere abschneidet. Das Grundeinkommen macht nur Sinn, wenn man dem Einzelnen einen Wert zubilligt. Doch schon bei der Kindergrundsicherung wird den Alleinerziehenden Arbeitsverweigerung vorgeworfen. Es fehlt hier einfach an gesellschaftlichem Konsens.

  • „Wenn der Gewinn im Unternehmen bleibt, kann man ihn weiterhin niedriger besteuern. Ausschüttungen würden aber stärker belastet. Im Extremfall könnte das zur Auswanderung führen.“



    Das war der Augenblick, in dem die Sache für mich erledigt gewesen ist.

  • 0G
    04332 (Profil gelöscht)

    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass einem totales Dekubitus-am-Tokus-Faulenzen nach zwei Jahren komplett zum Halse heraus hängt. Topmotiviert und ausgeruht ging es wieder an die Arbeit. Ich finde, das sollte jeder so lange wie möglich vor dem Ruhestand herausfinden dürfen, denn "nie wieder arbeiten müssen" ist als Altersziel wenig tragfähig.

  • BGE Debatte nach Einführung rotgrüner Arbeitsmarktreform Agenda2010/Hartz4 Gesetzen 2003 mit Sichelschnitt aller gesetzlichen Rentenwartschaftschaften ab Jahrgang 1938 um 30 %, Beamtenpensionen ausgenommen, war Teil Versuchs die wachsende Wut auf Montagsdemos besonders in neuen Bundesländern einzuhegen nach Trauma systemischer Vereinigungskriminalität mit Treuhandanstalt 1990-1994 im Fokus befristeter Lizenz zum legalen Steuer-, Subventionsbetrug, gestiftet von CSU Bundesfinanzministers Theo Waigels, abgesegnet durch Bundestagsbeschluss, entfaltet mit Kampagne „Mein Grundeinkommen“ zwar datenbasiert ein munteres Eigenleben und greift trotzdem zu kurz. angesichts verstetigter Inflation infolge Ukrainekrieg seit 2022, Energiepreis-, Klimakrise von Menschenhand. 1., weil selbst 1200 € nicht einmal pfändungsfreien Grundbetrag/Person/Monat abbilden, der lt. Bundesgesetzblatt seit 1. Juli 2023 gesetzlich auf 1.402,28 € festgelegt ist. 2., weil BGE Debatte mental Thema ausspart, das verstorbener Dm Grossist Gründer Götz Werner noch bediente, das sich an Positionen zum Kindergrundsicherung exemplarisch verschleiert offenbart: Nämlich Fakt, Kindergrundsicherung gehört fiskalisch globalstrategisch in generelleren Kontext als bisher kommuniziert, angesichts globaler Konfrontation mit Klimakrise als ein Baustein für Umbau unserer Wirtschaft, weg von subventioniert klimabelastender Exportwirtschaft bei abgesenkter Binnenkaufkraft, Klumprisiko, Binnenkaufkraft zum Erwerb deutscher Güter, Dienstleistungen im Ausland durch Verbraucherkredite voran in Autobranche, Maschinenbau vorfinanziert anzukurbeln, abgesichert durch die Hermeskreditversicherungsanstalt seit 1922 zulasten Steuerzahlers im Schadensfall, hin zu subventioniert steigender Binnenkaufkraft klimaschonend basierter Kreislaufwirtschaft durch Kindergrundsicherungs-, Lohn-. Rentenerhöhung, die Wende von fossiler zu nachhaltiger Energie ins Gelingen zu bringen. Dazu gehört, nicht nur Beamtengehälter mit Inflationsausgleich

  • "Grundsätzlich wäre es finanzierbar..."



    Grundsätzlich ist so ein Wort mit dem ich nichts anfangen kann.



    Grundsätzlich hätte Stuttgart21 nur 2,8 Milliarden gekostet, jetzt sind es über 10 Milliarden, grundsätzlich hätte der BER nur 4 Jahre Bauzeit gehabt,...



    Wenn man ein Grundeinkommen einführen will, dann muss die Berechnung seriös und exakt erfolgen, und nicht nachher doch explodieren. Denn ein Rückwärts gäbe es danach nicht mehr.



