Novelle des Klimaschutzgesetzes: Drei Klagen in Karlsruhe

Umweltverbände, Ak­ti­vis­t:in­nen und Privatpersonen wollen gegen das Klimaschutzgesetz vorgehen. Die Regierung hatte es per Novelle aufgeweicht.

Portrait von Luisa Neubauer

Aktivistin Luisa Neubauer will mit der Verfassungsbeschwerde „Freiheit und Sicherheit“ für die junge Generation erreichen Foto: Annette Riedl/dpa

BERLIN taz | Nachdem die Bundesregierung das Klimaschutzgesetz entschärft hat, wollen Umweltorganisationen und Privatpersonen erneut vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Dazu gehören etwa Fridays for Future, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der BUND. Am Mittwoch kündigten sie drei Beschwerden gegen die Klimapolitik unter anderem der aktuellen Bundesregierung an. Deren Novelle des Klimaschutzgesetzes halte sie für „verfassungswidrig“, sagte Rechtsanwältin Roda Verheyen. Es fehlten „wirksame Maßnahmen“, um etwa den CO2-Ausstoß des Autoverkehrs zu verringern.

Sollten die Beschwerden Erfolg haben, müsste die aktuelle oder die nächste Regierung das Klimaschutzgesetz wieder verschärfen, vermutete Anwalt Remo Klinger, der zu den Beschwerdeführenden gehört.

Die Organisationen forderten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf, das novellierte Gesetz nicht zu unterzeichnen, damit es nicht in Kraft trete. Sonst werde man das Verfassungsgericht anrufen. Es gehe darum, „Sicherheit und Freiheit“ der Bür­ge­r:in­nen „zu verteidigen“, sagte Luisa Neubauer von Fridays for Future.

Nach einer ähnlichen Beschwerde hatte das Bundesverfassungsgericht 2021 unter anderem das Recht der jungen Generation auf rechtzeitige Maßnahmen zur Reduzierung klimaschädlicher Abgase betont. Daraufhin legte die damalige Koalition aus Union und SPD im Klimaschutzgesetz einen konkreten Zeitplan für Emissionsminderungen, Jahresziele für einzelne Sektoren wie Verkehr, Gebäude und Industrie sowie verpflichtende Maßnahmen bei einer Zielverfehlung fest. Diese Regeln hat die aktuelle Ampelregierung jedoch entkernt und beispielsweise die Jahressektorziele gestrichen. Unterschrieben hat der Bundespräsident diese Novelle aber noch nicht.

Früheres Urteil negiert

Eine der drei Beschwerden stammt von Greenpeace, Germanwatch, Anwältin Verheyen, Neubauer und einigen Privatpersonen. Sie richtet sich sowohl gegen das neue als auch gegen das alte Klimaschutzgesetz. Der Karlsruher Beschluss von 2021 werde faktisch nicht vollzogen, erklärte Verheyen. Als Beispiel nannte sie den Autoverkehr, dessen Abgasausstoß deutlich zu hoch liege. Weil die Bundesregierung jetzt wirksame Reduzierungsmaßnahmen vermeide, bestehe die Gefahr, dass der Verkehr in einigen Jahren drastisch eingeschränkt werden müsse, um das Ziel der Klimaneutralität noch zu erreichen. Das könne dann dem Recht der jungen Generation auf Mobilität zuwiderlaufen.

Für die zweite Beschwerde ist die DUH zusammen mit Anwalt Klinger verantwortlich. Dieser kritisierte die „Abschaffung des verbindlichen Emissionsminderungspfades“ im novellierten Gesetz. Maßnahmen zur Durchsetzung würden zudem systematisch „aufgeschoben“ und möglicherweise erst 2029 oder später eingeleitet. Das Ziel, 2045 klimaneutral zu sein, gerate damit wohl außer Reichweite, so Klinger. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch forderte Tempo 100 auf Autobahnen und sagte: „Wir suchen 100.000 Klimahelden, die sich unserer Klage anschließen.“

Die dritte Beschwerde reichen der Umweltverband BUND, der Solarenergie-Förderverein, Umweltjurist Felix Ekardt und weitere Private ein. Ihrer Ansicht nach sind die Klimaziele der Bundesregierung insgesamt zu schwach, bis 2045 klimaneutral zu sein sei zu spät. Eigentlich dürfe Deutschland schon jetzt kein CO2 mehr verursachen, wolle man das globale Limit des Temperaturanstiegs um 1,5 Grad einhalten.

Von den Beschwerden beim Verfassungsgericht abgesehen, betreibt die Umwelthilfe Prozesse beim Berliner Oberverwaltungsgericht, um die Bundesregierung zur Umsetzung emissionssenkender Maßnahmen zu zwingen.

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