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Obama-Rede zur US-AußenpolitikWeltpolizei war gestern

Die Rolle des US-Militärs soll einschränkt werden. Damit vollzieht Obama einen außenpolitischen Wandel. Der republikanische Senator McCain ist darüber entsetzt.

Obama spricht in der Militärakademie West Point. Bild: ap

WEST POINT/KABUL dpa | Die USA sind nach den Worten von Präsident Barack Obama nicht länger der Weltpolizist. Amerika werde künftig nur noch dann alleine militärisch eingreifen, wenn die Kerninteressen der USA bedroht sind. Das Militär ist nicht mehr die erste und wichtigste Komponente der globalen Führerschaft seines Landes, sagte Obama am Mittwoch vor Soldaten der Militärakademie in West Point. Er verteidigte seine Entscheidung, 2016 alle Soldaten aus Afghanistan nach Hause zu holen.

Die Republikaner reagierten prompt mit scharfer Kritik. Die Außenpolitik des Präsidenten sei nicht mehr vertrauenswürdig, sagte der einflussreiche Senator John McCain. „In der ganzen Welt glauben sie, das auf uns kein Verlass ist“, sagte er dem Sender MSNBC. Die internationale Gemeinschaft wolle aber ein starkes und standfestes Amerika. Die Bekanntgabe des Rückzugs aus Afghanistan sei „die falsche Botschaft“ an die Taliban-Rebellen.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai begrüßte dagegen Obamas Ankündigung eines Abzugs. Das Ende der US-Militärpräsenz und die Übernahme der Sicherheitsverantwortung durch afghanische Sicherheitskräfte waren der Wunsch des Präsidenten, der Regierung und der Bevölkerung, hieß es in einer Erklärung des Präsidentenpalastes. Einheimische Kräfte würden künftig Afghanistan selbstständig schützen.

In seiner Ansprache vor Absolventen der Offiziersakademie kündigte Obama auch eine neue Strategie im Kampf gegen den Terrorismus an. „Eine Strategie, die bedeutet, in jedes Land einzumarschieren, das Terrornetzwerke beherbergt, ist naiv und unhaltbar.“ Stattdessen sollte mit den betroffenen Ländern zusammengearbeitet werden.

Netzwerk im Anti-Terror-Kampf

Seine Absicht sei, den Einfluss der USA zu vergrößern, „ohne Truppen zu senden“, sagte Obama. Ziel sei ein Netzwerk aus Verbündeten im Anti-Terror-Kampf – von Südasien bis Afrika. Er kündigte an, betroffene Länder mit insgesamt fünf Milliarden Dollar (3,7 Milliarden Euro) für Training und Ausbildung unterstützen.

Entschieden lehnte Obama künftige unilaterale US-Militäroperationen der USA bei Krisen in der Welt ab. Wenn Probleme keine direkte Bedrohung für die USA seien, dann müsse die Schwelle für den Einsatz von Soldaten künftig höher liegen. „Unter solchen Umständen sollten wir es nicht alleine machen.“ Stattdessen sollten Alliierte und Partner für gemeinsame Aktionen mobilisiert werden.

Die Stellung der USA sei zu kaum einer anderen Zeit stärker gewesen als gegenwärtig, betonte Obama. Er widersprach damit Kritikern aus den Reihen der oppositionellen Republikaner, die beklagen, dass sich Amerika im Niedergang befinde und der Präsident den Führungsanspruch aufgegeben habe.