    Wenn also der Ökonom Stefan Bach seine Rede mit "Grundsätzlich machbar" beginnt, läuten bei mir die Alarmglocken.

  • Was ist eigentlich so erstrebenswert am BGE? Mir tun Menschen fast leid die ein Auge auf solche Transferzahlungen werfen. Auf eigenen Füßen stehen, nicht abhängig sein vom Staat, sich selbst versorgen können und das auch jederzeit anstreben, ist zu jeder Zeit der wichtigste Wert in meinem Leben gewesen.

    • @Goodfella:

      Gut formuliert, war auch mein Ziel.

    • @Goodfella:

      Es geht dabei weniger um eine Transferzahlung als um eine gerechtere Steuerpolitik.



      Eine tatsächliche Transferzahlung wird es nur für die Menschen, die heute schon trensferleistungen erhalten. Nur eben mit weniger psychischem Druck dahinter.

  • "Das haben wir nicht berücksichtigt, weil diese Wirkungen nur schwer einzuschätzen sind. Möglich ist, dass viele Leute dann mit weniger materiellem Wohlstand zufrieden sind, weil sie weniger arbeiten, mehr Zeit haben, vielleicht gesünder sind und eine höhere Lebensqualität genießen."

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    Bei solchen Kommentaren läufts mir kalte den Rücken runter. Aber ist schon Recht so, je Ärmer desto glücklicher. Wer kennt dieses Phänomen nicht ! Wir hatten ja bis 1990 einen Staat in Wurfweite, wo die Menschen wegen dem niedrigen materiellen Wohlstand vor Glückseligkeit nur so strotzten.

    • @SeppW:

      Sie erkennen nicht den Unterschied zwischen freiwilligem sparsam leben und aufgezwungener Armut?



      Wenn die Leute mit weniger nicht zufrieden sind, hält sie nach dem Modell doch niemand vom arbeiten ab. Es wird nichtmal als erstrebenswert angesehen, dass die Leute mit weniger zufrieden sind, da eine solche Haltung tatsächlich das einzige sein könnte, was das System instabil macht.



      Aber man kann im Voraus beim besten Willen nicht wissen, ob sich diese Haltung zu weit verbreitet oder nicht.

      • @Herma Huhn:

        Entschuldigen Sie, wenn mir ein Hansel vom DIW durch die Blume sagt das man sich bei sinkenden Steuereinnahmen auf geringere BGE-Zahlungen einstellen kann und als Gegenmaßnahme das Ganze doch einfach mit weniger eigenen Ansprüchen und weniger materiellem Wohlstand kompensieren soll, dann gehört der Typ weder in das DIW noch als Privatdozent Fachrichtung Wirtschaft in eine Uni.

        Das hat auch mit einem freiwilligen sparsamen Leben nichts zu tun. Dieses "freiwillig sparsam Leben"-Phänomen ist ein Yuppie-Trend, ausgeübt von Menschen die, wenns doch nicht so toll läuft wie erhofft, direkt wieder ins alte Raster zurückkehren können. Wer Armut wirklich erlebt hat hat an "freiwillig sparsam Leben" kein Interesse. Im Gegenteil, der möchte da in den meisten Fällen schnellstmöglich raus und ein Leben führen, wo das Wort nicht in Gänsefüßchen gesetzt werden muss.

  • Wenn man mal die Daten des "Bundes der Steuerzahler" zu Grunde legt, dann die immensen Ausgaben für überflüssige/ unlogische/ schlecht organisierte Bürokratie, Beschaffungswesen etc. dazurechnet, dann dürfte da schon ein gutes Sümmchen zusammen kommen.

    • @Juhmandra:

      Dummerweise wird sich die Summe eher nicht reduzieren, wenn heutige Fachleute weniger im Geldbeutel haben. Selbst wenn jemand im ÖD damit leistungslos mehr haben sollte, warum soll dann die Qualität steigen, bzw. Bürokratie weniger werden?

    • @Juhmandra:

      Man könnte theoretisch den Personalbestand im ÖD bei konsequenter Digitalisierung ohne das es ein Bürger bemerken würde um 50% reduzieren. An das heisse Eisen traut sich aber keiner ran. Stichwort Wählerstimme.