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Northvolt SchwedenEuropas Batteriehoffnung in Insolvenz

Batteriehersteller Northvolt zieht in seiner Heimat Schweden die Reißleine. Der Fabrikbau in Schleswig-Holstein läuft weiter – zumindest vorerst.

Northvolt: Der schwedische Batteriehersteller hat in Schweden Insolvenz angemeldet Foto: Marie Mannes/reuters

Härnösand taz | Nun also doch: Nach einer unendlich langen Reihe schlechter Nachrichten und Rettungsversuche hat der schwedische Batteriehersteller Northvolt am Mittwoch in Schweden Insolvenz angemeldet. Die Gründe erklärt das Unternehmen mit einer Mischung aus geopolitischer Instabilität, steigendem Kapitalbedarf, unterbrochenen Lieferketten und einer veränderten Nachfrage. Hinzu seien „interne Herausforderungen beim Hochfahren der Produktion“ gekommen, die zum Teil unvorhersehbar gewesen seien.

In Deutschland blickt man erneut besonders besorgt nach Heide in Schleswig-Holstein, wo ein Northvolt-Werk zur Batterieproduktion im Entstehen begriffen ist. Northvolt Germany sei als eigenständiger Konzern nicht unmittelbar vom schwedischen Insolvenzantrag betroffen, daran erinnert Ministerpräsident Daniel Günther in einer Pressemitteilung zur Nachricht.

Der Betrieb in Heide werde fortgesetzt. „Das ist ein ganz wichtiges Signal“, so Günther, „wir brauchen in Deutschland eine eigene Batteriezellenproduktion.“ Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen spricht optimistisch von einem attraktiven Standort in Heide, für den „im Rahmen des Insolvenzverfahrens“ nun zeitnah eine Perspektive entwickelt werden könne.

In Schweden arbeiten rund 5000 Menschen bei dem havarierten Unternehmen, die meisten in Skelleftå im Norden, wo man sich von Northvolt eine goldene Zukunft versprochen hatte. Umso größer die Enttäuschung angesichts einer der größten Firmenpleiten, die das Land je gesehen hat.

Suche nach neuem Besitzer

Schwedens Energie- und Wirtschaftsministerin Ebba Busch sagte am Mittwoch, sie hoffe, der Betrieb könne während des Insolvenzverfahrens aufrechterhalten werden. Und nicht nur das: „Ich hoffe natürlich nun, dass das Unternehmen einen neuen, langfristigen Besitzer finden kann.“ Der Staat sei bereit, bei der jetzt anstehenden Arbeit Unterstützung zu leisten.

Noch im Januar hatten Northvolt-Aktionäre, darunter Volkswagen und BMW, gegen die Liquidierung des Batteriekonzerns und für die Fortsetzung des Sanierungsverfahrens nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts gestimmt. Doch dieser im November gestartete Rettungsversuch führte nicht zum erhofften Ergebnis.

Bereits im vergangenen Sommer hatte North­volt angefangen, Erweiterungspläne einzustampfen. 1.600 Arbeitsplätze wurden in Schweden gestrichen. Als „zu aggressiv“ bezeichnete der damalige Vorstandschef Peter Carlsson die ursprünglichen Pläne.

Seine Idee, in Europa möglichst umweltfreundlich Batterien für Elektroautos herzustellen, galt so lange als genial, bis sich die praktische Umsetzung als schwierig erwies. Eine schwächelnde E-Auto-Nachfrage und billige Konkurrenz vor allem aus China wurden Teil des Problems, aber auch Mängel in der Produktion.

Was am Ende vom alten Traum übrig bleibt und wie teuer er nicht nur Schleswig-Holstein, sondern auch VW und BMW zu stehen kommt, muss das Insolvenzverfahren zeigen.

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6 Kommentare

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  • Will die Politik eine eigene Batterieproduktion in der EU, muß sie auch die Weichen dafür stellen. Zu sagen, ja es ist essentiell eine eigene Produktion zu haben, aber es dem Markt zu überlassen ist zum Scheitern verurteilt.



    Wer A sagt, muß auch B tun. Die Batterieproduktion in China ist ohne Protektion nicht mehr einzuholen, simpler Fakt. Die Entscheidung ist nun, will Politik trotzdem eine eigene Produktion oder nicht. Falls ja dann müßte sie aber auch protektioniert werden. Sonst wird das nichts.



    Will man rein die aktuellen Marktverhältnisse als Maßstab ansetzen, dann verbietet sich dererlei Gerede von Unabhängigkeit, Resilienz etc. Dann sollte man so ehrlich sein und sagen, geht nicht, wir sind eben von China abhängig.



    Genauso könnte man auch einen politischen Beschluß fassen, das Elbwasser solle wieder stromaufwärts fließen, das ging auch nicht ohne konkrete technische Maßnahmen. Entweder man tut etwas oder eben nicht. Nur das Gerede könnte man dann auch sein lassen.

  • Kontrolle der Liquidität heißt das Zauberwort, Herr Wirtschaftsminister.



    Mal kurz 600 Millionen staatliche Förderungen verbrannt. Dafür hätte man viele Schulen renovieren können, Herr Wirtschaftsminister.

  • Wenn die wirklich produzierfähige Produkte in der Pipeline haben, wird sich schon ein asiatischer Investor finden. Zumindest für Heide. Ganz hoch im europäischen Norden dürfte der Neuanfang für den schwedischen Steuerzahler sehr teuer werden, wenn es denn überhaupt möglich ist.

  • "wie teuer er nicht nur Schleswig-Holstein, sondern auch VW und BMW zu stehen kommt"



    Weiß man doch, die haben ihre Beteiligungen so weit ich weiß abgeschrieben oder noch nicht?



    Na ja, ich denke, es wird einen neuen Besitzer geben, wie auch immer und dann geht's weiter.



    Wir brauchen ja die Fabrik, Zuschüsse gibt's auch, ist also attraktiv zu investieren.



    Bin da ganz optimistisch. Vielleicht wird es mit einem anderen Investor auch besser.

  • Northvolt > gescheitertes Startup! (Todgeburt)

    Für GROßE Pläne ganz viele $$$ eingesammelt und nichts Verwertbares produziert.

    Einfach nach zu lesen (auch schon bevor Dithmarschen umgegraben wurde)

    de.wikipedia.org/wiki/Northvolt

    • @jeggert:

      Die Verantwortlichen für die Vergeudung von 600 Mio. Steuergeldern müßten zur Verantwortung gezogen werden.



      Denn bei kompetenter Risikobeurteilung wäre klar gewesen, dass ein Unternehmen, das schon bei vorhandener Größe



      Probleme im Produktionsprozess hat, keine Sprunginvestition



      in dieser Dimension wie Heide hinbekommt.