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21 Kommentare

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  • US-Kriege gehen nicht zu Ende,nur die Taktiken haben sich vervielfaeltigt.Einstellung von USA ist :“American Dream“,es muss Amerika gutgehen,egal wie,ob mit Krieg,ob (Betriebs)Spionage,ob Betrug,ob Stelle des Dollars i/d Finanzwelt,ob Kriegsdrohung,ob Sanktionen,ob Korruption,ob Spekulation auf Kosten der Anderen,ob Finanzbetrug (Wirtschaftskrise 2008),ob Machtmissbrauch (Kuba+Israel),obKontinenten wie Europa ihren Willen auferlegen ueber die Nato,ob Revolutionen schueren ueber NSA-Instrumente oder mit Soeldnern,ob Kriegsverbrechen in Konflikten,wenn der Kampf nicht gewonnen werden kann.Alles ist erlaubt um den Lebensstil der Amis aufrechtzuerhalten,man geht buchstaeblich ueber Leichen.Das ist in der ganzen USA-Gesellschaft eingekoerpert.Das ist der Grund fuer eine starke Armee,weil geht es nicht gutwillig,dann kommt die Gewalt.

  • Es soll also einen Führungsanspruch der USA geben? Bei dem Gedanken ist mir nicht ganz wohl. Da habe ich noch in Erinnerung, dass diese Art von Fürhung dazu genutzt wurde bzw. wird, Wirtschaftsspionage bei Verbündeten zu betreiben. Das Handy der Kanzlerin wurde abgehört und ich lasse mal den abgedroschenen Scherz weg, dass sie wohl eine Terroristin sein müsse.

     

    Wie würde sich dieser Fürhungsanspruch im Zusammenhang mit einem Freihandelsabkommen auswirken? An den Ergebnissen von NAFTA können wir das bestens ableiten. Es gibt Erfahrugnswerte.

     

    Was ist das für ein Führungsanspruch, wenn in anderen Ländern Diktatoren und Rechtsextremisten an die Macht gebracht werden? Haiti wäre da ein Beispiel.

     

    Wenn es keine ethisce Wende in der Politik der USA gibt, soltle diese Gefolgschaft verweigert werden.

  • Obama reagiert auf die veränderte Weltlage und die negativen Erfahrungen der Bush-Interventionen. Das Geld, das die USA im Irak versenkt haben, lässt sich nie mehr über Ölgeschäfte reinholen. Dazuhin sind die USA inzwischen selber großer Produzent, - Fracking. Weiterhin sind die Ergebnisse im Irak durchwachsen. Außer im Nordirak war der EInsatz nur mit erheblichen Einschränkungen erfolgreich. Dasselbe in Afghanistan. Dann die vielen Schulden der USA. Andere Staaten haben sich entwickelt und die EU ist etwas zusammen gewachsen (auch mit Einschränkungen). Vor Somalia kreuzen zB auch chines. und indische Kriegsschiffe.

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Gabriel Renoir:

      Im Irak wurde kein Geld versenkt. Diese Gelder sind nahezu vollständig irgendwie der US-amerikanischen (Rüstungs)-Industrie zugute gekommen. Wenn etwas bezahlt wird, ist es eine Hand die gibt und eine andere, die nimmt. Die Frage stellt sich eher, wer das Geld aufbringt. Das ist überall das Gleiche: der kleine Mann der sich nicht wehren kann. Schulden? Die Großen sind davon nicht betroffen...

      • @1714 (Profil gelöscht):

        Das Geld für den Irakkrieg hätte genauso gut in soziale Programme, in Forschung oer in Bildung in den USA investiert werden können. Bildungsinvestitionen sind die rentabelsten Investitionen überhaupt. Soziale Probleme gibt es genug in den USA. Dieses Geld würde genauso gut wieder im Wirtshcaftskreislauf der USA landen. Wahrscheinlich mehr als das Geld im Irak, das ja Kaufkraft im Irak generiert, u.a.. Außerdem ist das Ganze eine Wirtschaft auf Pump.

        • @Gabriel Renoir:

          Alles richtig. Nur zeigt die Tatsache, daß das amerikanische Steuergeld in Ausgaben für den Irakkrieg gelandet ist, und damit in den Händen der Rüstungsindustrie und z.B. Halliburton (Dick Cheney!), WER dort das Sagen hat über die Verteilung des Geldes. Aber das ist sicherlich schon bekannt. :-)

          • @Der_Peter:

            ok, dann ist doch gut, dass sich Obama von dieser Politik abgewandt hat.

