Obama gendert die Fed: „Gott sei Dank ist es Yellen“
Erstmals in ihrer hundertjährigen Geschichte rückt eine Frau an die Spitze der Notenbank. Um Gleichberechtigung geht es dem US-Präsident dabei weniger.
BERLIN taz | Wird die Geldpolitik in den USA jetzt weiblicher – sogar die der gesamten Welt? Und: Gibt es das eigentlich, weibliche Geldpolitik? Diese Fragen stellten sich am Mittwoch, dem Tag an dem Präsident Barack Obama mit Janet Yellen die erste Frau in der hundertjährigen Geschichte der US-Notenbank Fed als Chefin nominierte, Ökonomen, Broker und Manager in der ganzen Welt.
Immerhin beeinflusst die Fed mit ihrer superlaxen Geldpolitik Kaufentscheidungen auf dem gesamten Globus. Derzeit flutet sie den Markt jeden Monat mit 85 Milliarden Dollar zu ultraniedrigen Zinsen, um Investitionen zu erleichtern. Als der amtierende Chef Ben Bernanke im Mai ankündigte, die Fed denke darüber nach, die Dollarschwemme abzuschwächen, hatte das Auswirkungen weit über die USA hinaus: Die Geldmärkte vieler Schwellenländer wackelten.
Obama setzt mit der Ernennung der 67-Jährigen sicher ein starkes frauenpolitisches Signal. Noch stärker sendet der Präsident mit Yellen aber ein Zeichen der Kontinuität in den durch den Etatkrach hochfragilen Zeiten. Die Arbeitsmarktexpertin ist seit drei Jahren Vizechefin der Notenbank – und gilt als eine Architektin der Fed-Politik.
„Gott sei Dank ist es Yellen“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch einen Fondsmanager. Die Aussicht auf eine andauernde Geldflut unter Yellen stützte gleichzeitig die Börsen weltweit, auch den DAX in Frankfurt.
USA stehen vor der Pleite
Die Berufung, geplant für Mittwochabend nach Redaktionsschluss, erfolgt in einer innenpolitisch heiklen Phase. Die US-Verwaltung steht still, weil sich Demokraten und Republikaner nicht auf einen Haushalt einigen können. Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht – und die Uhr tickt: Bis zum 17. Oktober muss eine höhere Schuldenobergrenze her, sonst sind die USA pleite.
Im September scheute die Fed bereits wegen der schleppenden Erholung am Arbeitsmarkt und wegen des drohenden Etatkrachs davor zurück, die Ankäufe von Staatsanleihen und Immobilienpapieren zu reduzieren. Nun wird der „Exit“ erst unter Yellens Führung beginnen, vielleicht erst 2015. Die Notenpresse zu bremsen, ohne die Börsen weltweit zu verunsichern und die US-Wirtschaft abzuwürgen, gilt schon jetzt als ihr Mammutprojekt.
Die Ökonomin hat sich in Yale und Berkeley intensiv mit Theorien der Geldpolitik befasst. Von 1994 bis 1997 gehörte sie erstmals der Fed-Spitze an, bevor sie oberste Wirtschaftsberaterin von US-Präsident Bill Clinton wurde. Später leitete Yellen die Fed von San Francisco.
„Nein, es ändert sich gar nichts“, sagt auch Heide Härtel-Herrmann, die 1986 eine der ersten Finanzberatungen für Frauen in Köln eröffnete. Ob Mann oder Frau – mehr als das Geschlecht hätten Überzeugungen Auswirkungen auf das finanzielle Gebaren von Menschen. „Solange man keinen frauenpolitischen Ansatz verfolgt, zum Beispiel durch eine stärkere Betonung des Sozialen“, sagt Härtel-Herrmann, „kann man auch keine feministische Finanzpolitik machen.“
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