            • @Gabriel Renoir:

              Nur das er da alleine nichts ändern wird.

               

              Die selbe Aussage - laut Artikel wortgleich - gab es schon von - ich meine - Nixon als Schluss aus dem Vietnamkrieg. Wenn du es genau wissen willst, schlag/gucke in "The untold history of the United States" nach.

               

              Bei mir ist es nur hängengeblieben wie spektakulär lächerlich die Aussage aufgrund der weiteren Geschichte war.

               

              Der m-i Komplex hat seine Leute schlicht überall - Brezinsky allen voran.

               

              Schon alleine das System begünstigt das, weil die Dumpfbacken immer einen VP haben, der den Präsidenten "ergänzt" d.h. vollkommen andere Vorstellungen von Politik haben.

               

              Man sagte das damals im übrigen in Bezug auf die "außenpolitische Kompetenz" von Biden, die Obamas ergänzen sollte.

              Worin diese Kompetenz besteht, hat man gemerkt. Die Welt ist so unsicher wie seit den 80igern nicht mehr - dank Ronald Regan damals.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    FLW, Sie haben den wichtigsten Punkt gut beschrieben. Wäre es denkbar, in dem TTIP noch einen kleinen Absatz einzufügen, daß die private Ausstattung mit Gewehren und anderen Kleinwaffen in Europa entsprechend dem amerikanischen Standart nachgeholt werden muss? Die Gelder aus den Schadensersatzklagen kämen dann der Rüstungsindustrie zugute. Das wäre schon einmal ein üppiges Überbrückungsgeld.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      und auch die Entwicklung des Marihuana-Marktes in der EU entsprechend USA. Da ist es ja in vielen Staaten zugelassen.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    3 kurze Zitate aus Ihrem Bericht:

    "Das Militär ist nicht mehr die erste und wichtigste Komponente der globalen Führerschaft seines Landes, sagte Obama"

    bedeutet: Mithilfe von NSA-Erkenntnissen und Wirtschaftssanktionen und Knebelverträgen kann man eine Menge auch unblutig machen

     

    "dann müsse die Schwelle für den Einsatz von Soldaten künftig höher liegen"

    bedeutet: Militär ist teuer und mordende und getötete Soldaten sind unbeliebt. Drohnen dagegen preiswert.

     

    "Stattdessen sollten Alliierte und Partner für gemeinsame Aktionen mobilisiert werden"

    bedeutet: Alliierte könnten (wie z.B. Deutschland) Relaisstationen zur Verfügung stellen, über die die Drohnen sicher gesteuert werden können

     

    Ist das so richtig oder habe ich wieder einmal alles falsch verstanden.

  • Die Aussage, daß die Schwelle für unilaterales militärisches Eingreifen in Zukunft höher liegen solle, bedeutet ja keinen Verzicht auf militärische Gewalt, es bedeutet, daß in Zukunft die Verbündeten mehr in die Pflicht genommen werden sollen, auf daß man gemeinsam vorgehe:

    “In such circumstances, we should not go it alone. Instead, we must mobilize allies and partners to take collective action. We must broaden our tools to include diplomacy and development; sanctions and isolation; appeals to international law and – if just, necessary, and effective – multilateral military action. "

    Obama kündigte auch an, die Unterstützung für die syrischen Rebellen hochzufahren, und dabei mehr Einfluß auf Syriens Nachbarländer zu nehmen, daß sie die USA dabei unterstützen. Da wird wohl nicht viel Gutes dabei herauskommen.

    • @Der_Peter:

      Die Schwelle für unilaterales militärisches Eingreifen liegt besonders niedrig in Russland, Beispiel die Krim-Intervention. Man stelle sich vor, die USA maschiert in Baja California ein, behauptet das gehöre zu Kalifornien und die Menschen wollen das ja (die würden das evtl sogar unterschreiben in einer Abstimmung, wie sie Russland auf der Krim organisiert hat).

      • @Gabriel Renoir:

        Nun mit etwas Spitzfindigkeit könnte man sagen, daß die Russen gar nicht auf der Krim einmarschieren mußten, weil sie ja dort schon waren. Und noch spitzfindigere Leute könnten sagen, daß Putin mit der Einverleibung der Krim lediglich kommunistisches Unrecht wiedergutgemacht hat, schließlich wurde die Krim vor 60 Jahren vom damaligen KPdSU-Generalsekretär Chruschtschow an die Ukraine verschenkt, ohne die dort lebenden Russen zu fragen.

        Nun, und die USA haben sich zwar nicht Baja California einverleibt, aber vor längerer Zeit schon sonstige mexikanische Territorien.

        • @Der_Peter:

          Die US-Einverleibung mexikanischer Territorien ist rein gar nichts im Vergleich zu den 10 mill. km2, die Russland von asiatischen Völkern in Sibirien annektiert hat. Sie sehen, diese historischen Sachen nehmen kein Ende. Daher lieber bleiben lassen..

    • @Der_Peter:

      Obama läßt, als er sich an die Absolventen der Militärakademie wendet, keinen Zweifel am weltweiten Führungsanspruch der USA, schränkt aber ein, daß dieser nicht in jedem Fall militärisch durchzusetzen sei, schon wegen der hohen Kosten:

      "Here’s my bottom line: America must always lead on the world stage. If we don’t, no one else will. The military that you have joined is and always will be the backbone of that leadership. But U.S. military action cannot be the only -- or even primary -- component of our leadership in every instance. Just because we have the best hammer does not mean that every problem is a nail. And because the costs associated with military action are so high, you should expect every civilian leader -- and especially your Commander-in-Chief -- to be clear about how that awesome power should be used."

      Die komplette Rede nachzulesen unter:

      http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2014/05/28/remarks-president-west-point-academy-commencement-ceremony

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die Interessenvertreter der Rüstungsindustrie werden solche Politik zu verhindern wissen, allen voran NRA und Republikaner. Zumindest wird man um Schadensbegrenzung bemüht sein und noch mehr Minen, Bomben, Granaten, Gewehre, Flugzeuge an andere Staaten zu verkaufen suchen. Es geht ja schließlich um die Freiheit -- der Rüstungskonzerne, um sonst gar nichts.

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Die amerikan. Wähler brauchen ja die Republikaner nicht zu wählen. Die Macht liegt beim Volk.

      • @Gabriel Renoir:

        ... und bei Konzernen, bei deren Thinktanks, bei deren Lobbyisten, bei deren Mediendistribuenten der "guten Sicht und der folgerichtigen Wahlentscheidung", ja die Macht liegt schon ganz klar beim Volk, da hat jeder einzelne Bürger ähnliche Artikulationsmöglichkeiten, sicher.

        • @OpaMejang:

          Artikulation? Es zählt einfach das Wählerkreuzchen. Die Leute können ja die TAZ Lesen.

        • @OpaMejang:

          Jeder Bürger hat eine Stimme. Außer Putin: Er lässt massenhaft Zusatzstimmen für sich einwerfen. Berlusconi arbeitete mit seiner Medienmacht. Mir waren dessen Sendungen immer zuwider. Es wird versucht, den Bürger zu beeinflussen, aber das gelingt nur bei beeinflussbaren Bürgern. Es ist also eine Frage der individuellen Entscheidungsfreiheit (siehe die aberkannte Doktorarbeit unserer ehemaligen Bildungsministerin) und des Informationsmonopols, das durch das Internet stark aufgebrochen wurde. Das TV wird irgendwann weitgehend durch das Internet abgelöst werden. Damit wäre das Vehikel von Berlusconi schon obsolet. Daher die Angst von Erdogan vorm Internet.